Perry Rhodan Neo 85: Das Licht von Terrania. Oliver Plaschka

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Perry Rhodan Neo 85: Das Licht von Terrania - Oliver Plaschka Perry Rhodan Neo

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Gerade in diesen Tagen kurz vor dem für die Menschen wichtigen Weihnachtsfest hatten sie mit ernstem Personalmangel zu kämpfen, denn zu viele Kollegen hatten – rücksichtslos, wie sie fand – Urlaub genommen. Auch brachte sie wenig Verständnis dafür auf, dass die komplette ehemalige Führungsschicht der Klinik, darunter sogar ein Ara mit Namen Fulkar, schon zu Beginn der Besatzung vor ihrer Verantwortung geflohen war.

      Und schließlich erschreckte es sie, wie begrenzt die medizinischen Möglichkeiten der Menschen waren. Sie war überzeugt, dass das Protektorat sich für die Menschen langfristig als Segen erweisen würde, selbst wenn sie es im Moment noch nicht erkannten. Nichts beschleunigte den Fortschritt mehr als neue Impulse, auch und besonders solche von außen.

      Umso mehr schmerzte es sie, zu sehen, dass sie in diesem Fall zu spät gekommen war.

      »Ihre Leberwerte haben sich weiter verschlechtert«, stellte sie fest. Viele ihrer menschlichen Kollegen hielten sich mit solchen Nachrichten eher zurück; Leyle dagegen war wie die meisten Aras der Ansicht, dass Offenheit zwischen Arzt und Patient zu den wichtigsten Grundlagen jeder Behandlung gehörte. »Ich bitte Sie, sich meinen Vorschlag noch einmal zu überlegen.«

      »Sie geben nicht auf, Doktor.«

      »Und Sie sollten ebenfalls nicht aufgeben! Ich habe eine frische Leber bereit, keine Zelle älter als vier Tage, die nur darauf wartet, Ihnen eingepflanzt zu werden.« Das Nachzüchten von Organen gehörte zu einer der leichteren Übungen der Aramedizin. Dennoch war es gar nicht so einfach gewesen, ihre Vorgesetzten von der Notwendigkeit solcher Hilfen zu überzeugen: Zum einen bedachte man die Menschheit, die trotz bescheidener Fortschritte in den letzten Jahrzehnten noch immer auf die krude Transplantation von Spenderorganen angewiesen war, lieber andernorts und medienwirksam mit den Segnungen des Imperiums; zum anderen war Nergüi natürlich auch eher ein hoffnungsloser Fall.

      »Heute wollen Sie mir die Leber auswechseln, morgen ist es dann der Magen und nächste Woche mein Rücken oder meine Augen. Wo soll es enden? Irgendwann kann man einfach nicht mehr wegrennen. Auch das schnellste Pferd hat nur vier Beine, und ich bin nur ein alter Mann.«

      Damit, das wusste sie, hatte er leider nicht unrecht. Und lange bevor sie zum ersten Mal ein Schiff bestiegen hatte, das sie hinaus zur Öden Insel bringen sollte, hatte man ihr schon beigebracht, keine persönliche Bindung zu ihren Patienten zuzulassen. Dennoch ärgerte sie Nergüis Starrsinn.

      »Wenn Sie mit ›wegrennen‹ meinen, Ihr Leben zu verlängern ...«

      »Wie lange, Doktor? Noch einen Tag? Zwei?«

      »Wenn Sie weiter so stur bleiben, nicht einmal das.«

      Nergüi nickte, drehte sich auf den Rücken und befeuchtete die trockenen Lippen. »Ich habe Durst.«

      Leyle legte ihr Tablet beiseite und gab dem alten Mann etwas zu trinken. Er schluckte angestrengt, dann ließ er sich zurücksinken. Sie dachte schon, er wäre eingeschlafen, als er auf einmal zusammenzuckte. »Wo ist mein Stock?«

      Unwillkürlich musste Leyle lächeln. Sie kannte die irrationale Gebundenheit des alten Mannes an seinen Stock, den er schon bei der Einlieferung fest umklammert gehabt hatte. Er war sein einziger Besitz.

      Sie stand auf, nahm den Stock aus seiner Ecke und legte ihn neben Nergüi aufs Bett. Sofort schlossen sich die knotigen Finger um das helle Holz. Dann begann Nergüi leise zu schnarchen.

