Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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des Beifalls schwebt. Als wir in die Schule gingen, wollte ich einen kleinen Knaben heimlich adoptieren und zu einem Prinzen erziehn. Ich wollte sogar unsre Gouvernante heiraten, weil mir ihr boshaftes Alleinsein leid tat. Ich dachte mir, ich würde irgendeinmal noch wie eine Fee Menschen zu beglücken vermögen. Als ich sieben Jahre alt war, hatte ich dafür eine Zauberformel gefunden und ich sang sie stundenlang der kleinen Gärtnerstochter laut ins Ohr und kniff und prügelte sie, weil sie weinte statt schöner zu werden. Aber später scheitert das alles einfach an den Menschen. Man sieht sie wirklich und genau wie sie sind. Man kann sie nicht lieben.

      Thomas: Nein. Aber man muß sie lieben; zuweilen; wenn man nicht zu einem gespenstischen Wesen verdünnen will! Das ist es.

      Regine: So wie man schlafen muß und essen; aber ich kann nicht mehr!! Pause. Sie sucht nach einem Anfang. Thomas! Lach mich nicht aus: Ich möchte ein Opfer bringen. Niemandem, nur dir. Nicht für eine fremde Regel will ich ja gut sein; aber für dich, der du bist wie ich, nur stärker: Ich werde zu Josef zurückgehn.

      Thomas: Aber unsinniger Einfall, Regine; ich erlaube dir nicht einmal an so etwas zu denken.

      Regine: Aber ich will … lach mich nicht aus … ich will einmal im Leben einer Idee dienen!

      Thomas: Aber ich habe keine Sorge wegen Josef. Anselm wird er nun nichts tun und mir … mir? … also mir liegt nichts mehr daran, wenn er mir schadet.

      Regine: Mir liegt auch nichts mehr an mir. Weis es nicht ab; es fällt mir ja ohnedies so schwer … Nein, jetzt kann ich kaum mehr, wenn ich Zeit habe, es mir vorzustellen.

      Thomas: Sei nicht so mutlos! Ich bitte dich, sei nicht mutlos. Er wirft sich wütend und ohnmächtig auf die Bank, auf der Regine gesessen hat.

      Regine: Du bist gewiß gut … aber wer weiß, was du mir jetzt getan hast …?

      Thomas: Was heißt das?

      Regine: Horch, es kommt jemand. Ich kann dir das nur allein sagen.

      Ab.

      Thomas sitzt, den Kopf in die Hände gestützt. Josef und Stader treten ein, geblendet aus dem Dunkel; Stader trägt ein Licht.

      Josef: Es ist peinlich; wir schleichen in einem fremden Haus nachts herum.

      Stader: Die Wahrheit festzustellen, erhebt über niedrige Begleitumstände.

      Josef: Aber schweigen Sie doch! Philosophieren Sie nicht immer! … Wenigstens nicht so laut … Er putzt seine Brillengläser und sieht blind umher. Stader hat eine Tür geöffnet und ist halb darin verschwunden, wodurch sich erklärt, daß auch er Thomas nicht bemerkt. Wissen Sie genau, wo sich die Mappe befindet?

      Stader: Hier muß es weitergehn; ganz am Ende liegt das Arbeitszimmer. Ich weiß und bemerke alles.

      Josef in flüsternder Wut: Schreien Sie nicht so! Sie werden noch jemand wecken! Die Situation ist beschämend inkorrekt. Dafür haben Sie natürlich nicht Verständnis … Seufzt. Für sich gesprochen. Aber ich finde keine Minute Ruhe, solange ich diese Papiere in einer fremden Hand weiß.

      Er hat die Brille aufgesetzt; Stader ist umgekehrt, um den konfus gewordenen Menschen mitzunehmen. Beide bemerken jetzt Thomas, der aufsteht. Stader bläst zwecklos rasch seine Kerze aus.

      Thomas: Ich will euch den Schlüssel geben. In der Mittellade des Schreibtischs liegt die Mappe.

