Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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zu Erde kommt!

      Und wie nun heute Erlefried zum Fensterchen der Scheune hinauslugt, sieht er im Oberboden, wo Sela ihren Kleiderschrank hat, ein Licht. – Sie wacht noch? Sie sitzt da oben und bessert vielleicht ein Gewand aus und es wird ihr dabei die Weile lang. – Das Wasser des Grundes rieselt allerwege, da ist nichts Neues zu hören; des Himmels Sterne funkeln hell, es sind immerdar die alten. Auch dem Burschen wird die Weile lang. So will er zu ihr in die Dachkammer schleichen und bei ihr sitzen und ihr das Licht hüten, daß sie arbeiten kann. Und wenn sie dann vor dem Schlafengehen die Arme nach rückwärts hebt, um die Haarflechten zu lösen – denn sie schläft gern mit losem Haar – dann wird sie sich nicht wieder mit ihrer Hand die Lippen zudecken können.

      Erlefried schleicht – er sucht die Thür, er weiß, wie sie zu öffnen ist, er steigt leise die finstere Stiege hinauf, er steht an der Bodenkammer. Da klopft er anfangs und flüstert ihren Namen, daß sie nicht erschrecke.

      In demselben Augenblick ist drinnen ein Gepolter, und als er eintritt, ist es in der Kammer finster und leer; das Fenster ist offen und draußen eilt eine Gestalt davon.

      Der Dieb ist entwischt, aber die Schränke sind noch unversehrt und Erlefried steht da und weiß nicht recht, wie ihm ist. Diesmal hat er die Zeit des fallenden Thautropfens nicht wahrgenommen. Aber was bedeutet’s? Thau fällt ja täglich.

      Lange saß der Jüngling auf ihrem Schranke, dann als es ihm zu spät wurde, legte er sich darauf hin und fing zu schlafen an.

      Am anderen Tage war das Gedächtnis der Erhöhung des Kreuzes.

      Wer in diesen Bergen dachte daran oder wollte daran denken? Manche waren, die hätten das Bedürfniß nach religiösen Festlichkeiten gehabt; sie hatten ja vielleicht den Glauben, aber sie hatten die Hoffnung nicht. Im Hause des Bart ging es völlig umgekehrt; da hatte man nicht den Glauben an den Fluch, und daß er auch Unschuldige treffen müsse, aber man hatte die Hoffnung auf Gott und sein Reich. Der Bart ließ die Bewohner seines Hauses alle Feste begehen, er selbst beging keines mit; er für seine Person, das wußte er, er hatte Theil an dem Fluche.

      Zur Feier der Erhöhung des Kreuzes hatten die Leute des Barthauses gern eine Wallfahrt unternommen in den Tärn, zu jenem Kreuze hin, das mitten im Hochwaldschatten stand und so geheimnißvollen Ursprungs war. Dorthin waren sie betend gegangen, dort waren sie gekniet und hatten ihr Herz erhöht, und hatten der fernen Lebendigen gedacht und auch der Todten in den Gräbern, oder der im Feuer wimmernden Seelen. Hierauf hatten sie sich niedergesetzt auf das braune Moos, hatten ihr Wanderbrot verzehrt und waren dann still wieder zurückgezogen zu ihrer geborgenen Wohnung.

      So sollte sie auch heute gehen. Und schon früh, da die Baumgerippe der Tärnhöhen in die Morgenröthe hineinstarrten, stieg Sela zur Bodenkammer hinauf, um sich für den weiten Weg anzukleiden. Sie that einen Schrei, als sie den Schrank öffnen wollte und auf demselben einen Menschen liegen sah. Erlefried erwachte, sprang auf und wußte wieder nicht, wie ihm geschah.

      »Ich frage Dich, Erlefried,« redete ihn Sela ernsthaft an, »ich frage Dich, was Du da gemacht hast?«

      »Du wirst es besser gesehen haben, als ich selbst,« war seine Antwort, »ich habe geschlafen.«

      »Zum Schlafen hast Du Dein Heu.«

      »Das ist mir zu hart.«

      »Und auf der hölzernen Truhen, meinst, wäre es weicher?«

      »Es ist Deine Truhen,« sagte er trotzig.

      »Ich bedanke mich,« versetzte sie schneidig.

