Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Schergen!« sagte der Bart fast athemlos: »Wahnfred, die Schergen suchen Dich! Du mußt verrathen worden sein. Sie haben es erfahren, daß Deine Leut’ bei mir sind und jetzt umlauern sie schon tagelang das Haus und vermeinen ganz richtig, daß Du einmal herfürgehen müßtest und die Deinen aufsuchen. Vom Fußboden bis zum Dachfirst haben sie schon Alles drunter und drüber geworfen und Einer steht fortweg an der Thür und achtet, wer aus- und eingeht.«

      »Den Weg zu meinem Weib laß’ ich mir nicht vertreten!« sagte der Wahnfred, und wollte gegen das Haus.

      »Wahnfred!« murmelte der Feuerwart und hielt ihn zurück, »Du hast monatelang ohne sie gelebt, Du wirst die kurze Zeit auch noch überdauern, sei kein Knabe.«

      »Mein Weib will ich sehen! Mein Kind will ich haben! Sie sind in Gefahr. Bart vom Tärn, sage es, die Schergen werden sie martern, wegführen, tödten!«

      »Das werden sie nicht, weil sie Dich damit ködern wollen. Aber gehe ihnen nicht in die Falle, Schreiner, bedenk’s, das wäre Dein und ihr Verderben. Gehe wieder zurück in Deine Wildniß.«

      »Nimmermehr!«

      »Verbirg Dich, bis die Gefahr vorbei ist und ich Dich rufe. Ich will sie zu täuschen suchen. Gestern ist drüben auf der Karebene das Gerippe eines Mannes gefunden worden; die Wölfe haben es übrig gelassen! – so will ich aussprengen, der Flüchtling wär’s gewesen. Vielleicht ziehen die Landsknechte ab.«

      »Hätte ich doch geglaubt,« versetzte der Feuerwart, »sie wollten sich’s damit, daß sie uns niedergeworfen und in die Hölle verflucht haben, genug sein lassen und nicht noch mit Fleiß Menschenjagd halten in Trawies. Wir gehören dem Teufel und gehen die Herren nichts an, magst es ihnen sagen, Bart.«

      »Wir hätten Recht auf den Schutz der weltlichen Obrigkeit,« sagte der Bart, »aber der Kirchenbann ist allemal auch eine halbe Acht, die ehebald zu einer ganze wird. Geradeaus gesagt, es ist nicht anders, meine lieben Leut’, wir sind vogelfrei.«

      »Das ist mir nichts Neues,« antwortete der Gallo.

      »Auch das Haus haben sie mir schon niederbrennen wollen,« erzählte der Bart weiter, »da hätten sie ja das Durchsuchen nicht vonnöthen gehabt. Aber des Köders wegen haben sie es noch stehen gelassen. Nur die Vorrathskammer haben sie mir geplündert. Landsknechte heißen sie und sind von unserem Stamm, aber nicht so viel Erbarmen haben sie, als was im Herzen einer Kröte Platz hat. Weil sie uns für Verdammte halten, so spielen sie die Teufel. Der Türke ist mir lieber.«

      »Und das sagst wahr? Meinen zwei Leuten thun sie nichts zu Leid?« Fragte der Wahnfred.

      »Denen, mein Wahnfred könntest nur Du zum größten Feind werden, wenn Du jetzt zu ihnen gingest, die Häscher thäten Dich niederstechen vor ihren Augen.«

      »Und warum kommt der Knabe nicht mit Dir, Bart? Warum sagst mir nicht, daß es meinen Leuten gut geht? Verschweig’ mir nichts, Bart!«

      »Kannst mir’s glauben, Schreiner, ich will Dir gut. Ich weiß, wie wir Dir zu Schuld sind. So lange ich ein Auge offen hab’ in meinem Haus, soll den Deinigen nichts Arges widerfahren, so weit’s an Menschen ist. Was Gott thut, für das kann Keiner von uns Rede stehen.«

      »Wir wollen uns davonmachen,« sagte jetzt der Feuerwart, »dort unten habe ich einen Spieß funkeln sehen. In den Ritscherwald sollst mir nimmer hinauf, dort müßtest Du verkommen. Geh’ mit in den Dürrbachgraben, in meine Hütte. Ich will Dir zur Wacht sein, so gut ich kann, will Dir Nachricht bringen von Weib und Kind, bis Du sie sehen darfst. Geh’ mit mir!«

      »Und kann’s denn sein, daß meine Füße nicht angewurzelt sind auf diesem Boden, daß ich wieder davon kann gehen, wie ich hergegangen bin? Ich Leute, ich kann’s nicht. Bart vom Tärn, Du gehst jetzt ins Haus und darfst sie sehen. Gieb mir Deine Kleider und lasse mich, wenn es dunkel wird, als der Bart in das Haus gehen!«

      Fast jubelnd rief er den Gedanken aus, aber die Beiden warnten ihn vor einem Streich, bei welchen alles, was er habe und sei, auf dem Spiele stünde.

