Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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Ah, ihr traut mir nicht zu, es zu tun. Aber er hat mich um meine Stellung im Leben gebracht –

      Maria: Du hast es selbst wollen!

      Thomas: Du hast recht, du hast recht; – man sieht ihn aufstehn und sich dem Platz nähern, wo er Anselm vermutet – ich habe das wollen! Denn nun ist es wie in der Welt der Hunde. Der Geruch in deiner Nase entscheidet. Ein Seelengeruch! Da steht das Tier Thomas, dort lauert das Tier Anselm. Nichts unterscheidet sie vor sich selbst, als ein papierdünnes Gefühl von geschlossenem Leib und das Hämmern des Bluts dahinter. Habt ihr kein Herz, das zu begreifen?! Jagt es uns nicht in den Tod oder – einander in die Arme?!

      Maria ist geängstigt aufgesprungen und vertritt ihm den Weg: Thomas, du hast getrunken!?

      Thomas ein Zündholz anreibend: Sieh mich doch an! Er sucht mit der kleinen Flamme nach Anselm, Maria dreht rasch das Licht auf. Die Lade ist offen, aber Thomas steht ohne Waffe da.

      Thomas mit den Blicken noch immer Anselm vermissend: Sieh mich nur an …

      Anselm ist weg.

      Thomas: Fort? Lautlos verschwunden? … Lautlos gekommen! Was ist zwischen euch gewesen?

      Maria heftig: Es ist nichts gewesen!

      Thomas: Nichts? Das ist eben alles! Ich weiß, daß du mir nie ein unwahres Wort sagen würdest. Nichts hat sich gerührt; aber die ganze Erde, mit allem, was darauf ist, bewegt sich.

      Maria fest: Ist es wahr, daß du in die Stadt gefahren bist, um dich von diesem – Bericht zu überzeugen?

      Thomas: Josef hat mich einfahren gehört, wir müssen kurz machen. Anselm ist nicht gekommen. Ich hatte mir die Brust aufgebrochen vor ihm, und er hat es nicht der Mühe wert gefunden, zu kommen!

      Maria: Also ist es wahr … Entschlossen. Gib mir den Bericht; ich will ihn verbrennen!

      Thomas sieht sie in anfangs wortloser Aufregung an: Das ist ein großmütiger Einfall! Wahrhaftig, der hat Anselms Schwung! Ich gebe dir die Beweise natürlich nicht.

      Maria: Du gehst geheime Abmachungen gegen Anselm ein. Du duldest, daß Josef im Haus bleibt, eine ganz unmögliche Situation. Fährst in die Stadt, während er das Haus bewacht. Alles ohne mich zu fragen. Anselm ist mein Freund so gut wie deiner: ich willige nicht ein, daß er bei uns so behandelt wird!

      Thomas: Gut, ich gebe dir die Mappe. Aber du mußt mich ohne Vorurteil anhören. Wenn du sie dann noch willst …: gebe ich sie dir. Warum ist er nicht zu mir gekommen? Weil er etwas zu verbergen hat: Er ist ein Schwindler!

      Maria: Aber das sagst du immer. Und dann sagst du wieder, er ist der Mit-Nichtmensch!

      Thomas: Trotzdem spielt er dir eine Komödie vor. Warum? Warum hat sich Johannes getötet?

      Maria: Aber das weiß doch keiner von uns.

      Thomas: Oh? … Weil er Anselm sein Vertrauen geschenkt hat.

      Maria: Doch viel eher, weil ihn Regine gequält hat. Weiter!

      Thomas: Es könnten ja dort in der Lade Beweise sein. Nicht sie sind es, sage ich. Aber hör’ mich doch an! Ich will ja, daß du es endlich aus dir selbst heraus erkennst! Johannes fehlte – wie uns allen – jener dumme Tropfen Gläubigkeit, ohne den man nicht leben kann, keinen Freund bewundert und keinen findet, jener helle Tropfen Dummheit, ohne den man kein gescheiter Mensch wird und nichts leistet. Jeder Mensch, jedes Werk, jedes Leben hat an einer Stelle eine Fuge, die nur zugeklebt ist! Zugeschwindelt ist!

      Maria: Halt! Ohne einen Tropfen Dummheit kann man also nicht lieben?! Alles hat einen Riß, wenn man klug ist und nicht glaubt? Weiter.

