Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

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Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans  Dominik

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Stirn, als wolle sie die quälenden Gedanken hinwegwischen. Dann begann sie mit ruhiger tonloser Stimme zu erzählen: »Du weißt, Helen, wie ich Averil Lowdale kennen- und liebenlernte. Er hielt bei meinem Vater um meine Hand an, der sie ihm nicht verweigerte. Auch der alte Lord Lowdale war mit unserem Bund einverstanden … Warum auch nicht? … Das Vermögen der Lowdale war nie groß gewesen. Ein langjähriger Prozeß um die Lordschaft hatte den größten Teil der Revenuen verschlungen. Die Millionen meines Vaters kamen sehr erwünscht. Daß er ein Selfmademan war, wurde mit in den Kauf genommen.

      Da erhielt mein Verlobter plötzlich ein Telegramm, umgehend nach England zurückzukehren. Wenige Tage später hatte mein Vater einen Brief des alten Lords in den Händen: ›Seine Lordschaft zieht ihr Einverständnis mit dem Ehebunde von Deweys Tochter mit seinem Sohn zurück. Weil … weil ich nicht rein weißer Abstammung sei. Der Vater meines Vaters habe eine Quadronin zur Frau gehabt …‹«

      »Unmöglich, Florence … und wäre die Behauptung wahr, so wäre es doch nur ein vorgeschobener Grund!«

      »Du irrst, Helen …«

      Ein Zug von Verachtung und Bitterkeit prägte sich um die Mundwinkel der Sprecherin aus.

      »… Es ist wahr … leider ist es wahr. Wirst du mich auch verachten, weil ein paar schwarze Tropfen in meinen Adern rollen?«

      »Florence! … Die Unbill, die dir widerfahren ist, macht dich grausam. Ich hoffe es nicht …«

      »Du wirst es vielleicht besser verstehen, Helen, wenn ich dir die Vorgeschichte erzähle. Als der Vorgänger des jetzigen Lords Lowdale starb, trat sein Neffe als nächster Erbberechtigter auf. Seine Ansprüche, an sich unanfechtbar, wurden ihm von dem jetzigen Lord streitig gemacht, weil er Halbblut sei. Seine Mutter war eine Gelbe. Ein jahrelanger Prozeß entspann sich um die Erbschaft. Eine besondere Parlamentsbill entschied schließlich zuungunsten des Halbblutes. Seit jener Zeit ist Lord Lowdale ein eifriger Verfechter der Bestrebungen für Reinhaltung der weißen Rasse.«

      »Und darum …«

      »Darum durfte Averil keine Herrin in die Halle von Lowdalehouse bringen, unter deren Ahnfrauen eine ist, deren Wiege einmal in einem Negerdorf gestanden hatte.«

      »Und Averil? Fügte er sich widerspruchslos dem Verbot des alten Lords?«

      Florence blickte traumverloren ins Weite. Der abweisende Zug auf ihren Mienen wich einem weichen, glückverlorenen Lächeln.

      »Nein, Helen … Averil trat mutig an meine Seite. Er war bereit, das Vaterhaus zu verlassen, mit seinem Vater zu brechen. Er kündigte mir seine Abreise von London an. Da … da gab ich ihm sein Wort zurück.«

      »Du … Florence … du tatest das?«

      »Ich tat es … nach langem, schwerem Kampf.«

      »Warum, Florence? … Zweifeltest du doch an Averil … an seiner Treue?«

      Tief atmend lehnte sich Florence zurück und bedeckte mit der Hand ihre Augen.

      »Warum? … Weil ich ihn liebte … mehr liebte als mein Glück. Averils Entschluß war eine Tat, die mich beseligte … mich beglückte. Wer England und seine Institutionen kennt, weiß, was er meinetwegen aufgeben wollte. Sein Opfer war groß. So groß, daß ich es nicht annehmen durfte …

      Laß die Vergangenheit. Es ist nutzlos, davon zu sprechen. Weg mit den Erinnerungen an jene Tage und Nächte der Verzweiflung …«

      Sie erhob sich und ging ein paarmal mit starken Schritten durch das Gemach.

