Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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und Geschehnissen, die durch ihre gleichartige Wildheit und Grauenhaftigkeit als zusammengehörig gekennzeichnet sind. Wir vermuthen durch dieselben, daß mit dem Banne, der auf Trawies gelegt worden, auch eine völlige Acht verbunden gewesen sein muß; wie wäre sonst die Verwirrung, wie wären die Greuel und Verbrechen und die gänzliche Hilflosigkeit und Verzweiflung erklärbar, die wir da finden?

      Zu Oberkloster ruht eine Urkunde, welche von einem Walde spricht, aus dem keine Rückkehr ist. Die Verdorbenen und Verstoßenen, die Freundlosen, die Heimlosen, die Gottlosen gehen hin und werden nimmer gesehen. Denn es ist ein brennender Ring gezogen worden um jenen Wald, er ist umstrickt und verflucht. Jeder mag hineingehen, Keiner kann heraus. Eine Mär geht: drinnen ist das Paradies; eine andere Mär geht: drinnen ist die Hölle.

      Dieser Bericht bezieht sich wahrscheinlich auf das verbannte, umstrickte Trawies, in welches allerlei Stromervolk und herrenloses Gesindel zusammenlief, um eine kurze Zeit zügellos zu leben und dann elendiglich umzukommen. Die Behörden, wohl von kriegerischen Bewegungen im Lande in Anspruch genommen, schienen ihre Hand ganz und gar von der Gegend zurückgezogen zu haben, bewachten nur die Grenzen und kümmerten sich nicht um das, was innerhalb derselben vorging. Glaubte man, daß sich das Volk von Trawies selbst erdrücken und verzehren werde? Oder war man der Hoffnung, daß es endlich doch zum Kreuze kriechen, feierliche Sühne leisten und flehen würde um Wiederaufnahme in die katholische Kirche und in die Gemeinschaft des Reiches? Man hatte wohl Beides vergebens erwartet, man hatte nicht vermuthet, daß in den Wäldern der Trach eine Macht erstarken würde, deren unheilvolles Treiben jahrelang die umliegenden Wälder heimsuchen sollte, ohne daß man im Stande gewesen wäre, sie zu brechen. Es wird erzählt von Räuberbanden, die aus den Wäldern der Trach hervorbrachen, einzelne Gehöfte, ja ganze Ortschaften überfielen, plünderten und in Brand steckten. Straßenraub und Mord war in weiter Runde um Trawies nichts Seltenes. Bald drangen Soldaten ins Räubernest ein, aber sie wurden zurückgeworfen oder massacrirt. Am Gestade, völlig dort, wo des Schreiners Wahnfred Haus gestanden war, soll sogar eine förmliche Schlacht stattgefunden haben; die Rotten von Trawies siegten, die Krieger schwammen entseelt die Trach heraus und wurden im Haidegelände bei den fünf Kiefern an den Sand geschwemmt. Die daselbst aufragende Felswand heißt noch heute Leichstein.

      Aber auch zwischen den Trawieser Leuten selbst sollen stets Kämpfe, Raubanfälle und Gewaltthaten aller Art stattgefunden haben.

      In der Ortschronik zu Neubruck ist die Rede von einer argen Sach- und Weibergemeinschaft, so die »Trachen« unter sich eingeführt und welche ein ersprießliches Mittel gewesen wäre, daß sich die Verbrecher gegenseitig todtgeschlagen hätten. Doch es war Einer unter ihnen, dem es lange gelungen, eine gewisse Ordnung aufrecht zu halten; sonst wäre es nicht denkbar, daß sich diese gott- und menschenverlassene Gemeinschaft hätte behaupten können.

      Andere Berichte erzählen von einer wilden Seuche, welche aus den Trawieser Wäldern hervorgekommen sei, um pestähnlich im Lande zahllose Opfer dahinzuraffen.

      Im Trasankthale haben noch vor etwa siebzig Jahren die Leute einen Stein gesehen, auf dem Buchstaben eingegraben gewesen. Dieselben berichteten von einem »großen Sterben« zu Trawies und daß sich von der Dreiwand an die dreißig Personen aus Verzweiflung in die Trach gestürzt hätten.

      Das genügt, um uns das Ungeheure ahnen zu lassen. Der Erzähler, der nicht allein in den verstaubten Chroniken, sondern zum Zwecke seiner Forschung auch in den ewigen Urkunden des Menschenherzens zu lesen bestrebt war, er sucht die vor ihm aufsteigenden Bilder der Schrecknisse und Greuel in den Schatten der Wälder zu verbergen, er will dieselben nur insoweit berühren, als sie mit den Schicksalen jenes Mannes verflochten sind, von dem das Unheil ausging und in dem er das heiße Bestreben fand, den verlorenen Himmel des Herzens wieder aufzurichten und die unglückliche Gemeinde der Erbarmung und Gnade zuzuführen.

