Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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bevor du ihn nicht entläßt! Zu Anselm. Sie werden Ihre Schliche einbekennen und öffentlich vor Regine versprechen, sich ihr nie wieder zu nähern, oder ich lasse Sie hier im Hause verhaften!

      Anselm wendet sich mit dem Blick fragend an Thomas als den Hausherrn, der aber nur mit einer ironischen Gebärde gegen Josef antwortet. Anselm setzt sich und sieht ruhig vor sich hin. Kurze Pause.

      Maria zu Thomas: Aber warum hast du mir das nicht früher gesagt?

      Thomas antwortet nicht. Kurze Pause.

      Anselm sieht Fräulein Mertens an, die in der entferntesten Ecke sitzt, die Hände vors Gesicht geschlagen, dann die übrigen: Wir sind ja beinahe unter und wie in den schönsten Tagen der Kindheit; nur fürchte ich, daß wir Fräulein Mertens verletzen könnten.

      Fräulein Mertens: Oh, ich gehe; es ist die quälendste Enttäuschung meines Lebens. Sie steht unschlüssig auf, da aber niemand Miene macht, ihr zu öffnen, bleibt sie unschlüssig stehen.

      Regine die nicht weit von ihr saß, geht hin und drückt sie sanft auf den Sitz nieder: Bleiben Sie bei mir; Sie müssen noch vieles hören.

      Kurze Pause.

      Maria: Dann haben Sie ja auch nur deshalb mit den Aufzeichnungen und mit – sie verrät das Wort »Regine«, aber spricht es nicht aus – haben Sie fortwollen, weil Sie fürchten mußten …? Oh Gott, wie kann man so lügen?!

      Regine lacht.

      Maria irritiert: Sie soll nicht lachen! Es ist entsetzlich, wie sie lacht!

      Regine: Ich lache ja nicht. Als Kind glaubte ich fest, eines Tags werde ich eine wundervolle Stimme haben. Gebt acht. Seid still. Hört ihr sie? Lacht. Ich höre sie ja auch nicht. Mit der Stimme singt Anselm. Aber man kann doch innen schön singen und außen stumm!

      Josef: Das ist der unheilvolle, der herostratische Einfluß dieses Menschen!

      Regine: – Mit der war Johannes richtig gesungen! Es war einfach das Gefühl: etwas kommt noch, das der Mühe des Lebens wert ist. Bitter zu Anselm. Und dann kommt der Tag, wo man eingesteht: es geschieht nichts mehr.

      Josef: Sie ist einem Menschenfänger zum Opfer gefallen; Regine, wenn du dich besinnen willst, wenn es mich auch Überwindung kostet: Ich bot dir noch einmal meinen Schutz an! Weißt du denn, wie sehr er dich betrogen hat? Sein Leben war eine Kette von Betrug und Schmutz –

      Regine: Das weiß ich.

      Josef: In der du nur ein Glied bist. Eine Frau hat er verheimlicht zu Hause sitzen: das hat er dir wohl nie gesagt!

      Maria schreit halblaut auf.

      Regine: Das weiß ich.

      Josef in plötzlich herabsinkender Erkenntnis: Aber dann –? Aber dann –? Dann ist …!? Nein, muß nicht … Aber dann ist vielleicht alles gar nicht so … alles so unglaubwürdig Aussehende … Verbrecherische … nur seine Erfindung, was er dich schreiben hieß?

      Regine: Was geht dich Anselm an?! Mit mir ist er fertig; er will Maria!

      Josef schreit verzweifelt: Aber wahr ist es!! Ich kann ihm gar nichts mehr tun … Er soll gehn oder ich bringe ihn um! … Gib ihm den Schlüssel, Maria, schnell! Er soll aus dem Zimmer! Er vergräbt sich in einen Stuhl.

      Maria will Anselm den Schlüssel reichen, der nimmt ihn nicht.

