Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 30 Abs. 1 AktG erfolgt die Bestellung des ersten Abschlussprüfers durch die Gründer der Tochter-SE. Die Bestellung hat in notarieller Form zu erfolgen, ist also im Rahmen der Gründungsurkunde zweckmäßig.
3.2.3 Entbehrlichkeit von Zustimmungsbeschlüssen
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Grundsätzlich fällt die Gründung einer Tochter-SE in die Kompetenz der Leitungsorgane der an der Gründung beteiligten Gesellschaften, sind also keine Zustimmungsbeschlüsse ihrer Gesellschafterversammlungen erforderlich. Anders als bei der Verschmelzung oder der Gründung einer Holding-SE sieht die SE-VO derartige Beschlüsse nicht vor. Für deutsche Gründer verlangt das über Art. 36 SE-VO anwendbare deutsche Recht grundsätzlich ebenfalls keine Zustimmungsbeschlüsse der Gesellschafterversammlungen.
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Etwas anderes kann sich selbstverständlich aus den jeweiligen Satzungen bzw. Gesellschaftsverträgen der Gründer ergeben. Soweit dort Zustimmungsvorbehalte vorgesehen sind, benötigen die Leitungsorgane im Innenverhältnis die Zustimmung der entsprechenden Organe. Das Fehlen dieser Zustimmung hat zwar grundsätzlich[374] keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Gründung der Tochter-SE im Außenverhältnis, kann aber Schadensersatzpflichten der Mitglieder des Leitungsorgans auslösen.
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Die Vorstände von Gründern in der Rechtsform der deutschen AG haben darüber hinaus die sog. „Holzmüller“/„Gelatine“-Rechtsprechung des BGH[375] zu beachten. Bringt die AG im Zuge der Gründung einer Tochter-SE den wesentlichen Teil (ca. 80 %) ihres Geschäfts in die Tochter-SE ein, muss die Hauptversammlung mit einer Dreiviertelmehrheit zustimmen.[376] Auch das Fehlen dieser Zustimmung hat grundsätzlich keine Konsequenzen für die Wirksamkeit der Gründung der Tochter-SE.
3.2.4 Einzahlung der Einlagen, Einbringung etwaiger Sacheinlagen
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Bis zur Anmeldung der Gründung muss der eingeforderte Betrag der Bareinlagen auf ein Konto der Tochter-SE eingezahlt werden, wobei dieser nach § 36a Abs. 1 AktG mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags und 100 % eines etwaigen Agios umfassen muss.
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Soweit es sich – auch nur teilweise – um eine Sachgründung handelt, muss jeder Gründer die Sacheinlage in die zu gründende Tochter-SE einbringen, die in der Satzung als von ihm zu erbringen festgesetzt worden ist. Die Gründer müssen also mit der Tochter-SE entsprechende Einbringungsverträge über die jeweilige Sacheinlage schließen. Der Einbringungsvertrag ist ein körperschaftsrechtliches Rechtsgeschäft eigener Art.[377] Der Einbringungsvertrag kann außerhalb der Satzung geschlossen und muss selbst grundsätzlich nicht beurkundet werden, es sei denn, die Beurkundung ist wegen des Gegenstands der Sacheinlage nach allgemeinen Vorschriften[378] erforderlich. Inhaltlich werden im Einbringungsvertrag regelmäßig noch einmal die Einbringungsverpflichtung und die Festsetzungen in der Satzung zu der Sacheinlage wiederholt und darüber hinaus hinsichtlich Einbringungsmodalitäten, Fälligkeit, wirtschaftlichem Stichtag und Gewährleistungshaftung konkretisiert.[379] Soll die Sacheinlage auch dinglich sofort eingebracht werden, kann der Einbringungsvertrag zudem bereits das dingliche Erfüllungsgeschäft enthalten.[380]
3.2.5 Gründungsbericht
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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 32 AktG haben die Gründer einen Gründungsbericht zu erstatten. Er unterliegt dem Schriftformerfordernis, sodass er von den Vertretungsorganen (in vertretungsberechtigter Zahl) der als Gründer auftretenden Gesellschaften zu unterzeichnen ist. Der Gründungsbericht kann gleichzeitig mit der Beurkundung des Gründungsprotokolls erstellt werden.
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Inhaltlich hat sich der Gründungsbericht mit dem Hergang der Gründung zu befassen. Er muss sich also auf die Gründer, die jeweils übernommenen Aktien, die gegebenenfalls festgesetzten Sacheinlagen, die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats bzw. Verwaltungsrats, den ersten Abschlussprüfer, die ersten Vorstandsmitglieder bzw. geschäftsführenden Direktoren sowie den Beurkundungsvorgang erstrecken.[381] Darüber hinaus muss der Gründungsbericht nach § 32 Abs. 3 AktG darlegen, ob von einem Gründer Aktien für Rechnung eines Organmitglieds übernommen und ob Organmitgliedern Sondervorteile gewährt wurden.
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Soweit eine Sachgründung vorliegt, sind außerdem die nach § 32 Abs. 2 AktG erforderlichen Angaben zur Angemessenheit zwischen dem Wert der Sacheinlagen und den dafür übernommenen SE-Aktien zu machen. Regelmäßig empfiehlt es sich, zu diesem Zweck ein Bewertungsgutachten eines Wirtschaftsprüfers beizufügen und die Angemessenheit der Gegenleistung unter Bezugnahme auf dieses Gutachten zu begründen.
3.2.6 Interne Gründungsprüfung
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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 33 Abs. 1 AktG haben die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats den Hergang der Gründung zu prüfen. Für eine monistisch strukturierte SE ist die Prüfung durch die Mitglieder des Verwaltungsrats vorzunehmen.[382] Der Umfang der Gründungsprüfung durch die Organmitglieder hat sich auf den Hergang und alle damit zusammenhängenden tatsächlichen und rechtlichen Vorgänge der Gründung zu erstrecken und zusätzlich auf die in § 34 Abs. 1 AktG besonders hervorgehobenen Aspekte.[383] Im Falle einer Sachgründung müssen zusätzlich die Festsetzungen der Sacheinlagen in der Satzung und die Angemessenheit des Wertes der Sacheinlagen geprüft werden.[384]
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Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 34 Abs. 2 AktG ist durch Vorstand und Aufsichtsrat bzw. durch den Verwaltungsrat ein schriftlicher Gründungsprüfungsbericht zu erstatten. Aus dem Schriftformerfordernis ergibt sich, dass der Gründungsprüfungsbericht persönlich von den Organmitgliedern[385] zu unterzeichnen ist. Der Bericht muss alle Umstände enthalten, die Gegenstand der Prüfung waren.[386]
3.2.7 Externe Gründungsprüfung
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Zusätzlich hat eine externe Gründungsprüfung durch einen oder mehrere gerichtlich bestellte Gründungsprüfer nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 33 Abs. 2 AktG stattzufinden, wenn eine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt ist, insbesondere eine Sachgründung vorliegt. Als Gründungsprüfer kommen nach § 33 Abs. 4 AktG Personen, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind, sowie Prüfungsgesellschaften, von deren gesetzlichen Vertretern mindestens einer in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist, in Betracht.[387] Der externe Gründungsprüfer kann mit dem bestellten ersten Abschlussprüfer