Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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bist es, Gallo?« Mit diesen Worten kletterte Wahnfred rasch herab und sprang auf den Boden. Aber als er vor einem gebeugten, weißlockigen und graubärtigen Manne stand, meinte er, er habe sich geirrt.

      »Was Du dreinschaust wie ein Wildling! Wahnfred, kennst Du mich nicht mehr?«

      »Wie bist Du grau geworden, Feuerwart, seit wir uns das letztemal gesehen haben!«

      »Möchte wetten, Du wärest es in diesen zwei Monden ebenfalls geworden an meiner Stelle unten in Trawies. Doch wie ich sehe, lebst Du auch nicht am vergnügtesten.«

      »Vor zwei Tagen, wie der Sturm war, hat mir dieser Baum, von dem Du die Brände siehst, das Haus eingeschlagen und in Brand gesteckt.«

      »Willst es nicht, so brauchst es nimmer.«

      »Es ist weg. Vor Allem bitte ich Dich, daß Du mir die Worte vergißt, die ich in der Rabenkirche gesagt habe – es hat mir so viel weh gethan. Und jetzt sage mir, was Dich heraufführt?«

      »Eins, das auch Dich angeht.«

      »Mein Weib und Kind?«

      »Die leben im Frieden beim Bart am Tärn. Das Haus des Bart liegt ja hoch im Wald.«

      »Das werde ich Dir schon erzählen. Jedoch denke ich, wir machen vorher Feuer an und nehmen ein Morgenbrot. Wollte mich wundernehmen, wenn Du schon gefrühstückt hättest.«

      »Dazu, mein lieber Gallo, hätte ich wahrlich des Heilands bedurft.«

      »Laß Dir nicht bange sein, siehe ich habe Dir etwas mitgebracht.« Dabei wies er auf ein Bündel, das er vorher unter den Baum gelegt hatte. »Aber um Gotteswillen, Wahnfred, wenn ich nicht gekommen wäre?«

      »Greulich ist der Weg von Trawies in den Ritscherwald, das kannst mir glauben, aber mein Freund, der Weg vom Ritscher nach Trawies ist noch schreckbarer.«

      Nach diesen Worten begann er aus dem Reste von Brennholz ein Feuer anzumachen und dann Brot und Branntwein auszupacken.

      Sie aßen und schwiegen dabei, als bange Jedem vor dem, was er zu berichten und zu hören habe.

      »Warum hast Du den Vorrath in der Rabenkirche nicht geholt?« Fragte endlich Gallo.

      »Bevor mir das Gewehr verbrannte, habe ich Nahrung genug gehabt.«

      »Etlichemale,« fuhr der Feuerwart fort, »bin ich gegangen, um nachzuschauen, und da die Sachen immer dort gewesen sind, so habe ich mich aufgemacht, um zu sehen, ob Du wirklich in dieser Klause Deine Zuflucht genommen habest und ob Dir nichts widerfahren sei. Kann wohl sagen, daß ich über dreißig Stunden vom Dürrbachgraben her gebraucht habe.«

