Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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du eine Frau und sie liefert, angesteckt von solcher Narrheit, deine Ehre ihrem Mitnarren aus …!

      Thomas: Ich habe dich in meinem Brief auf schwer bestimmbare Menschen vorbereitet.

      Josef: Und hast mich als den Rückständigen hingestellt, in deiner sehr unnötigen Moraltheorie, was gar nicht dein Fach ist; nun siehst du wohl die Praxis. Aber ich glaube, du schämst dich deines Irrtums; die Tatsachen haben mir mehr Genugtuung gegeben, als du könntest. Du hast dich doch seit unsrer ersten Unterredung überzeugt, daß die Angaben stimmen?

      Thomas: Ja. Was ich nachprüfen konnte, hat gestimmt.

      Josef: Und für diesen Fall hast du dich verpflichtet, ihn aus dem Haus zu weisen.

      Thomas: Ja. Ich habe mich verpflichtet. Nach kurzem Kampf. Aber ich kann nicht. Er darf gerade jetzt nicht fortgehn. Er muß noch bleiben. Dring nicht in mich. Er legt die Mappe in den Schreibtisch zurück.

      Josef sieht ihn staunend an, geht wieder hin und her: Du verstehst mich nicht falsch? Ich verzichte durchaus nicht auf die Autorität, welche mir das Gesetz leiht. Ich zögerte nur aus Rücksicht für dich; und aus Abneigung gegen den Familienskandal … Ich verlange, daß du dich vor den Frauen von ihm lossagst und ihm dein Haus verschließt.

      Thomas: Ich anerkenne deine Güte, … aber das kann ich nicht.

      Josef: Gut … Das enthebt mich nicht meiner Pflicht, Ordnung zu machen. Gib mir die Dokumente zurück.

      Thomas endlich ganz entschlossen, zieht den Schlüssel der Lade ab: Nein. Entschuldige. Ich kann nicht.

      Josef erschüttert: Hast du also wirklich Neigung zu ihm …! So fängt es immer an. Nach Überwindung. Er ist hier, um dich und Maria ebenso zu betrügen, wie er es mir und Regine getan hat!

      Thomas: … Ich weiß es. Aber … meinst du es – so ganz einfach? So ganz ebenso?

      Josef: Du kennst nicht alles.

      Thomas: Aber es ist nicht wahr! Er kann nicht gekommen sein, um mir Übles zu tun!

      Josef: Aber du Narr! Du eingebildeter Narr! Du meinst, die einfache Wahrheit sei für dich nicht gut genug; das Einmaleins der Tatsachen, für dich gilt es nur, wenn es zugleich eine «höhere Wahrheit» ist!

      Thomas: Eben das wollte ich vielleicht sagen. Wenn du mir beweisen würdest, Anselm will mich betrügen, und wenn du mir beweisen würdest, – Maria will es: Das kann nicht wahr sein! Und das kann nicht falsch sein! Das kann nur etwas bedeuten, das damit gar nicht gesagt ist.

      Josef: Also auch du bist berückt und verzaubert. Gut. Also bleibe ich hier.

      Thomas: Wie meinst du das?

      Josef: Ich bleibe hier in deinem Haus. Du wirst mir nicht die Türe weisen, während du sie jenem Schurken offenhältst.

      Thomas verwirrt: Natürlich nicht, nein … aber das läßt sich nicht machen.

      Josef: Und ich sage dir, daß ich nicht von hier fortgehe, bevor ich diesen «Kopfjäger» – ja siehst du, das ist der richtige Ausdruck, den habe ich für ihn gefunden – hier vor euch allen genötigt habe, mir die Schuhe zu lecken! Du wirst sehn, er tut es, er ist klüger als ihr! Er hält nicht stand, sobald er merkt, worum es sich handelt!

      Thomas bitter und mit wachsender Ergriffenheit: Du würdest es bereuen. Wenn auch nichts vorgefallen ist, so ist doch … eine Abwendung nicht fortzuleugnen. Du würdest mit Regine sprechen wollen, sie würde dir ausweichen. Du würdest ihr etwas beweisen und sie würde es einfach nicht hören. Verstehst du: eine Taubheit der Seele. Du würdest ihr mit dem Finger zeigen, er ist ein Schurke, und sie würde es nicht sehen. Du würdest den Verstand verlieren, wahrhaftig du würdest nicht mehr wissen, redest du sinnlos oder fliegen deine Wort fort?!

