Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 187

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

gut, mein Wahnfred, Du wirst Dich wieder erlösen. Nur mußt Du nicht vergessen, daß Du es unserm Erlefried sagst: Was böse ist, das bleibt aller Tage böse, und wenn es der Mensch auch des Guten wegen thut, es bleibt aller Tage böse.«

      »Ich verspreche Dir’s, mein Weib; so vielmals als ich Haare auf dem Haupt hab’, versprech ich Dir’s, daß ich Alles büßen will mit Freuden und gutmachen will, was ich gutmachen kann. Bei diesem Ehering, Maria, verspreche ich Dir noch einmal die Treue.«

      »Denk’ an’s Kind, sonst verlang’ ich für mich nichts. Das Trauern um mich laß sein. Zu mir bist Du allzeit lieb gewesen und ich hab’ den Himmel gehabt an Deiner Seiten. Wenn Du Dein Tagwerk gethan haben wirst und Dich zur Ruhe legst, dann komme ich wieder und wir gehen miteinander zu unserem Herrn. – Hörst Du den schönen Gesang?« Sie horchte; auch er wollte horchen und hörte nichts, als das Klopfen des Holzwurms in der Wand.

      »Die Todtenuhr!« lispelte das Weib des Bart gegen ihren Mann hin, der an der Thür stand.

      »Was sie doch wunderlich singen!« hauchte die Kranke. »Das sind die Engelschöre. – Die Fenster sind so schwarz. Wird denn gar nimmer Tag? Das liebe Licht möchte ich noch einmal sehen ...«

      Sie zogen die Hüllen von den Fenstern, der helle Tag schien in die Stube und auf das weiße Angesicht der Kranken. Sie sah nur starr in dieses Licht hinaus, als sinne sie, ob es wohl das rechte wäre, das sie meinte. – endlich sanken ihr die Lider, sie schlummerte, und das Weib des Bart schlich herbei, zu horchen, ob sie Athem hole.

      Wahnfred kauerte am Bette, hielt seinen Knaben an sich gedrückt und blickte unverwandt auf die Schlummernde hin.

      So währte es den Tag über und so währte es am Abend.

      Eine alte Magd war im Hause, die vertraute es dem Weibe des Bart, daß ihr der Schreiner bis ins Herz hinein erbarme. Da säße er die ganze Zeit am Krankenbett und er hätte heut’ sicherlich noch nichts Warmes gegessen.

      Der Tag in den Fenstern war längst verblaßt, ein Öllicht flackerte, sein matter Schein zuckte unstet an den Wänden. Sonst regte sich nichts, die Kranke schlummerte und Wahnfred saß neben ihr und blickte sie an. Nach Mitternacht zuckte sie plötzlich auf. »Wecken! Wecken!« rief sie hell und deutlich, »es hat Eins geschlagen!«

      »Ist Dir besser, Maria?« fragte Wahnfred leise schaudernd und beugte sich über ihr Gesicht; »Du hast gut geschlafen.«

      Ihr Auge war offen, aber er wußte nicht, ob sie ihn sah. Ihr sonst kaum bemerkbarer Athem wurde lebhafter und dann langsam. Das Weib des Bart, das nicht vom Lager wich, zündete mit zitternden Händen die rothe Kerze an und begann zu beten. Wahnfred sprang auf: »Was ist das? – Erlefried! Erlefried!«

      »Laß ihn schlafen,« sagte die Hausfrau. Und dann gegen das Lager: »Liebe Schwester, fahr’ mit Gott! Bitt’ für uns im Himmel! – – Es ist vorbei. – – Wahnfred, drücke ihr die Augen zu.«

      Das Haus war frei. Der an die Wand geschleuderte Scherge war eine gute Weile betäubt vor derselben liegen geblieben. Der Bart vom Tärn nahm ihm die Waffen weg, den Spieß, die schwere Doppelpistole, und verbarg sie in seinem Hause. Dann betrachtete er die Bilder an der Wand, die der Söldner mit seinem Messer eingegraben hatte. Es war ein laufender Hirsch, von Hunden und Jägern verfolgt. – Noch heute steht ein altes Haus am Tärn, und noch heute ist an der braunen Holzwand desselben ein verwittertes Bild zu sehen, von dem man sagt, daß es die wachhabenden Soldknechte geschnitten hätten in jenen Tagen, da sie auf den geächteten Wahnfred gelauert.

      Als der Wächter endlich wieder zum Bewußtsein kam und sich bar seiner Wehr sah, schleppte er sich seitab und davon.