      Wahnfred hatte mancherlei Angelegenheiten zu schlichten, aber der Erfolg war karg.

      Es sind einige Beispiele zu erzählen, wie absonderlich dieser Mann war und wirkte.

      Eines Tages kam ein Mensch aus dem hinteren Trasankthale zu ihm, ein schöner, kerngesunder Gesell, der klagte sein Weib an. Das Weib habe einen Ehebruch begangen, halte es heimlich mit dem abgedankten Forstjungen vom unteren Ritscher.

      »Weiß sie, daß Du’s weißt?« fragte Wahnfred.

      »Jetzt noch nicht, aber ich will ihr’s heute zu wissen machen.« antwortete der Ehemann und unterstützte sein Wort mit einer nicht leicht mißzuverstehenden Handbewegung.

      »Thue das nicht,« sagte Wahnfred, »sobald über derlei das erste Wort gesprochen, ist’s für alle Ewigkeit vorbei.«

      »Das ist’s. Sie hat mich betrogen. Es ist ein schlechtes Weib!«

      »Wenn sie Dich betrogen hat, so verdient sie auch nichts Anderes zu sein.«

      »Was soll ich also machen?«

      »Still sein und sie verachten.«

      »Verjagen will ich sie!« rief der Ehemann.

      »Dann kommt sie um und Du hast in Deinem Gewissen einen giftigen Stachel. Dulde sie um Dich, lasse sie unbeachtet, aber hasse sie nicht. Ein schlechtes Weib ist nicht werth, daß der Mann sich in solchem Haß das Leben versalze.«

      »Aber wenn es mir ein Kind auf die Welt bringt?«

      »So habe das Kind lieb.«

      »Auch wenn es nicht mein ist?«

      »Habe das Kind lieb.«

      »Sie wird mich darüber höhnen.«

      »Mag sein, daß sie über Deine Sanftmuth den gelben Ärger kriegt und es Dir eines Tages vorschreit, Du hättest gar kein Recht, das Kind lieb zu haben. Darauf sage, wenn Du rachsüchtig bist, Folgendes: Du hättest das größte Recht dazu. Denn Du hättest es lieb, weil es so unschuldig und so arm sei, weil es eine falsche, schlechte Mutter habe, und einen Vater, der so bübisch sei, daß man ihn gar nicht nennen könne. Einem so unglücklichen Wurm wollest Du der freiwillige, treue Vater sein.«

      »Das kann ich nicht! So bin ich nicht! Das kann ich nicht!« rief der Mann aus dem Trasankthale und ging davon.

      Wahnfred blickte ihm nach und sagte zu sich: »Ob wohl ich es könnte? Ich glaube ja.« –

      Wahnfred übte sich im Wohlthun. Kein Hungeriger ging von seiner Thür; Wahnfred brach für ihn das letzte Stück Brot, und an diesem evangelischen Brotbrechen, diesem größten Wunder der Liebe, erkannte wohl Mancher im Schreiner vom Gestade den Heiland. –

      Wahnfred bewohnte längere Zeit das Haus des verjagten Feuerwart an der Trach. Sie nannten ihn den Hauptmann, sie krochen vor ihm, sie gaben ihm Feste und allerlei Ehren, aber sie thaten, was sie wollten. Sein Plan, scheinbar in ihre Absichten einzugehen, sie zu ordnen, um sie dann halten und leiten zu können, war mißlungen. Sie hörten seinen Reden zu, sie stellten sich seinen Anordnungen zurecht, um im nächsten Augenblicke wieder auseinanderzufahren, Jeder seinen Begierden und Leidenschaften nach. Sie waren Kinder ihrer Zeit, sie gaben sich mit allerlei Hocuspocus ab, trieben sogar Hexereien, die zumeist mißlangen; übten sich selbst in Teufelsbeschwörungen und Mancher ging mit der Einbildung um, der Böse sei sein Diener. Es war auch gar kein schlechter Einfall, dem Teufel gegen die Lieferung von irdischen Schätzen die Seele zu verschreiben, die ihm ohnehin verfallen war. Nebstbei hatten sie das Bedürfniß nach einem Könige und hohen Priester. Sie schworen dem Wahnfred, jeglichen Raubausfall zu unterlassen, um dann nach kurzer Zeit mit reichen Opfern ihn zu überraschen, die sie auf ihren neuen Raubzügen erbeutet hatten.

      Sie

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