Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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genannt werden. Und er hatte sich eine eigene Lehre erdichtet, die ihm anfangs zugesagt zu haben schien und an der er schließlich zugrunde gegangen war.

      Überschrieben war eine Abtheilung der Blätter, die etwas von dem wilden Humor eines zum Tode Verurtheilten in sich hatten, mit den Worten: Offenbarungen eines frommen Einsiedlers. Ihr Inhalt war der Hauptsache nach folgender:

      Gott hat den Himmel erschaffen. Deß war der Engel Oberster von Bosheit und Neid geplagt, hat seine Flügel ausgebreitet, hat ein Ei in den Himmel gelegt. Hierauf hat Gott den bösen Engel und sein Ei aus dem Himmel geworfen. Das Ei war groß und schwebte in den Lüften und das Ei war voll von Gluth und Schreckniß und hieß die Hölle. Da das Ei so schwebte, daß sein Äußeres von der Sonne beschienen wurde, so entstanden darauf allerlei Wesen, als Pflanzen, Thiere und Menschen, und das Äußere des Eies hieß die Erde. Der böse Engel aber ist Teufel genannt, und sobald von den Wesen der Erde eines gestorben war, warf er dessen arme Seele in die Höllengluth. Dagegen hat sich Gott aufgethan und gerufen: »Es ist unrecht, schuldlose Geschöpfe ins ewige Feuer zu werfen!« Darauf entgegnete der Teufel: »Was geht das Dich an! Ich habe das Ei gebrütet, es gehört mein! Du hast es mit mir aus dem Himmel geworfen, es gehört mein! Du hast es verflucht, es gehört mein!« Hierauf sprach Gott: »Das Ei gehört Dein. Aber die Wesen, die auf seiner Oberfläche gewachsen sind, gehören mein, denn meine Sonne hat sie erzeugt und großgezogen, in meinen himmlischen Sternen habe ich zu ihnen gesprochen und sie haben sich meines Lichtes gefreut und meinen Winken gelauscht.« Und der Teufel antwortete: »Was? Deine Sonne, die in der Nacht nicht scheint? Deine Sterne, die am Tage nicht leuchten? Die Wärme der inneren Gluth ist durch die Schale gedrungen und hat auf der Oberfläche die Wesen erzeugt und großgezogen. Ihr Blut und ihre Leidenschaften sind Gluth von meiner Gluth. Der Weizen wächst auf meinem Felde, den ernte ich!« Gott bedachte, daß der Teufel zum großen Theile Recht hatte und sprach: »Wohlan, wir wollen theilen. Behalte Du die Pflanzen und Thiere, ich nehme die Menschen.« »Wie Du schlau bist!« rief der Teufel, »nimm Du die Pflanzen und Thiere, just nach den Menschen gelüstet’s mich.« Hierauf sprach Gott: »Mit Dir will ich nicht streiten. Überlassen wir die Entscheidung dem Menschen selbst, Er empfindet Deine Höllengluth, er fühlt und sieht mein Sonnenlicht: sein Fuß steht auf der Erde, sein Haupt schaut gegen Himmel. Er soll wählen. Läßt er sich leiten von deiner Gluth, ergiebt er sich den Früchten Deiner Erder, so sei er Dein. Weist er Dein Feuer zurück, verschmäht er die Güte Deines Reiches, so sei er mein.« »Was soll das heißen?« Versetzte hierauf der Teufel, »Verschmäht er das Feuer, die Güte der Erde, so wird er nicht leben.« »Ja,« sprach Gott, »er wird sterben. Er wird in die Wildnisse gehen, wo ihm Deine Spur am seltensten begegnet, er wird sein Auge zum Himmel richten und freiwillig sterben. Und je mehr er erfüllt ist vom Hasse gegen Dich und von der Liebe zu mir, mit desto größerer Sehnsucht wird er von der Erde hinweg zu mir zutrachten. Und wenn es ihm gelingt, so selbstlos zu sein, daß er mit eigener Hand die blutigen Fesseln zerhackt, die ihn an Dich ketten, so fliegt er jauchzend in meine Arme und jauchzend werde ich ihn empfangen.

      Die zweite Abteilung der Schrift, welche Wahnfred unter dem Moose seines Lagers aufgefunden hatte, trug die Bezeichnung: Das Bekenntniß des Einsiedlers.

      Darin war Folgendes enthalten:

      «Wenn ich hier meine Lebensgeschichte aufschreibe, so thue ich es nicht, um sie der Welt als dem Reiche des bösen Feindes zu hinterlassen, sondern mein Wunsch ist, daß sie in die Hand eines Solchen falle, der wie ich die Erde flieht und dem Himmel zustrebt. Ein Anderer wird ja in dieses Haus der Einsamkeit nicht kommen. Und wenn Keiner kommt, so möge die Schrift vermodern, und ich trage mein Geheimnis mit zu Gott, der mich meiner Buße willen in Gnaden richte!

      Meine väterliche Burg steht zwei Tagesreisen von hier auf einem Felsen, an dessen Sohle der große Fluß rinnt. Es der einzige Felsen in dem fruchtbaren Lande, das, so weit man ihn schaut, der Burg unterthan ist. Wir sind die Grafen von Bechern, unser Urahn reichte am Hofe des römischen Kaisers Karl den Becher. Die Thaten unseres Geschlechtes verschweige ich, sie sind nur groß in den Augen der Welt. Nur meine Missethat bekenne ich und flehe mit jedem Athemzuge meines Mundes zu Gott um Verzeihung.

