Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer

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Das Naturforscherschiff - Sophie  Worishoffer

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einmal die Aufmerksamkeit der Neger erregt hatte, tönte jetzt nahe und näher. Der Flußarm erweiterte sich, ganze Strecken von Schilf, bis zu halber Höhe überflutet, dehnten sich nach rechts und links und inmitten desselben lagerten an mehreren Stellen die Weibchen der Flußpferde mit ihren Jungen. Von Röhricht und Wasser verdeckt blinzelten sie mit den dummen Schweinsaugen schläfrig herüber, ohne indessen, da die Boote nicht in ihre unmittelbare Nähe kamen, sich aus der bequemen Stellung, die sie inne hatten, zu rühren. Keiner der beiden Schwimmer nahm von ihm die mindeste Notiz.

      Jetzt aber tauchte plötzlich der eine, worauf unter dem Wasser ein Rauschen und Toben entstand. Die Halme bogen sich, die Wellen gingen höher und höher, das Boot wurde durch einen heftigen Ruck vorwärts gezogen, der Schwarze erschien mit dem Wollkopf über der Oberfläche, um zu atmen und tauchte dann nochmals, – alles während kurzer zwei Minuten.

      In dem anderen Boote hielten sämtliche Neger die Wurfwaffen handgerecht; sie schienen zu wissen, daß jetzt der Augenblick der Jagd herangekommen war. Gespannten Blickes verfolgten sie das Toben und Schlagen unter den Wasser.

      Und dann erschien plötzlich unter der trübegewordenen Flut ein plumper Kopf, fast viereckig, mit kleinen Augen und drohenden Stoßzähnen. Einige ruckartige Bewegungen förderten den ganzen Koloß zu Tage und auf die ziemlich flache Uferwand. Prustend und schnaubend, das Wasser aus den beiden Spritzlöchern hoch empor schleudernd, so stand der Hippopotamus, der einzige seiner Art, im Schilf und brüllte wie ein wütender Stier, obgleich seine ganze Erscheinung weit mehr derjenigen des gemästeten Schweines glich. Reichlich vier Meter lang und über zwei Meter hoch, hatte er eine bräunliche, haarlose, purpurn durchschimmerte Haut, einen Hängebauch, der beinahe den Boden berührte und plumpe, schwarze, viereckige Füße, kurz er war alles in allem von so unbeschreiblicher Häßlichkeit, daß nicht einmal der Zorn, welcher ihn im Augenblick beherrschte, dieselbe vergeistigen und wenigstens furchtbar machen konnte. »Laßt uns nicht schießen!« rief Holm. »Ich möchte sehen, wie die Neger diese Jagd zu Ende führen.«

      Im selben Augenblick schwirrten auch schon die Harpunen durch die Luft, und wenigstes ihrer sechs zitterten an den langen Leinen, welche sie hielten, im Fleische des Ungeheuers. Jetzt mochte dieses die Gefahr begreifen; es wollte, dem ersten Antrieb gehorchend, flüchten und trat rückwärts, aber schon waren sämtliche Neger Hals über Kopf aus dem Boot an das Ufer gesprungen und zogen mit vereinten Kräften das Tier zu sich heran. Die mächtigen Kinnladen schlugen voll Wut gegen einander, der Körper, bluttriefend und von Wunden zerrissen, bog sich mit der größten Anstrengung nach hinten, die plumpen Füße glitten aus und die ganze schwere Masse stürzte vor Schmerz brüllend in dröhnendem Fall auf den Erdboden.

      Noch während ihm die Eisenwaffen der Neger den Garaus machten, schlug der Hippopotamus mit den Füßen um sich und zerbiß, was er erreichen konnte; jetzt aber war sein Schicksal besiegelt, schon nach wenigen Augenblicken hatte er aufgehört zu leben. Unter dem Jubelgeschrei der Schwarzen wurde er sofort in Stücke zerlegt, auch die Weißen verfolgten das anregende, ungewohnte Schauspiel mit dem lebhaftesten Interesse, und eben wollten sich die Knaben an Land begeben, als plötzlich der Schwimmer einen lauten Ruf ausstieß. Dicht vor dem Boote erschien ein behaarter Kopf, dem alsbald der ganze Körper folgte. Ein dumpfes, anhaltendes Gebrüll, die dunklere Farbe und die erstaunliche Größe zeigten das alte, zornige Männchen; die gelbgefärbten, spitzen Hauer ragten bedrohlich aus dem weitgeöffneten Maul hervor, und die ganze Haltung bewies, obwohl sich das Tier scheinbar ruhig verhielt, daß es dennoch zum äußersten entschlossen sei.