      Josef: Ich werde mir Gehör zu verschaffen wissen. Ich will mir nicht vorwerfen müssen, daß ich durch Unentschlossenheit mich mitschuldig gemacht habe. Ab.

      Thomas durchmißt in höchster Qual einigemal das Zimmer: Du würdest denken, solch jahrelanges Beisammensein sei etwas Geistiges. Dann kommt einer, nichts hat sich geändert, aber alles, was du tust, ist ohne Bedeutung und alles, was er tut, bedeutet etwas. Deine Worte, die vordem tief eindrangen, fallen dir unbeachtet vom Munde. Wo ist Seele, Ordnung, geistiges Gesetz? Zusammengehören, Begriffenwerden, Ergreifen? Wahrheit, wirkliches Gefühl? Der Abgrund des stummen Alleinseins schluckt sie wieder ein!

      Maria tritt vorsichtig ein: Ich wußte nicht recht, bist du schon wieder allein? Ich habe gewartet.

      Thomas: Und … hast gehört?

      Maria: Ich habe nicht gehorcht. Ich will nicht wissen, was ihr gesprochen habt. Gib mir die Mappe.

      Thomas weicht wie vor einer unentrinnbaren Gefahr zurück: Also …? Also wirklich?

      Maria: Ich habe darüber noch einmal mit ihm gesprochen. Er beginnt sich mir anzuvertraun. Laß ihn mein Freund sein. Gerade wenn er schlecht ist.

      Thomas: Also wirklich … Und was ich dir gesagt habe?

      Maria: Wenn du es selbst glaubtest, würdest du es anders anpacken als nur so von innen heraus. Schmerzlich. Warum hast du dich in das eingelassen? Weil du glaubst, daß er mich beeinflußt. Ja, er tut es; darf er denn nicht?

      Thomas: Er darf? Kann! Kann es, Maria! Sieh mich doch an, was hat sich verändert? Du verlierst dein Stopfholz, dieses liebe runde Ding, über das du manchmal die Strümpfe spannst; dann findest du es nach Tagen auf der Straße wieder: du erkennst es kaum: was du daran war, ist verwest; es ist nur ein lächerliches kleines Holzskelett. So kehrst du wieder. Seines Geistes Kind: Fetzen der Widerwärtigkeit dieses fremden Mutterschoßes hängen an dir!

      Maria: Du bist ein harter, gewaltsamer Mensch.

      Thomas: Sag neidig. Sag voll Haß. Dieses fremde Wesen möchte ich mit den wildesten Säuren wegätzen, das mit mir ringt, ohne daß wir uns fassen können! In deinen Gedanken finde ich ihn, das ist hilfloser verlassen sein, als ob ich ihn in deinem Bett fände.

      Maria: Du bist ein harter, eifersüchtiger Mensch; du forderst, ohne selbst etwas geben zu wollen. Darf ich nur auf dich hören? Mußt in jeder Frage du recht haben?

      Thomas: So wenig, daß ich manchmal nicht mehr verstehe, warum bist du immer bei mir gewesen und nicht bei ihm? Es ist etwas in mir, etwas störrisch Unbelehrbares, das wacht über dich wie eine Mutter über die Freude ihres Kinds. Das fühlt, dummglücklich im Schmerz, wenn du von ihm kommst, etwas Erfrischtes, Neues.

      Maria: Siehst du, daß du eigentlich alles gar nicht meinethalben machst, Aufregungen und Gefahr für unsre Existenz. Sondern nur weil du zu fühlen glaubst, daß er mich – nicht begehrt! sondern höher schätzt als du!

      Thomas: Seit es anfing, sagst du mir, es sei nicht Liebe, sondern ein geistiges Erlebnis –

      Maria: Das ist es auch nur.

      Thomas gequält: Fast ebensolang zeige ich dir schon, er ist im inneren Erlebnis ein Fälscher. Aber du glaubst nicht an mich, sondern an ihn. Das klingt so einfach und ist – das Grauen.

      Maria: Ich

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