      Mein Vater hinterließ, als er zur Erde sank, zwei Söhne, meinen Bruder und mich. Mein Bruder war der ältere und der Herr auf Bechern. Er war ein Heißblut und ein Sprühgeist und that, von der Macht des Augenblicks erfaßt, die unglaublichsten Dinge. Seine Leidenschaft war heiß wie die Hölle, seine Jugend war reich an Freuden und Sünden und unter den schönen Weibern der Grafschaft gab es wenige, die nicht für seine Sünden büßten. Zerfahren an Leib und Seele fiel mein Bruder – er war damals im sechsundzwanzigsten Jahre seines Lebens – in eine schwere Krankheit. Ärzte und Priester kamen zu seinem Lager, die Einen um seinen Leib, die Anderen um seine Seele zu retten. Im wilden Fieberträumen tobte er, darauf lag er dahin, als wäre er schon gestorben, und in einer Nacht, da wir versammelt waren, um ihm die letzte Liebe zu erweisen, erhob er sich, streckte die Arme aus und blickte mit leuchtenden Augen gen Himmel. »Mein Gott!« so rief er mit heller Stimme, »mein großer, einziger Gott! Mein lieber Jesus! Meine heiligste, schönste Jungfrau Maria! Nehmt mich auf, ich will bei Euch sein! Die schnöde Welt, ich verachte sie! Ich dürste, dürste nach dem Reiche Gottes!« – Und sank hierauf erschöpft zurück aufs Kissen und lag dahin. Am nächsten Tage war die Krankheit gebrochen, mein Bruder schritt der Genesung zu. Aber als er genesen war, wurden seine Wangen nicht mehr so roth, wie sie sonst gewesen waren, sein Auge war noch glühender und er that mir die Absicht dar, seinen Lebenswandel zu ändern, in die Einsamkeit zu gehen und, wie die heiligen Büßer es gethan, Gott zu dienen in Kasteiung und Gebet. Ich hörte es und widersprach nicht. Ich pries die Gnade Gottes, die seine Seele erleuchtet hatte; er verließ die Burg und zog in die tiefste Wildniß, die in unserem Lande ist, und erbaute sich durch mitgeführte Hörige daselbst eine feste Klause. Er richtete sie ein, so gut es ging, weil er dachte, in der Behaglichkeit habe der Mensch mehr Lust, Gott zu dienen und den Himmel zu erwerben, als in Elend und Widerwärtigkeiten. Die Arbeiter sandte er zurück, nachdem er ihnen den Eid abgenommen hatte, seinen Aufenthalt keinem Menschen auf der Welt zu verrathen. Und hierauf begann er sein Büßerleben und hatte Verzückungen, in welchen er den Himmel offen sah, in welchen der Heiland seinen Arm vom Kreuze loslöste, um ihn zu umarmen, in welchen die Jungfrau Maria ihm Rosen zuwarf und sich niederbeugte um ihn zu küssen.

      Ich lobte meinen frommen Bruder und war nun Herr der Burg und der Grafschaft. Auch ich genoß jene Freuden, die mein Bruder genossen hatte, aber ich genoß sie nicht im Rausche, sondern mit Bedachtsamkeit, und atzte somit auch meine Seele. Ich liebte ein schönes Burgfräulein aus nachbarlichem Gaue, das mich als den Herrn von Bechern erhörte. Wie war es schön, die Huldin an der Seite, hinter vier Rappen oder sechsen, dahinzurollen! Wie war es schön, auf hohem Rosse durch die Gegend zu sprengen und zu sehen, wie alles ehrfurchtsvoll den Herrn begrüßt, und in fröhlichem Muthe Einem oder dem Anderen mit der Peitsche Eins über den Rücken geben zu können! Alles hatte ich, was der Jugend und dem Ehrgeize wohl that, und nach Allem trachtete ich, was die Lust der Jugend und des Ehrgeizes noch erhöhen konnte. Einer der schon von Kindheit auf zur Herrschaft erzogen und mit dem Gedanken daran vertraut geworden ist, kann nicht jenes Glück empfinden, das ich als junger Herr auf Bechern empfunden habe. Und das lange Leben, das vor mir lag, wie sollte es reich und herrlich sein!

      So war es mondelang gewesen, da stand eines Tages mein Bruder vor mir. Das Leben da d’rin in der Wildniß habe ihm doch nicht behagt, es sei überaus langweilig, auch wären die Wurzeln und Kräuter seiner Gesundheit nicht zuträglich und so habe er sich entschlossen, wieder auf sein Gut zurückzukehren und sein frommes Leben auf der Burg fortzuführen. Er danke mir freundlich für die Verwaltung der Grafschaft, die ich während seiner Abwesenheit geführt hätte.

      Ich war wie aus den Wolken gefallen. Was ich ihm auf seine Worte geantwortet habe, weiß ich nicht mehr; was ich aber gefühlt und gedacht habe, beim Himmel, das weiß ich noch. Eher sterben, als gestürzt werden!

      Erst am nächsten Morgen besaß ich so viel Sammlung, daß ich hintreten konnte vor Den, der meinem begonnenen Lebensglücke so rücksichtslos in den Weg gesprungen war.

      »Bruder,«

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