      »So gehe Du! eilends, Bart! Gehe Du, und sage ihnen, daß – o Gott, was sollst Du ihnen sagen! Sie sollen denken an ihren Wahnfred, sollen lustig sein! Sollen schlafen – den Winter verschlafen, so wie der Wahnfred schläft. Der Winter gießt ja schon zu Thale und das erste Veigelein dieser Frühzeit, das bringe ich ihnen. Gott’s Gruß!« Er war sich schluchzend an die Brust des Bart, »Gott’s Gruß meinem Weib!«

      Der wunderliche Mann! Er konnte fast ihrer vergessen und jetzt auf einmal brach es los. So treiben es Menschen seines Schlages. Mit Mühe brachte der Feuerwart den Schreiner in seine Hütte.

      »Es ist ja nicht immer gut für den Mann,« sagte er unterwegs, »wenn Füße und Hände nur dem Herzen folgen. Heute geht er dort hin, wo er morgen nicht sein will, heute thut er das, was er morgen bereut, gethan zu haben.«

      »Sei still, Feuerwart!« versetzte der Wahnfred, »gegen inwendig Weh hilft kein gescheit Reden.«

      Endlich waren sie hinabgekommen zur Schlucht. Das Wasser, welches aus allen Furchen und Rinnsalen niedergoß, war mächtig und laut; braun wie Lehm waren die Fluthen, die in rollenden Bauchungen über die unebenen Gründe schossen, weiß wie Schnee der kochende Schaum, der an Blöcken und Erdschollen aufbrauste. Hier grub es unter gelockerter Baumwurzel ein, dort schlug es an widerstrebender Brüstung empor, da unterwühlte es eine Schneewand, bis die Massen niederbrachen, das Wasser einen Augenblick stauten und von diesem zerschellt in Stücken und Trümmern davongeschoben wurden. Baumstrünke, denen von Sturm und Wasser die Arme gebrochen waren, glitten heran, stießen brüllend ans Gestein, wurden hoch aufgeschnellt und stürzten klingend in die Fluth; Erdmassen waren lebendig und mancher Felsblock wälzte sich langsam weiter, mitten im Quirlen, Brausen und Gischten der entfesselten Kräfte. Das ist das wilde Sterben des stillen, weißen Schnees. Muß denn alles, auch das Reinste, Mildeste und Zarteste auf Erden, sich einmal auflehnen und einmal den heißen Kampf ringen? Wenn im Leben nicht, so im Sterben!

      Der Feuerwart ging so rasch, als es im Gewirre des zerschlagenen Waldes möglich war. Er wußte, seine Hütte stand nicht weit vom Wasser, und er traute es den Elementen zu, daß sie dem kirchlichen Fluche Handlangerdienste leisten könnten.

      Sie mußten an den Lehnen hinaufklettern, denn der gebahnte Fußsteig in der Schlucht war nicht mehr da, darüber hin schossen die Fluthen. Ihnen zu Seite rollte manche Schneelawine nieder, Erdreich, Baum und Busch mit sich fortreißend.

      Mitten in solchen Wüsten, von Fluthen umbrandet, von gebrochenen Stämmen umlagert, auf einem Felsblocke stand Sela, die kleine Tochter des Feuerwart. Ihr blaues Kleidchen schimmerte durch das triefende Astwerk; der Staub der zerschellenden Wellen hüllte sie wie in einen zarten Nebel. Mit weißem Händchen hielt sie sich an einen Ast und beugte sich vor, um Wasserkresse zu pflücken, die am schneelosen Rande wuchs.

      Der Feuerwart schrie ihr zu, was sie denn treibe an so gefährlicher Stelle? Sie hörte in dem Gedonner des Wildbaches das menschliche Wort nicht. Ihr Gesichtchen war so blühend, wie an jenem Morgen, da sie mit Erlefried zum Sonnenwendfeste gegangen war; ihre großen klugen Augen schauten so sanft und ruhig, als stünde sie mitten in einem Blumengarten. Die Kresse, die sie pflückte, heimste sie in das halbaufgeschürzte Röcklein. Nachdem sie das letzte Pflänzlein gesammelt hatte, blickte sie auf in die Wildniß, und ins rasende Gewässer. In unablässigen Brüllen und Krachen trieb das Getrümmer des Waldes heran, aber ihre Augen schauten ruhig.

      Die beiden Männer betrachteten das Kind, dann nahm Wahnfred den Feuerwart bei der Hand und sagte: »Wir sind nicht verloren.«

      Nun

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