Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Dementsprechend ist für den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers zunächst klar, dass dieser auch niedrigere Quoren als die in § 50 SEAG vorgesehenen festlegen kann.[6] Umstritten ist hingegen, ob es dem Satzungsgeber ebenfalls gestattet ist, dass in § 50 SEAG vorgesehene Quorum auf die 10 % Schwelle des Art. 55 SE-VO anzuheben und damit den Minderheitenschutz der SE im Verhältnis zur deutschen AG zu reduzieren. Ausgangspunkt dieser Diskussion ist der Wortlaut von Art. 55 Abs. 1 HS 2 SE-VO bzw. Art. 56 S. 3 SE-VO. Hierbei geht es namentlich um die Frage, ob der Zusatz „unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Aktiengesellschaften gelten“ sich nur auf die zweite Alternative oder auch auf die Satzungs-Alternative bezieht. Da kein Grund dafür ersichtlich ist, dass der Verordnungsgeber von der in Art. 9 SE-VO vorgesehenen Normenhierarchie[7] abweichen wollte, ist es dem Satzungsgeber gestattet, das Mindestquorum über der von § 50 SEAG vorgesehenen Mindestschwelle von 5 % festzulegen. Obergrenze ist aber in jedem Fall der Schwellenwert in Art. 55 Abs. 1 HS 2 SE-VO bzw. Art. 56 S. 3 SE-VO.[8] Hätte der Verordnungsgeber von der Normenhierarchie des Art. 9 SE-VO abweichen wollen, hätte er eine Formulierung wie in Art. 52 a. E. SE-VO gewählt.[9]
4 › IX › 4. Verfahren und Fristen für Ergänzungsverlangen
4. Verfahren und Fristen für Ergänzungsverlangen
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Art. 56 S. 2 SE-VO sieht vor, dass das Verfahren und die Fristen für den Ergänzungsantrag sich nach dem einzelstaatlichen Recht des Sitzstaats der SE oder, sofern solche Vorschriften nicht vorhanden sind, nach der Satzung der SE richtet. Da das SEAG weder in Bezug auf das Verfahren noch in Bezug auf die Fristen für das Ergänzungsverlangen Vorschriften vorsieht, kann der Satzungsgeber entsprechende Regelungen in der Satzung aufnehmen.
4.1 Zeitliche Vorgaben für die Antragsstellung
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Der Satzungsgeber kann und sollte zweckmäßigerweise von seinem Recht Gebrauch machen, den Ergänzungsantrag an zeitliche Vorgaben zu knüpfen. Insoweit bietet es sich an, dass der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung erst dann gestellt werden kann, wenn die Tagesordnung überhaupt bekannt gemacht worden ist, denn anderenfalls wäre ein solcher – durchaus mit Aufwand für die Gesellschaft verbundener – Antrag auch schon vor Bekanntmachung der Tagesordnung statthaft.[10]
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Auch hinsichtlich des Zeitpunkts der spätestmöglichen Antragstellung bieten sich Satzungsregelungen an. Soweit solche nicht aufgenommen würden, würden über Art. 9 Abs. 1 c ii die für deutsche AG geltenden Regelungen eingreifen. Dementsprechend können Ergänzungsanträge so lange gestellt werden, wie es noch möglich ist, diese vor der Hauptversammlung ohne schuldhaftes Zögern bekannt zu machen (§ 124 Abs. 1 S. 1 AktG). Da auch diese Bekanntmachungen – gerade bei kurz vor der Hauptversammlung eingehendem Ergänzungsverlangen – mit erheblichem administrativen Aufwand verbunden sind, empfiehlt es sich, eine entsprechende Regelung in der Satzung aufzunehmen. Praktikabel erscheint insoweit die Antragsstellung bis zum Ablauf des zehnten Tages vor Beginn der Hauptversammlung.[11]
4.2 Form der Antragsstellung
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Soweit die Satzung keine Bestimmung über die Form der Antragsstellung enthält, greift über Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO das Schriftformgebot aus §§ 126, 126a Abs. 1 BGB, § 122 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AktG ein.[12] Insoweit sind sowohl Erleichterungen (bspw. Textform, § 126 BGB) als auch an Verschärfungen (z. B. öffentliche Beglaubigungen, § 129 BGB) denkbar.
4.3 Antragsinhalt
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Auch hinsichtlich des Antragsinhalts ist es dem Satzungsgeber gestattet, Anforderungen festzulegen. Insoweit ließe sich daran denken, die Zulässigkeit des Ergänzungsantrags davon abhängig zu machen, dass ein konkreter Beschlussvorschlag formuliert, der Nachweis der Aktionärseigenschaft formalisiert oder als Zulässigkeitsvoraussetzung ausdrücklich festgelegt wird, dass die Aktionärseigenschaft noch bis zum Beginn der Hauptversammlung vorliegen muss.
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Zudem empfiehlt es sich, den Adressaten des Ergänzungsverlangens in der Satzung aufzunehmen.
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Demgegenüber ist es nicht zulässig, in der Satzung als Antragsvoraussetzung eine Mindesthaltedauer festzuschreiben. Eine solche Satzungsregelung würde gegen Art. 56 S. 1 SE-VO verstoßen und wäre damit unbeachtlich (Art. 9 Abs. 1 a SE-VO).[13]
Anmerkungen
Lutter/Hommelhoff/Teichmann Art. 50 SE-VO Rn. 7; Schwarz Art. 50 SE-VO Rn. 4; Spindler/Stilz/Eberspächer Art. 50 SE-VO Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/Teichmann Art. 50 SE-VO Rn. 1.
KölnKomm AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 15; Lutter/Hommelhoff/Spindler Art. 54 SE-VO Rn. 13; MünchKomm AktG/Kubis Art. 54 SE-VO Rn. 8.
Vgl. hierzu 5. Kap. Rn. 240.
KölnKomm AktG/Kiem Art. 54 SE-VO Rn. 20; Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 54 SE-VO Rn. 14f.
Lutter/Hommelhoff/Spindler Art. 54 SE-VO Rn. 11.
MünchKomm AktG/Kubis Art. 55 SE-VO Rn. 2.