      »Deine Erzählungen von den wunderbaren Arbeiten in Asien reizen meine Neugier, Helen. Du sprachst davon, daß du vielleicht mit deinem Vater zur Einweihung des Balkaschsees dorthin zurückgehen würdest. Wäre dir meine Begleitung angenehm?«

      »Du fragst, Florence?! … Mit tausend Freuden begrüße ich deine Begleitung. Aber … es ist noch zweifelhaft, ob ich selbst gehe. Ich muß …«

      Ein Lächeln stand in ihrem Gesicht. »Ich muß erst noch eine Wette gegen Pa gewinnen.«

      »Eine Wette? … Und warum … worüber?«

      »Nicht jetzt fragen, Florence. Später werde ich dir den Scherz erzählen. Ich glaube bestimmt, die Wette zu gewinnen. Sonst würde deine Helen sehr traurig sein … Aber nicht der verlorenen Wette halber.«

      John Dewey, der reiche John Dewey saß in seinem Palast in Nob Hill zu Frisko in seinem Arbeitzimmer. Ihm gegenüber Melan Fang, einer der reichsten chinesischen Großkaufleute Friskos.

      Seit Jahren waren sie bekannt. In letzter Zeit schienen die lockeren Verbindungen enger geworden zu sein. Enorme Summen waren von Deweys Konten auf das chinesische Handelshaus überwiesen worden. Es verlautete, daß John Dewey, der die meisten Silbergruben des amerikanischen Kontinents in seiner Hand vereinigte, große Konzessionen im südlichen Altai erhalten habe. Man sprach auch davon, daß er sie zusammen mit der chinesischen Firma ausbeuten wolle.

      Zwischen den beiden Partnern lag ein mit vielen Zahlen bedecktes Papier.

      »Wenn Zahlen allein beweisen könnten, wäre ich überzeugt, Melan Fang …«

      Dewey lehnte sich in den Sessel zurück und sah seinen Gast prüfend an.

      »… In der Bilanz fehlen einige Imponderabilien, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist!«

      Der Chinese schien solchen Einwand erwartet zu haben.

      »Sie meinen die überlegene Intelligenz der weißen Rasse, Mr. Dewey?«

      »Zweifellos!«

      »Der Gedanke, daß die weiße Rasse der gelben und schwarzen an Intelligenz weit überlegen sei, muß als erledigt angesehen werden. Die weiße Rasse teilt das Schicksal vieler anderer Rassen, die vor ihr waren und ihr Ende fanden. Sie ist an der gefährlichen Stelle der Zivilisation angekommen, die ein Volk nicht erreicht, ohne von unwiderstehlichem Drang erfaßt zu werden, sich in den Abgrund zu stürzen.

      Die ausgesuchteste Klugheit ist nicht imstande, den unwandelbaren Gesetzen des Geschehens entgegenzuwirken … Ist der Fall der weißen Rasse zu bedauern? Kaum … An ihren Leistungen gemessen. Wo waren die großen Kulturen der Vergangenheit? … Bei den Völkern des Orients!

      Im Bereich der praktischen Wissenschaften und der Technik mögen die kommenden Jahrhunderte noch von den Weißen zu lernen haben. Sonst hat … diese Rasse … kaum etwas geleistet … was den Leistungen des Orients auch nur verglichen werden könnte … Ein paar Menschenalter, und die Weltherrschaft der Weißen ist nur noch eine Episode der Weltgeschichte. Noch vor hundert Jahren betrachteten sie China als eine Riesenfarm, die zum Nutzen der weißen Welt ausgebeutet wurde. Und heute? China steht fest auf eigenen Füßen, gestützt durch chinesische Intelligenz und chinesische Tüchtigkeit! …

      Noch vor zwei Jahrhunderten definierte Franklin den Neger als ein Tier, das soviel wie möglich frißt und so wenig wie möglich arbeitet.

      Und heute. Als vollkommen gleichberechtigte Vertreter menschlicher Kultur und Wissenschaft stehen die Schwarzen hier in der Union den Weißen gegenüber. Denken Sie nur an die schwarzen Universitäten und Schulen, an die großen Bank- und Geschäftshäuser, die ausschließlich von Schwarzen geleitet werden …«

      John Dewey

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