      In diesem Moment streckte Dr. Chen den Kopf ins Zimmer. Sie war eine der dienstältesten Ärztinnen im Terrania Central. »Da sind Sie ja. Bitte kommen Sie – wir brauchen Ihre Hilfe in der Notaufnahme.«

      Alarmiert hob Leyle den Kopf. »Was gibt es denn?«

      »Unruhen im Transitgefängnis«, erklärte die Chinesin knapp. »Eine Menge Verwundete.«

      Mit einem letzten besorgten Blick auf den schlafenden Nergüi eilte Leyle nach draußen und folgte ihrer Kollegin durch die verwaisten, weihnachtlich geschmückten Flure in die Notaufnahme.

      Insgesamt sechs Arkoniden und vier Menschen wurden dort gerade notdürftig von Pflegern versorgt. Viele wiesen schwere Stich- und Brandverletzungen auf – und fast alle, stellte Leyle rasch fest, gehörten zum Wachpersonal des Gefängnisses.

      Alle bis auf einen jungen Mann in Gefangenenkleidung. Sie war nicht gut darin, das Alter von Menschen zu schätzen, doch er konnte kaum älter als achtzehn sein. Er blutete aus einer Platzwunde am Hinterkopf und aus der Nase und hatte sich dem sauren Geruch seiner Kleidung nach schon mehrmals übergeben.

      »Was genau ist passiert?«, fragte sie, während sie ihm vorsichtig die roten Locken um die Wunde rasierte. Menschenhaar war fast noch unpraktischer als arkonidisches.

      »Die Gefangenen haben sich Zutritt zur Küche verschafft. Es gab viele Verletzte ...«

      »Das sehe ich. Sie gehörten zu den Aufrührern?«

      Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich arbeite nur dort. Mich hat es als Ersten erwischt. Es ging alles so schnell. Ich wollte noch schreien, aber da war es zu spät. Die Wachen ...«

      »Bitte halten Sie still!«, unterbrach sie und machte sich daran, die freigelegte Wunde zu desinfizieren. »Das muss geklebt werden. Sie sagten?«

      »Die Wachen haben hart zurückgeschlagen. Sie machen sich keine Vorstellung ...«

      »Wenn es noch mehr Verwundete gibt, wieso sind sie nicht hier?«

      »Man hat ihre Verlegung nicht gestattet.«

      »Das Transitgefängnis verfügt meines Wissens nur über ein notdürftiges Lazarett.«

      Der junge Koch wollte ein Nicken andeuten, zuckte aber vor Schmerz zusammen, als sie an die offene Wunde kam. »Bitte helfen Sie uns! Sie müssen veranlassen, dass man den Verletzten medizinische Versorgung zukommen lässt.«

      Das war leichter gesagt als getan. Zwar hatte alles, was sie bislang von Larsaf III gesehen hatte, Leyle in ihrem Glauben an die Nützlichkeit des arkonidischen Protektorats bestätigt. Was sie dagegen weniger schätzte, waren die unklaren Zuständigkeiten, die sich durch seine vielleicht überhastete Gründung ergeben hatten. Als zivile Einrichtung unterstand das Transitgefängnis theoretisch dem Fürsorger. Möglicherweise hatte aber auch die Terra Police ein Wörtchen mitzureden – oder die speziellen Schnellgerichte. Die Trennung zwischen den Gewalten war nicht ganz so sauber, wie sie vielleicht sein könnte.

      Die Unterscheidung zwischen Verletzten, die in den Genuss einer richtigen Klinik kamen, und solchen, die mit der dürftigen Versorgung eines Lagerlazaretts vorlieb nehmen mussten, war jedoch ein Akt der Willkür, der sie an ihrer beruflichen Ehre packte. Sie hatte sich noch nie verbieten lassen, jemandem zu helfen, wenn er ihre Hilfe brauchte.

      »Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach sie dem Jungen, während sie seine Kopfwunde klebte. »Richard!«, trug sie einem der Pfleger auf. »Rufen Sie drüben beim Gefängnis an. Bestellen Sie ihnen, dass wir genug Kapazitäten haben, medizinische Versorgung für alle bereitzustellen. Sie sollen uns die restlichen Verwundeten schicken – und wenn jemand Fragen stellt, sagen Sie, dass ich das autorisiere!«

      Richard bestätigte und eilte davon. Der Junge atmete erleichtert auf.

      »Doktor!«, unterbrach Dr. Chen, die die Szene genau verfolgt hatte. Leyle fragte sich, wieso ihre Kollegen nicht längst mit dem Gefängnis in Kontakt getreten waren. Wahrscheinlich scheuten sich die Menschen, sich in die

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