      »Hast Dich auch zu bedanken. Mußt wissen, Sela, heutzutage soll jeder Schrank ein lebendiges Schloß haben.«

      »Geh’ jetzt weg. Ich will mich ankleiden, ich gehe zum Kreuz im Wald.«

      »Ich gehe mit Dir.«

      »Ist mir lieber, Du bleibst daheim. Deine Frommheit auf dem Wallfahrtsweg, die kennt man.«

      »Da in der Nacht nicht einmal Dein Gewandschrank sicher steht, wird’s nicht von Übel sein, wenn ich mit Dir durch den Wald gehe. Auf die Frommheit kommt’s da nicht an.«

      »Narr’ Dich nicht auf, Erlefried,« sagte das Mädchen und legte die Hand auf seine Achsel und blickte ihm innig ins Auge, »Du meinst mir’s gut, ich erkenne es, und ich möchte nicht gern in den Tärn gehen ohne Dich.«

      Da war’s den Beiden gut, da war’s ihnen sehr gut. Und Erlefried zog rasch sein Sonntagsgewand an und band sich das hellste und bunteste seiner Halstücher um; heute wollte er auch von außen leuchten, wie es in seiner Seele leuchtete – er ging mit dem lieben Mädchen.

      Ihr Weg führte sie anfangs durch grünes, frisches Buchengehege, wo in allen Zweigen Leben war. Die übrigen paar Leute aus dem Barthause, die auch gingen, hatten sich abgesondert, sie kannten nichts Langweiligeres, als mit diesen zwei jungen Menschen zu sein; sie dachten: Vögel mit gleichen Federn fliegen gern miteinander, was geht das uns an! – sie ließen sie ziehen.

      Nun sie ganz allein dahinwandelten in der herbstlichen Morgenkühle, sagte Sela: »Erlefried, ich gehe nur mit Dir, wenn Du Frieden giebst und mir unterwegs wieder Geschichten erzählst.«

      »Geschichten von der schönen Welt?« fragte er.

      »Es mag auch vom Himmel sein.«

      »Kennst Du die von den zwei Säemännern? So los’. Im Himmel droben gehen fort und fort zwei Säemänner um, der Eine säet Segen auf die Welt herab, der Andere Fluch.«

      »Mir scheint, daß der Erste nicht gar zu fleißig ist,« meinte das Mädchen.

      »Ei, fleißig wäre er schon, aber der Same wird ihm fort zu wenig, weil er so viel schlechte Ernte hält, mußt Du wissen. Hingegen der Fluch, der geht allemal hundertfältig auf, so kann auch wieder reicher gesäet werden.«

      »Das ist traurig,« sagte Sela.

      »Man kann’s auch lustig machen,« belehrte der Bursche; »das Gute, das vom Himmel fällt, man nimmt’s auf und läßt’s wachsen. Wir zwei wollen es auch so halten, gelt, Sela!«

      Dagegen könne man nichts einwenden, war ihre Antwort.

      Nun schritten sie eine Weile fast still nebeneinander hin. Insgeheim lugte er oftmals auf das Mädchen, wie es doch gar zu schön geworden sein. – Auf ihrem runden Gesichtchen lag das zarte Roth, »und in diesem Rosengärtlein standen zwei Violen«. Ihr lichtes Haar ging am Nacken nieder in zwei Ketten »wie der Fischer seine Angelschnur senkt«, und daran hing untrennbar des Burschen Lieb’ und Verlangen. Beide, die da gingen im Buchenwald, waren jung erwachsen, Beide wurden unruhig, wenn sich ihre Augen begegneten!

      Glücklich fügte es sich, daß der dichte Laubwald zu Ende ging und das dürre kahle Bestände des Tärn begann, da mußte Sela ihre Haarketten um das Haupt winden, daß dieselben nicht hängen blieben am starren Gezweige. Auf dem Boden knisterte bei jedem Schritte das Reisig und die Sonne stieg immer höher und der Schatten des Tärn war wie ein dünner, zerrissener Schleier. Als Erlefried auf einem Anger eine blasse Herbstzeitlose stehen sah, fragte er Sela, ob sie wisse, warum diese Pflanze giftig sei? Sie wußte es nicht. »Nun,« erklärte er, »weil sie die Zeit versäumt hat, und alte Mädchen giften sich.«

      »Das mußt Du freilich wissen,« spottete sie.

      Endlich kamen sie zu einer kleinen Gruppe

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