      Thomas: Nein, nicht so weiter! Manchmal glaube ich, daß wir deshalb neue Menschen sein könnten; manchmal glaube ich zusammenzubrechen! Ich klage mich ja an, Maria! Alles, was ich getan habe, war rohe Kraft! Wegrasen über solche Stellen. Aber glaub doch nicht, daß Anselm besser ist! Johannes war vielleicht besser. Was du wenigstens so nennst. Er war schwach. Zart. Er glaubte, daß irgend ein andrer Mensch ihm darüber weghelfen müsse. Und Regine war wenig geeignet; zu neugierig noch und unabgelebt; eine Türe, die sich nicht schließen läßt. So kam er an Anselm. Der ging scheinbar auf ihn ein. Vertiefte aber die Mutlosigkeit noch mehr in ihm und bestärkte Regine gleichzeitig in ihrer Ungeduld dagegen. Anselm gewann beide – für sich! Bis Johannes es nicht mehr ertrug!

      Maria: Aber warum sollte er denn das alles getan haben?!

      Thomas: Warum? Weil er leidet wie Johannes selbst! Weil er Bestätigung braucht und Menschen! Wenn man nichts leistet, so muß man geliebt werden, um bestätigt zu sein. Er stiehlt Liebe, er bricht ein, er raubt sie, wenn es sein muß! Aber –: wenn er sie hat, weiß er nichts damit anzufangen. Schon an der Universität –

      Maria: Oh, das war anders.

      Thomas: Ja, er hat dich bereits gut bearbeitet. Aber merkst du nicht, daß er sich – wie alle Menschen, die immer jemand lieben – nur für sich interessiert? Daß es ihn zu jedem neuen Menschen hinreißt; wie eine Krankheit; er muß ihm schmeicheln und sich ihm einreden.

      Maria: Er mag Unüberlegtheiten machen. Aber Anteil nimmt er. Und das kommt von innen wie eine Quelle.

      Thomas: Sitz’ ihm doch nicht auf. Das kommt wie die Praktiken und Schwindeleien von Medien, die längst außer Trance sind. Er liebt nicht, er haßt jeden Menschen wie der Angeklagte den Richter, dem er vorlügen muß!

      Maria: Aber wovon sprichst du jetzt schon? Fühlst du nicht, daß das Konstruktionen sind?

      Thomas: Fühlst du nicht, daß jeder Einwand von dir mir eine Qual ist?! Er lockt unter betrügerischen Versprechungen Menschen an, weil er mitten in der Unendlichkeit allein auf seiner eigenen Planke treiben muß! … Du verstehst mich nicht. Aber merkst du nicht, daß du und ich, wie du mich da anstarrst wie einen Irren, der elende Beweis dafür sind?!

      Maria: Aber steht etwas von dem, was du bisher behauptet hast, bewiesen darin?

      Thomas: Es steht … – er zögert und überwindet sich – nicht darin … Nein … Ich sagte ja, glaube ich, nur: nimm an. Im Ton eines, der seine Sache verloren sieht. Das läßt sich nicht beweisen; das muß man glauben.

      Maria: Aber das ist doch lächerlich; Thomas; armer Thomas.

      Thomas: Lächerlich, von mir gesagt; und von ihm getan, wäre es eine Quelle.

      Maria: Du selbst hast mir alle Tage von ihm erzählt, als er noch nicht da war und kommen sollte. Er hat das, hast du gesagt, was dir fehlt. Dieses einfache durch Interesse mit allen Menschen verbunden sein, ohne Kampf und Werk. Aber jetzt hast du dich aufhetzen lassen; nein, du selbst bist es, der Josef aufhetzt! Und Anselm dazu. Als müßtest du ihn wieder schlecht machen. Eigensinnig mit deiner größeren Kraft. Gib mir die Mappe, ich will sie – für dich selbst! – verbrennen.

      Thomas zurückweichend: Nein, noch nicht, nein! Jetzt haben wir nicht mehr Zeit, ich höre schon Josef. Geh, geh zu ihm! Ich bitte dich, geh noch einmal zu ihm! Er drängt sie zur Tür.

      Maria: Ich will nicht zu ihm gehn! Ich will mit dir sprechen!

      Thomas:

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