      Regine: Er kann sich ja scheiden lassen. Aber was wißt ihr, wie eine Liebesgeschichte bei Anselm aussieht! Er braucht diesen Strick, der ihn hält; so wie er wollte, daß ich mit ihm und Maria gehe, damit er sich nicht in ihr verirrt. Sie begleitet das mit einer spöttischen Gebärde über Marias Majestät.

      Josef vernichtet: Dann kann ich ihm gar nichts tun. Dann hat er meine Schande ja nur aufgedeckt.

      Regine: Er kann ja keinen Menschen sehn, ohne so sein zu wollen wie er! Er hält es ja nicht aus, ohne daß man ihm sagt: Du bist gut! Sie alle sind ihm entsetzlich! Aber er ist eitel und schwach! Zu Maria. Weiß du, wie er wirklich über dich denkt?

      Josef trotz seiner Verstörtheit: Aber bitte! Man darf sie nicht ausreden lassen!

      Regine: Du bist unerträglich natürlich. Du würdest dich vortrefflich eignen, Kinder trocken zu legen. Mit einem Küchengriff, wie man einen Karpfen um die Schuppen faßt, packst du einen Mann. Dich die große Arie singen zu hören, müßte man sich schon etwas kosten lassen. Auf Trab bringen. Dynamit hinten –

      Josef immer noch sich verantwortlich fühlend, ist aufgesprungen und versucht ihr den Mund zu schließen: Aber das ist ja –

      Regine: Einen tüchtigen –

      Josef: Widerlich, so ein Frauenzimmer!

      Regine hat sich losgerissen: Dir müßte man einen tüchtigen Stoß vor den Bauch geben! Du stellst ihm nach, hat er gesagt!

      Maria: Ich – stelle Ihnen nach?

      Thomas sich niederhaltend: Hast du das wirklich gesagt …?!

      Regine: Erst gestern hat er es gesagt. Sie wendet sich um Bestätigung an Fräulein Mertens; die zuckt kalt verletzt die Schulter.

      Thomas: Aber schweig du, du Teufel!

      Josef automatisch, als wäre er noch verpflichtet, Regine zu beschützen: Er hat es gesagt! … Nun ist es schon besser, man sagt alles: … Ich glaubte, einige Blätter herausnehmen zu müssen, bevor ich dir die Mappe gab. Ich habe dir ja angedeutet, mit welchen Absichten er in dein Haus gekommen ist.

      Thomas stöhnt lachend auf. Zu Maria: Dein Gefühl und Denken kann in seinem nicht den Schwindler entdecken, welch beschämend grobe Methode: zu zeigen, der äußere Mensch ist es! Aber ein Detektiv ist so wunderbar: Was dir als Schwermut erscheint, erklärt er kurzerhand für Obstipation und – er kuriert es! Wem wirst du jetzt glauben? Ich weiß es nicht. Beiden. Das ist das ewige Geheimnis!

      Anselm zu Maria: Warum sind Sie nicht fort …! Es wäre zu alldem nicht gekommen. Ich wäre ein guter Mensch gewesen.

      Maria weicht zurück. Regine wirft sich Anselm zu Füßen, der sich ihr entzieht.

      Regine: Ich bleibe solange vor dir auf der Erde, wie du aufrecht dastehst. Hast du nichts mehr in dir, dem es gleichgültig ist, ob du recht oder unrecht behältst? Sie schreiben dir vor, was du tun sollst, wie du fühlen sollst, was du denken sollst; keiner sagt dir, wie du sein sollst. Du bist ungeleitet und unbehütet ein dunkles Unberührtes in dir. Was willst du denn noch? Aus ist es! Ich liege auf der Erde und räche mich und triumphiere! Weil du nicht mehr das Vertrauen in dir hast … Und ich auch nicht …

      Maria: So steh doch auf, Regine, schämst du dich nicht? Sie stößt sie leise und angewidert mit der Fußspitze.

      Regine: Stoß mich nur! Unter deinem Kleid kommt etwas hervor, das mich stößt.

      Josef angewidert: Ich kann da nicht zusehn, ich gehe.

      Maria: Ich gehe mit dir.

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