      Er reicht Josef den Schreibtischschlüssel, der gibt ihn mechanisch an Stader weiter, Stader verschwindet damit, froh sich der Situation zu entziehn, dennoch einen zärtlich forschenden Blick auf Thomas werfend. Josef, unsicher, betreten, folgt ihm, kehrt sich aber in der Türe zu einer Erklärung um.

      Josef entschuldigend: Das muß vernichtet werden … Ich hätte es wahrhaftig gestohlen. Wenn es nicht Mord wäre, würde ich sogar diesen Kerl – er deutet hinter Stader drein –, der von allem weiß, ermorden!

      Thomas zieht ihn, der diese Vertraulichkeit mit steifer Nachgiebigkeit auszugleichen sucht, ins Zimmer zurück.

      Josef: Ich habe begonnen, mich gedanklich mit den Tatsachen noch einmal auseinanderzusetzen. Ich bin neuerlich zu dem Resultat gekommen: Es kann sich nur um eine krankhafte Verwirrung handeln! Das war keine Liebesgeschichte!

      Thomas: Nein, das war keine Liebesgeschichte. Er läßt ihn plötzlich mit sonderbarem Lachen los. Such, such! Verhafte ihn! Hetz deinen Polizeihund auf ihn!

      Josef: Du … er macht eine bezeichnende Gebärde … bist übermüdet.

      Thomas wirft sich in einen Stuhl: Sehr müd.

      Josef vor ihm stehend: Zuviel Gefühl, mein lieber Thomas; hier können nur Grundsätze helfen!

      Thomas: Zuviel Gefühl: ja, ja, jaja. Maria sagt, ich hätte nie Gefühl gehabt.

      Josef: Nun ja, Frauen; sie wird heute auch anders denken. Jedenfalls habe ich mein letztes Wort wegen dieses Infektionskranken, den du in deinem Hause duldest, gestern schon gesagt! … Jedenfalls werde ich ihn wirklich verhaften lassen, sobald richtig Tag ist und Amtszeit und man telephonieren kann … Sich mildernd. Das alles kommt von den übertriebenen Gefühlen. Man hat nicht soviel Gefühl zu haben; oder höchstens für das Große und Erhabene, wo es nicht so schaden kann … Es war dir eine schwere Enttäuschung? … Nun ja, ich meine, du bist doch ein Mann der klaren Verstandestüchtigkeit; du hast dich nur so umwerfen lassen, weil die überschwenglichen Gefühlsbezeugungen dieses Narren anfangs jeden anstecken.

      Thomas müd, nachgiebig, aber geheuchelt: Kannst du nicht etwas bei mir sitzen bleiben?

      Josef schickt sich an, Stader zu folgen: Nein, das nicht; das so lange nicht, als du nicht zu dir zurückgefunden hast.

      Thomas: Nur noch ein bißchen Geduld; dein Sieg ist ja unaufhaltsam.

      Josef wieder sich mildernd: Ich könnte es auch nicht ertragen; ich muß die Dokumente dieser Verirrungen noch einmal studieren. Ich brauche eine feste, verläßliche Grundlage, um existieren zu können. Ab.

      Thomas setzt sich an einen in der Mitte des Raumes stehenden schweren Tisch und stützt wieder den Kopf in die Hände. Maria tritt ein, setzt sich ihm gegenüber, sieht ihn an; er sieht auf, sie wirft den Kopf in die Arme und weint. Thomas steht auf, setzt sich ihr stumm gegenüber und streichelt sie.

      Maria aufschauend: Ich komme mir wie eine Abenteurerin vor.

      Thomas: Du mußt es tun. Wenn man etwas mit ganzer Seele für eine Sache tut, wird sie es nachträglich wert.

      Maria: Ich will es und mir ist bang davor.

      Thomas: Man ist immer überwartet und abgespannt, wenn man bis zur Verwirklichung gelangt.

      Maria: Mir ist, als läge alles, was ich tun will, schon lange hinter mir. Wozu tue ich es denn?! Wozu?! Aber ein Uhrwerk läuft immer weiter in mir.

      Thomas: Du mußt es tun. Schließlich ist, was daraus wird, das einzige, woran du erkennen kannst, was es war.

      Maria: Das gleiche hast du von Anselm gesagt; du stößt mich hinaus.

      Thomas:

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