      Die Neger ließen bei diesem Anblick plötzlich ihre blutige Arbeit fallen und warfen sich mit den Gesichtern in den Sand. Einer unter ihnen ging mit vorgehaltenen Händen, ohne Waffen, zitternd an allen Gliedern, der Stelle zu, wo mitten im Schilf das kolossale Tier, der Behemot unserer christlichen Überlieferung, brüllend mit gesenktem Kopfe dastand. Nur der Matrose, welcher vorhin die Schwarzen angeredet, verstand was er sagte. »Du bist der Uralte dieser Gewässer, du bist der Mähnenträger, der furchtbare, den Abosam gesandt, du bist es, der schon die jungen Leute mit seinen Hufen zertreten hat, als unsere Großväter an deinen Weideplätzen wohnten, und der noch das dritte und zehnte Geschlecht nach uns zertreten wird, bis der Geist, welcher in den Wolken wohnt, die Erde nehmen und sie zerschmettern mag wie einen Ball. Wir verfolgen dich nicht, Furchtbarer, wir haben dich nicht gerufen, – geh zurück in dein Reich.«

      Die Worte wurden in singendem, beschwörendem Tone gesprochen, und nachdem sie der Neger beendet, fing er an zu tanzen. Es war aber ein sonderbarer, fast schauerlicher Tanz, dem der Ausdruck des Entsetzens in den schwarzen Zügen eigentümlich widersprach. Sich langsam von einer Seite zur anderen drehend, behielt er fortwährend den Feind im Auge, hob plötzlich, den Oberkörper zurückbiegend, beide Arme über den Kopf und schlug dann mit den Händen von oben nach unten durch die leere Luft. Der Hippopotamus blieb in seiner zuwartenden Stellung, von Zeit zu Zeit brüllte er eine kurze, herausfordernde Antwort oder spritzte hohe Wasserstrahlen durch die Nasenlöcher hervor, dann sah er sich wieder im Kreise um und peitschte ungeduldig die Wellen. Es schien, als sei er auf einen Angriff gerüstet.

      Der Matrose hatte unterdessen die Worte des Negers ins Deutsche übersetzt. »Was meiner Sie, Herr Doktor,« fragte er blinzelnd, »wollen wir dem Uraltes eins auf seinen borstigen Kopf brennen, daß er es vergißt, mit den großen Elefantenfüßen die schwarzen Kerle zu zertreten? Mir deucht, das wäre ein kapitaler Spaß.«

      »Sie sehen ihn für eine Art von bösem Geist an!« rief Franz. »Laßt uns die Bestie niederschießen, damit die armen, unwissenden Menschen ihren Irrtum erkennen«

      »Wo ist der Schwimmer geblieben?« fragte Holm. »Wahrhaftig, auch der hat sich beizeiten aus dem Staube gemacht.«

      »Feuer!« kommandierte Doktor Bolten. »Wenn die mißleiteten Heiden das Blut fließen sehen, so werden sie sich ja nicht länger vor ihrem Behemot fürchten.«

      Mehrere Schüsse krachten zugleich, ein Schreckensschrei der Neger begleitete den Schall, und über das ganze Boot hin spritzten schlammige Wellen. Das Flußpferd raste förmlich. Die schwarzen Borsten an der Nase und den Ohren standen kerzengerade empor, der ungeheure Kopf riß ganze Büschel von Schilf und Ranken aus den Uferwandungen, das Gebrüll glich dem fernen Rollen des Donners. Es blutete aus mehreren Wunden, ohne tödlich getroffen zu sein.

      Der Neger, welcher vorhin getanzt hatte, lag jetzt neben den übrigen im Sande, aber nicht ohne fortwährend seine Beschwörungsformeln zu murmeln und die Hände über den Kopf zu erheben. Das Wort »Abosam« (Teufel) wiederholte sich häufig, der Ton aller dieser Worte verriet die innerste Herzensangst.

      »Das Tier ist nur leicht verwundet!« rief Holm. »Wir müssen auf die Augen zielen. Feuer.«

      Eine zweite Ladung von Kugeln traf den Dickhäuter, zugleich aber trieben die Wellen, durch das Stampfen und Toben des wütenden Flußpferdes in Bewegung gebracht, den Kahn bis in die tiefere Mitte des Wassers. Der getroffene Koloß, halb und halb schon taumelnd im letzten Kampfe, brüllend vor Schmerz und Wut, näherte sich mit ungestümer Bewegung dem Boote und packte von oben und unten den Rand desselben. Die gewaltigen Hauer schlugen tief in das Holz hinein, die breite Brust hob wie einen Strohhalm das Fahrzeug empor und warf es samt allen seinen Insassen mit solcher Macht in das Wasser, daß dieses hoch aufspritzte und im zischenden Strudel das Boot weit hinausschleuderte. Kieloberst schaukelte es im Schilf, – von den Weißen war keine Spur mehr zu sehen.

      Das Flußpferd taumelte, machte Schritte nach rechts und links, schüttelte den Kopf wie in unerträglichem Leiden und fiel schwer zurück in das Schilf. Nur halb vom Wasser verborgen, lag es tot und regungslos da. Die Neger verbargen noch immer ihre Gesichter.

      Mitten im Wasser arbeitete und kämpfte es, ein Kopf kam zum Vorschein, – Franz sah aus den Fluten hervor. »Helft doch!« rief er mit lauter Stimme, »um des Himmels willen, so helft doch! Wollt ihr denn um eurer unsinnigen Furcht willen andere Menschen ertrinken lassen?«

      »Hierher,

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