      »Wieso, daß Du vom Dürrbachgraben herkommst, Feuerwart?«

      »Es ist nicht zu glauben, was dieser Sturmwind angerichtet hat,« erzählte der Gallo, »die Mieslingschlucht schaut aus, wie ein Scheiterhaufen, so liegen darin die zerspaltenen Bäume. Die Trach ist verlegt und verworfen und das Hochwasser reißt die Stämme mit sich und staut sich an der Klamm, daß der See schon herein bis zur Rabenkirche geht. Auf der Tärnleithen, Du weißt, wo der schöne Wald gestanden ist, die Stämme wie gegossen, kein Wurmstich im Holz und kein welkes Zweiglein, liegt alles hingestürzt. Vom Hause des Uli hat der Wind das Dach gehoben und es auf dreißig Schritt Weiten hin in den Bach geworfen. Über meine Hütte ist ein großmächtiger Baum gestürzt, aber so, daß er an einen anderen aufgefallen und daran hängen geblieben ist, und wir unterhalb d’rin hocken und keine Stunde sicher sind vom Erschlagenwerden. Wie es weiter hinten auf dem Tärn aussieht, das weiß ich selber nicht; ein Schwarm von Krähen ist herübergekommen in den Dürrbachgraben, so sind drüben sicherlich ihre Nester zerstört. – Wie ich durch eine solche Zerstörniß heraufgekommen bin, meinst? Ich habe den Umweg über die Birstlingblößen genommen. Habe wohl viel kriechen und klettern müssen und hätte es nicht vermeint, daß es den Ritscherwald, der hoch liegt, und wo die Luft freien Ausweg hat, so arg mitnehmen sollte können. Zum Weiterkommen ist’s gewesen bis zur Wand her, wo der Wasserfall ist. Du wirst es wissen, die Leiter ist weg; einen stundenlangen Seitenweg habe ich machen müssen, sonst wäre ich gestern Abends schon dagewesen. So hat mich die Nacht übereilt; zum Weitergehen war’s in der Finstern nicht, habe mich im Dickicht niederlassen müssen und Feuer anmachen und sonst dazuthun, daß ich nicht angefroren bin. Die Bestien haben mir keine Ruh’ lassen wollen, und sind wir sogar ernstlich aneinander gerathen – solltest den Schuß ja gehört haben. Denn weit war’s nicht von da, und mich hat’s heute noch gewundert, daß ich auf einmal hier auf der Blöße stehe und die Baumgruppen erkenne und die Nacht über so nahe bei Dir gewesen bin. Aber erschrecken kannst Einen, Wahnfred, wie Du vom Baum die Füße herabhängen läßt. Auf der Stelle ist mir durch den Kopf gefahren, Du hättest es auch so gemacht wie Dein Vorgänger, der fromme Einsiedler. Ich habe es dazumal nur nicht sagen wollen, daß er nicht etwan um seine geweihte Erden gekommen wäre! Aber gefunden habe ich den Schelm an der Schnur. Dir wird’s auch lieber gewesen sein, Schreiner, daß Du es nicht gewußt, wie sich der Klausner mit der Rosenkranzschnur erdrosselt hat.«

      »Der Mann ist seinem Grundsatze treu geblieben,« murmelte Wahnfred. »Wie Gallo, wenn Du auch mich so an die Ewigkeit geknüpft gefunden hättest?«

      »Heute wäre nicht mehr nöthig, es zu verheimlichen.«

      »Aus Ehrenpflicht hättest Du es thun mögen.«

      »Der geweihten Erden wegen thut heute bei uns Keiner das Maul mehr auf.«

      »Wie meinst Du das?«

      »O mein Freund,« sagte der Feuerwart, »was ich Dir zu erzählen habe! Als wir damals in der Rabenkirche auseinandergegangen sind, hast Du gegrollt, daß wir Dich ins Unglück gestürzt hätten. Du bist heraufgestiegen in diesen Frieden, der wie ein Himmel ist gegen Trawies, das sie jetzt zur Hölle gemacht haben. Wir haben kein Christfest gehabt in diesem Jahre, haben kein Läuten gehört und keinen Orgelklang seit langer Zeit. Wahnfred, Du bist es nicht schuld, wir Anderen sind es auch nicht, es hat so sein müssen. Nur schreckbar ist, was jetzt über uns gekommen. Das Erdenleben haben sie uns zerstört, den Himmel haben sie uns entrissen, Wahnfred, unsere Heimat ist in Bann gelegt!«

      Wahnfred war bei diesen Worten von seinem Strunke aufgesprungen. Nun stand er da, ein blasser, wildbärtiger Mann und grub sein Auge in das Antlitz des unseligen Boten. Endlich murmelte er: »Ich muß Dich doch nicht verstanden haben?«

      »Du hast mich wohl verstanden, Wahnfred, ich sehe Dir’s an.«

      »Sage, daß der Sturm jeden Baum gebrochen, jedes Haus zerstört hat in Trawies, daß er die Leute todtgeschlagen oder lebendig begraben thut. Nur das nicht, Feuerwart, nur nicht von Gott verstoßen sein!«

      »Wenn es allein der Fluch wäre! Wenn’s nur der kirchlichen Dinge wegen wäre – das wollte mich nicht erschrecken. Wir gingen zum reinen Christenthum zurück. Aber die Folgen, die Zügellosigkeit! Und es ist gerade, als ob sie zum Bann auch die Acht über uns verhängt hätten. Alles läßt uns im Stich, auch die weltliche Obrigkeit.«

      »Feuerwart, das mag ein Elend werden!«

      »Schon heute, mein Wahnfred. Alles ist aus Rand und Band. Auf der einen Seite die Noth, auf der anderen die Willkür. Die Straßen ins land sind zerstört; es geht kein Fuhrwerk hinaus und kein Geld herein. Die Grenzen sind umstrickt. Da unten, wo der Tärn anhebt, kannst Du den Strick gezogen sehen, soweit ihn der Sturm nicht zerrissen hat. Aber den Bann zerreißt kein Sturm. Der Bursch’ vom Schmied in Trawies, der arbeitslos geworden ist, hat wollen auf die Wanderschaft

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