Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Anzug selbst ganz lehmfarbig aussah, bis auf das stark geröthete Gesicht. Sie hielt jetzt den Finger unter eines der Brünnlein und führte ihn zur Zunge und prüfte die Güte des neuen Gebräues.

      Wahnfred sprach sie an; sie erschrak vor ihm, dann fragte sie was er denn wolle.

      »Ich will Dir nur zuschauen, Ursel.«

      »Kennst mich? Du bist mir auch so – gesehen hab’ ich Dich oft, das weiß ich, nur weiß ich jetzt nicht, wo ich Dich geschwind hinthun soll.«

      »Der Schreiner aus dem Gestade,« sagte er.

      Sie richtete sich vor ihm auf. »Der bist!« und glotzte ihn an. »Du bist der Schreiner Wahnfred?! – Schau, das hätte ich Dir nicht angesehen.«

      Er murmelte ein paar herbe Worte.

      »Ja, der Schreiner,« fuhr sie fort, »der ist freilich nichts, aber daß Du so Pfarrherren niederschlagen kannst! – Ja wir wissen alles. Geh, lügst mich leicht doch an und bist ein Anderer.«

      »Mich wundert, daß Deine Brennerei so groß geworden.«

      »Gelt!« machte die Alte, und wie sie jetzt grinste, zeigte sie die breite, dicke Zunge zwischen den zahnlosen Kiefern. »Und wenn Du wahrhaftig der Wahnfred bist – aber mein’ Seel’, was ich mir diesen Menschen anders hab’ vorgestellt! Wenn Du es halt doch bist, so muß ich mich nur bei Dir bedanken, daß mein Geschäft so gut geht. Seit die Granitz (Grenze) gesperrt ist und sie keinen Wein ins Trawies lassen, trinken die Leut’ allerweg Schnaps. Ist auch viel gescheiter. – Du, wart’ mir doch einen kurzen Rand (kurze Zeit),« sie hastete in die nahe Hütte und kam recht bald mit einem Plutzer und einem thönernen Töpfchen zurück, welch letzteres sie aus dem ersteren füllte: »Eins mußt mir auskosten, Schreiner! ‘s ist mein schneidigster, den ich hab’. Daß aber nicht einmal eine Bank zum Niedersetzen da ist! Thät’ Dich frei bitten, Schreiner, wenn Du einmal einen Tag Zeit hättest – etliche Bänk’ und ein paar Tisch’ möcht ich haben, da auf dem Anger. ‘s kommen alleweil Leut’ und ‘s hat bisweil hell kein en Schick, daß sie so auf dem Rasen müssen herumhocken.«

      »Was kommen denn für Leut’?«

      »Närrisch, es kommen den Laster (die Menge)! Manns- und Weibsbilder. Sie thun im Wald umeinand’. Ich schenk’ mein Tröpfel und kümmere mich nicht weiter. Sollen lustig sein – jetzt ist’s eh schon alleseins.«

      Nun fragte der Wahnfred: »Dein Bruder, der Freiwild, will denn der dies Jahr nichts anbauen?«

      »Wesweg fragst?«

      »Weil ich auf seinem Feld keinen Menschen gesehen hab’. Das Haus ist auch versperrt.«

      »Je, das glaub’ ich. Sind ja jetzt all’ närrisch worden, die Leut’! Keiner baut was an. Thät’ eh nichts mehr wachsen auf der Trawieser Erden, sagen sie – und ‘s wird auch nicht viel ander sein. Hast Du die Winterfrucht gesehen auf der Kirchleuten? Nicht? Na, da wirst Dir genug sehen. Kein einziges Halmel geht auf. Und geht eins auf, so ist’s im zweiten Tag schon welk. Da wär’ der Mensch ein Narr, wenn er noch sein letztes Korn wollt’ in die Erden werfen!«

      »Was machen denn aber die Leute?« fragte Wahnfred nicht ohne Erregung.

