Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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Bleiben Sie mein Freund.

      Anselm höhnisch: Ihre Seele hält zu mir, Ihre Liebe zu Thomas? Leidenschaftlich. Das ist die verderbte Trennung! – Verstehen Sie mich, ich spreche ganz wunschlos: Sie glauben noch immer, es geht um das, was man so Besitz nennt. Aber dann hätte ich Thomas schon vergiftet. Sie glauben, weil Sie schön sind? Ja, – mit einem leisen Unterton von Bosheit – weil Sie schön sind! Aber es gibt Kinder, die auf den Spielplätzen gemieden werden, weil sie so gut sind; so eins waren Sie. Irgendeine Abschreckung ging von Ihrer gegen das Böse hilflosen Güte aus; das haben Sie insgeheim behalten. Sie sind wunderschön und mit einer rührenden Sanftmut Ihrer Stattlichkeit preisgegeben. Ja, Sie sind – göttlich schön! Und ich verstehe schon, Sie dürfen nicht böse sein, Sie müssen gut gegen Thomas sein wollen. Aber – Ihre Schönheit hat schon eine unmerkliche Anrüchigkeit, Ihre milde Nachgiebigkeit ist etwas, wofür Sie sich ganz im geheimen schämen. Sie sind wunderbar, aber – auch allein. Das kann Thomas nie erraten. Ich ahne Sie vielleicht nur wie etwas mir Verwandtes. Aber ich fühle Sie wie einen ungeheuren Trost. Wie einen Engel mit einem Bocksfuß. In meine Zerrissenheit stiegen Sie nieder wie ein Engel; aber ein Engel, der unter dem Kleid ein wenig zu mir gehört … Maria schweigt. Anselm, um einen Ton boshafter, aber dabei echt ergriffen. Ihr schreckliche Frauenhaftigkeit lindert etwas, das sonst zu demütigend für mich wäre … Schweigen Sie doch nicht! Sie haben Rücksichten auf ihn zu nehmen? Ich auch! Sie wissen nicht, ob Sie ihn nicht lieben? Ich auch nicht!! Das darf kein Hindernis sein! Es geht durch alles in der Welt ein einheitlicher Taumel, ich fühle ihn verwirrt noch in Ihrem Widerstand, während ich Sie schweigen höre. Schenken Sie sich ihm! Heben Sie sich los! Ihre Seele hat Sie geholt, die Ewigkeit!

      Sie werden unterbrochen. Man hat während der letzten Worte wie eine Untermalung Lärm sich stürmisch nähernder Menschen und aufgeregten Gesprächs gehört. Jetzt fliegt die Tür auf. Fräulein Mertens stürzt besinnungslos herein, hinter ihr verstört Regine. Fast zugleich mit ihr Thomas. Dann Josef, zornig, verlegen; er schließt vorsichtig und genau die Türe, da ihm der Auftritt unendlich peinlich ist.

      Fräulein Mertens zu Maria: Um Gottes Willen, stehn Sie ihr bei; sie weiß nicht mehr, was sie sagt.

      Josef von der Tür her zu Regine: Aber ich bitte dich, du übertreibst wieder; ein Sanatorium ist doch keine Irrenanstalt.

      Regine: Auch Anselm will er dahin bringen, wenn er nicht abreist! Oder ins Gefängnis!

      Josef noch bei der Türe: Ich hatte mich mit Regine aussprechen wollen. Sie war ja von allen verlassen in ihrem Zimmer und weinte, daß es nicht zu ertragen war. Ich sagte ihr, das beste in unser aller Interesse wäre ein Aufenthalt in einem Sanatorium. Ein kurzer nur. Das ist ja doch eine Krankheit! Er wendet sich ihr zu und bemerkt dabei Anselm. Er tritt in der üblichen Weise einige Schritte steif vor und dann einen zurück; seine Brust hebt und weitet sich, sein Kinn richtet sich auf, seine Lippen suchen nach Worten. Anselm steht schlank und unschuldig vor ihm.

      Fräulein Mertens währenddessen flüsternd zu Regine: Man hat Sie mißbraucht; Doktor Anselm ist eine kleine Seele wie alle Männer! Oder – jetzt müßte er es zeigen!

      Thomas erklärend, scheinbar mit ruhigem Vergnügen: Josef fordert, daß du binnen vierundzwanzig Stunden unser Haus verläßt. Er hat natürlich kein Recht, über mein Haus zu verfügen, und ich stelle es ganz dir anheim, ob du ihm parieren willst oder nicht.