      So stand das Haus nun wieder frei auf hoher Au und leuchtete in der Frühlingsmorgensonne weit in die Wälder hinaus.

      Auf grünendem Anger, am Rande, wo die Bäume anheben, fast an jener Stelle, wo zur Winterszeit Erlefried aus Schnee seinem Vater ein Denkmal erbaut hatte, standen der Bart und der Wahnfred und maßen ein Plätzchen aus. Auf dem Rasen funkelten Thautropfen, auf den Bäumen jubelten die Vögelchen, die einen flüsternd, zwitschernd, die anderen in hellen Stimmen wirbelnd und jauchzend. In Niederungen lösten sich eben die Morgennebel zu leichtem, lichtem Flockenhauche, an Bäumen und Bergen empor gegen Himmel steigend und in blauer Luft vergehend; hier auf der Höhe war schon klarer Sonnenschein aus reinstem Himmel. Ein kühler Hauch, leicht durchweht von Düften des neu sprossenden Waldes, der jungen Kräuter und Blümchen, zog mählich durch das sonnenbesprenkelte Gestämme und über die Au.

      Der Bart vom Tärn that den ersten Spatenstich. Wahnfred legte seine Hand auf des Anderen Werkzeug und sagte: »Den Rasen wollen wir verschonen. Wir wollen ihn so abheben, daß er hernach wie eine Decke darauf gelegt werden kann. Da wächst gleich das Grüne weiter und fremde Leute sollen nicht wissen, wo sie liegt.«

      »Können es wohl so machen,« antwortete der Bart, und sie stemmten das Rasenviereck aus und schnitten unterwärts hinein und hoben es wie eine Decke ab. Dann erfaßte auch Wahnfred den Spaten und begann die Erde auszuheben. Sie war dunkelbraun und noch ein wenig feucht von dem zu Grunde gesunkenen Winter.

      Der Wurzelarm einer nahen Fichte zog sich quer durch das Grab.

      »Den müssen wir abhacken,« meinte der Bart.

      »Ich möchte lieber, daß wir ihn so lassen wie er ist und neben und unterhalb durchgraben,« sagte der Schreiner. »Der Wald soll seinen Arm über sie breiten.«

      »Wenn Du willst, können wir es so machen,« antwortete der Bart.

      Dann gruben sie und Keiner sagte ein Wort. Erst nach einer Weile, als sie schon bis an die Brust in der Tiefe standen und als auf der Stirne des Bart schon die Tropfen waren, hielt dieser ein wenig ein, stützte seinen Ellbogen auf den Stab des Spatens und blickte auf den grabenden Wahnfred.

      »Laß Dir Zeit,« sagte er, »wir werden noch frisch genug fertig.«

      »Ich gunn’ sie dieser Welt nimmer länger,« murmelte Wahnfred.

      »Du mußt Dich nicht selber quälen, Schreiner! In meinem Hause ist ihr nichts zu Leide gethan worden. Ich kann sagen, ich hab’ sie so lieb gehabt, wie meine eigene Schwester. Und das will ich Dir auch noch sagen, Wahnfred: Du weißt, wo Du daheim bist, Du und Dein Erlefried. So lang’ mein Haus steht, gehörst Du zu uns. Ich denke, jetzt wirst Du sicherer sein. Es mag werden, was will zu Trawies; wir Drei, Du, der Feuerwart und ich, halten zusammen.«

      Der Wahnfred grub und grub.

      »Ein solches Lenzen wie heute,« fuhr der Bart vom Tärn fort, »da denkt man, es muß wieder recht werden.«

      »Wird’s auch,« versetzte der Schreiner und grub.

      »Ich meine, daß wir nun bald sechst Schuh haben werden,« sagte der Bart.

      »So eine Ruhstatt kann niemals zu tief sein,« antwortete Wahnfred und wurde nicht müde zu graben, als sehne er sich in die tiefsten Nächte des Erdengrundes hinab. »Wer weiß, was auf der Welt noch geschieht. Es wird gut sein, wenn man die Unschuldigen mit aller Sorge verbirgt.«

      Es war schon später Mittag; Wahnfred stand so tief in der Erde, daß die Sonne über den Rand des Grabes hinab kaum mehr sein Haupt beschien. Und er würde fortgewühlt haben in der Grube bis zur gänzlichen Erschöpfung, wenn ihn nicht das helle Wort »Vater« zurückgerufen hätte.

      Da oben im Lichte des Tages stand Erlefried. Anfangs starrte er mit Grauen in diese finstere Tiefe hinab,

Скачать книгу