      »Na, fürcht’ Dich nicht, daß sie sich die Zeit nicht vertreiben! Wenn mein heiß’ Tröpfel da nicht wär’, ja dann kunnst fragen. Packt’s Dich denn nicht auch immer einmal an?«

      »Was denn?«

      »Steigt sie Dir denn nicht auch immer einmal auf, die Grauswurzen, von wegen dem, daß wir für Zeit und Ewigkeit hin sind? Gelt schau! und wenn’s Dich anpackt – trinkst nicht?«

      »Der Herrgott hüte mich!«

      »Der Herrgott?« grinste die Alte, »der dreifältige Herrgott, den sie uns unten in der Trach ertränkt haben? Schau, just deswegen müssen wir unsere armen Seelen auch ertränken. Trink das, Schreiner, ich füll Dir nach.«

      »Geh weg mit Deinem Gesöff!« sprach Wahnfred und warf ihr das Krüglein vor die Füße. »Weißt Du, wie die Giftmischerinnen im alten Testament bestraft worden sind?«

      »Ja so,« entgegnete die Ursel bissig, »weil du kein Christ mehr sein kannst, willst leicht ein Jud’ sein!«

      »Tausendmal besser, als wie ein gottloses Thier dahinleben. Der starke jüdische Gott mit der Ruthen, Freiwildin, der ist für uns gut genug!«

      Jetzt schritt vom Berghang nieder die halb zerfetzte und zerfahrene Gestalt des Stromers Roderich. Er schrie mit seiner heiseren Stimme schon von weitem nach Branntwein. Als er den Wahnfred sah, schlug er die Hände zusammen, stürzte dann auf ihn zu und schrie: »Der Schreiner! Der Retter! O Du Heldenmann, komm an mein Herz!« und wollte ihn umarmen. Wahnfred schob ihn ernst zurück.

      »Fang’ Du nur mit Dem was an, Roder, das ist ein Sauerampfer,« so sagte die giftige Ursel zum Stromer.

      »Bei Dir, das glaub’ ich,« rief dieser, »im Trawieser Wirthshaus bei den Jüngeren macht er ein anderes Gesicht, das weiß ich gewiß. Wahnfred! Sieger! Drachentödter! Na, da stehst Du ja! So sag’ aber, in welchem hohlen Eichenbaum bist denn begraben gelegen über den Winter, daß doch so umsonst gesucht haben?«

      »Wer hat mich gesucht?«

      »Wir Trawieser Bürger,« sagte der Stromer und richtete sich in seinen Lumpen so hoch auf, als es sein verkümmerter Körperbau nur erlauben wollte. »Und weißt Du auch, Schreiner, der Dich bringt, ist für den Tag gastfrei, so hat’s der Rath schon zu Lichtmeß beschlossen.«

      »Ich möchte wohl wissen, welcher Rath über mich was zu beschließen hat?« bemerkte Wahnfred.

      »Das wirst schon sehen, Held! Komm nur erst mit. Heut’ geb’ ich Dir kein Geld, Alte. Heut’ zech’ ich anderswo! Komm Schreiner. Eh, so geh mit und wart’ nicht erst auf einen goldenen Wagen. Im Trawieser Reich ist jetzt alles gleich, und mußt nur sehen, Bruder, was seit letztvergangenem Advent bei uns lustig geworden ist. Willst noch was trinken, so trink; ansonst aber komm!«

      Wahnfred war daran, die Kameradschaft entschieden abzulehnen; doch besann er sich. Sein Weg führte ja nach Trawies; wenn er nun mit dem redseligen Stromer ging, so konnte er gleich unterwegs Unterricht nehmen über die neuen Zustände seines Heimatsortes. Und so gingen die beiden Männer mitsammen. Indeß erfuhr Wahnfred auf diesem Wege nichts Anderes, als daß der Stromer heiterster Laune war.

      »Jetzt mein Bruder,« rief dieser und legte seinen Arm über die Schulter des Schreiners, »jetzt ist sie einmal da, die Zeit, wo Keinem hart geschieht. Ein Winter ist schon vorbei und im Sommer wird’s noch lustiger werden. Nur Eins fürchte ich, daß die Wacht wieder aufgelassen werden kunnt an der Granitz; geschieht das, so ist auf ja und nein alles Übel wieder in Trawies. Mußt nicht glauben, Schreiner, es gehe so leicht! Es giebt viele verblendete Leut’. Die Sandhockin will Buß’ wirken, daß doch dir Kirchen wieder sollt’ aufgesperrt; die Kofelarztin will Buß’ wirken, der Schmied-Paul will Buß’ wirken, daß der Bann wieder sollt’ gelöst werden. Das sind Leut’, die das Wohlsein nicht vertragen können. Wahnfred, wir werden zu thun haben, daß wir auf unserem Fuß bleiben jetzund. Etlich’ Altbauern sind auch noch, die von der neuen Gemein’ nichts wissen wollen. Na, weil wir nur Dich haben, Bruder, jetzt werden wir schon Ordnung machen.«

      Und der Stromer legte sich, als sie in Trawies einzogen, recht eng in den Arm seines Begleiters; es that ihm nur leid, daß es schon

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