      Josef zu Maria, verlegen über ihre Anwesenheit: Du verzeihst; ich wollte natürlich nicht so …, nicht in deiner Gegenwart, aber Regine war nicht zu halten. Ich wollte bloß mit ihr und – diesem sprechen.

      Maria überrascht, mit beginnender Empörung: Aber was heißt alles das? Warum soll Anselm abreisen?

      Thomas: Es ist seine Sache, dir das zu erklären; ich glaube nur: … Du wirst sehn, daß er abreist.

      Josef: Es ist peinlich, Maria; wie gesagt, ich wollte nicht vor dir … Aber Thomas wußte es doch!

      Maria entschlossen: Ich bleibe … Ich finde es nötig, wenn ein Detektiv, ein bezahlter Angeber, in meinem Hause schaltet, wenigstens dabei zu sein!

      Josef: Hat denn Thomas nicht für notwendig befunden, dich vorzubereiten?

      Maria: Aber worauf denn?!

      Thomas: Ich habe ja Maria alles gesagt. Nur daß es durch einen Detektiv bewiesen wird, habe ich ihr nicht gesagt. Und sie hat es nicht geglaubt!! Er öffnet den Schreibtisch, Josef mit einer gleichzeitig abbittenden und resignierenden Gebärde dahin einladend.

      Regine zu Anselm: Komm fort! Sieh nicht hin, geh aus der Tür! Sie haben dir eine Falle gestellt! Ich habe dich verraten, ich hätte es verhindern können! Laß dich nicht mit ihrer Vernunft ein!

      Maria: Aber Anselm, sagen Sie ihnen doch, daß alles das nicht wahr sein kann!

      Thomas: Sag uns, daß es nicht wahr sein kann! Sag es uns!! Aber sieh dir zuvor das an. Er weist ihn auf die Mappe Staders, die er dem Schreibtisch entnommen hat.

      Regine: Sieh nicht hin, das ist die Mappe des Manns! Geh! Noch kannst du es. Küsse ihnen demütig die Hand und geh; kriech aus der Tür auf die Straße. Laß sie im Wagen über dich fahren. Laß dir Hund sagen! Sei es! Aber laß dich mit ihrer Vernunft nicht ein! Sie wollen das unsichtbare Geschöpf in dir fangen! Anselm, von der unentrinnbaren Lage angezogen und Regine verleugnend, kommt wie auf einem schmalen Weg, mit eingezogenem, ganz einwärts konzentriertem Gesicht zu Thomas. Der reicht ihm das Blatt aus der Mappe, Anselm sieht hinein, dann noch ein, zwei Blätter.

      Thomas: Das gehört Josef …

      Regine: Ich wollte noch einmal sehn, ob du Mut hast. Oh, wenn ich Mut hätte – ich fürchte so das Totsein.

      Josef: Du Unglückselige, das ist die Arbeit dieses Menschen, der unheilvolle Geist, den er dir einimpfte!

      Anselm reicht die Blätter wieder Thomas zurück und wendet sich zu Maria: Ich kannte es schon. Er geht in der gleichen Weise, wie er gekommen ist, wieder auf seinen Platz zurück. Ich lasse Thomas die Freude. Ich habe nur einen Beweis zu erbringen: daß ich Ihnen nie eine Unwahrheit gesagt habe! Kann ich Sie allein sprechen?

      Maria tonlos: Vor allen müssen Sie sprechen, vor allen …

      Pause. Anselm – verlegen oder überlegen lächelnd, jedenfalls in erzwungener Haltung – steht inmitten da.

      Maria entsetzt: Aber wie? Haben Sie denn wirklich –??

      Anselm: Sie haben ja alles gewußt.

      Maria: Ich??! Sie haben gesagt, daß diese Aufzeichnungen nur Harmloses enthalten. Daß man sie bloß Reginens wegen aus der Welt schaffen sollte!

      Anselm: Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß ich ein schlechter Mensch bin?

      Maria: Sie haben mit solchen Gedanken gespielt. Gespielt und geglitzert haben Sie mit Lüge und Schlechtigkeit!

      Anselm: Was soll ich Ihnen noch sagen?

      Maria: Ob es wirklich ist?!!

      Anselm zuckt lächelnd die Achseln und schickt sich zu gehen an. Josef vertritt ihm schon von fern den Weg; Thomas, der auch dazu ansetzte, unterläßt es daher. Anselm steht sofort von seinem Vorsatz ab, Josef geht zur Türe, sperrt sie ab und übergibt

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