Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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sagst wieder Du meine Gedanken.«

      »Ist recht, so einigen wir uns leicht. Du machst Dich über die Meine und ich thue Dir denselben Gefallen.«

      »Es gilt!« rief der Tropper und brach in der ersten Begeisterung für das Unternehmen einen Haselstock.

      »Geh’ weg,« sagte der Sandhock, »der ist viel zu klein. Laß Zeit, ich will Dir schon einen herrichten.«

      »Was die Deine angeht, Sandhock, so schaff’ nur an; sollst mit mir zufrieden sein. Für die Meinige suche ich Dir keinen allzugroßen, hingegen zwei zähe aus der Dornhecke. Wird besser sein, Sandhock, ist besser!«

      Da waren sie im Walde verschwunden.

      Am darauffolgenden Abende soll man in den Häusern des Sandhock und des Tropper ein arges Geschrei gehört haben. Ins eine wie ins andere Haus war in Abwesenheit des Hausvaters ein geschwärzter Mann eingebrochen. Und als er wieder davon war und nach einiger Zeit der Gatte nach Hause kam, fand er sein liebes Weib in einem Winkel kauern, nicht keifend und scheltend, sondern herzlich weinend.

      Dem Gatten war wohl ums Herz, daß er sein Weib wieder sah.

      Nach diesem Bildchen aus dem ehelichen Leben zu Trawies ist noch zu erzählen, wie von nun an der Sandhock und der Tropper unfreiwillig aneinander gefesselt waren. Einer suchte den Anderen auszubeuten und wollte sich dieser Andere auflehnen, so wurde ihm sogleich mit der Anzeige gedroht. Vor dieser Anzeige bei der Ehegesponsin zitterte Jeder, aber sie einigten sich doch immer wieder im Frieden, und sinnig sagte einmal der Tropper:

      »Schau, Nachbar, Jeder von uns ist ein Erzengel Michael und hält den höllischen Drachen des Anderen an der Kette. Hältst Du fest, so halte ich auch fest; last Du aus, so lasse ich auch aus.«

      Beide wandelten heimlich grauend ihrer Wege. –

      Manches Ehepaar hielt sich durch das Sacrament der Ehe nicht mehr für gebunden und konnte doch nicht voneinander lassen. Manche Gatten neckten sich, peinigten sich bis zum Hasse. Der Man verließ die Frau mit dem Wunsche, daß sie ohne ihn verderben solle; die Frau that ihm ein Gleiches. Und sie gingen nach kurzer Trennung doch immer wieder zusammen. Am Mießlingbach wohnte ein Mann mit einem jungen Weib und mit einem Zipperlein. Das Weib wollte fort von ihm und einem jungen Jäger zu. Der Gatte ließ sie nicht, suchte aber mit teuflischer Bosheit und Lüsternheit eine Gelegenheit herbeizuführen, um sein Weib in den Armen des Geliebten unbemerkt zu beobachten, um sie dann später zur Verantwortung zu ziehen, sich an ihrem Leugnen zu ergötzen und sie dann mit Beweisen niederzuschmettern. Ersteres gelang ihm leicht, bei Letzterem wurde er zu Schaden, denn sie leugnete nicht einen Augenblick.

      »Verstoß mich jetzt!« rief sie dann.

      »Jetzt gefällst mir erst!« grinste der Alte, sperrte sie in seine Hütte und hielt sie eingeschlossen, bis ihr alle Lust von den Knochen gezehrt war. –

      Ein anderer Ehemann lebte im Orte Trawies. Der hatte ein Weib, das immer hinter dem Herde saß und weinte. Oft fragte er sie nach dem Grunde ihrer Thränen, sie gab ihm keine Antwort und schluchzte, wenn sie ihn ansah, noch lebhafter. Er war keiner der Harten und Rohen, und immer wieder fragte er sie mit Sanftmuth, was sie drücke. So gestand sie ihm endlich, daß sie vom Teufel besessen sein müsse, weil sie, seit sie dem jungen Hirten Robin ins brennende Auge geschaut, Tag und Nacht vom jungen Hirten Robin träume!

      Der Ehemann meinte, das finde er eben nicht so schlimm, da wäre sie nur vom jungen Hirten Robin besessen. Wenn sie den Robin gern habe, so könne er, der Ehemann, dagegen nichts machen; – sie möge nur zum Hirten gehen und bei ihm sein.

      Jetzt fiel das Weib über den Ehemann her: Wenn er ihr ein solches Wort sagen könne, so sehe sie, er sei ihrer überdrüssig. Sie sei die unglücklichste Person auf der Welt.

      Und weinte noch heftiger.

      Er wollte sich rechtfertigen. Er versicherte ihr, daß es ihm nicht um sich, sondern nur um sie zu thun wäre, und wie sie überzeugt sein müsse, daß er ihr bisher alle Wünsche zu erfüllen getrachtet habe, so wolle auch diesem nicht im Wege sein. Sie möge mit gutem Gewissen zum Hirten Robin gehen, bei ihm bleiben, so lang’s ihr Herz begehrt und dann ganz ruhig wieder in sein Haus zurückkehren.

      Sie aber rief immer, ihr Mann liebe sie nicht, von einem Ehemann forderte sie die gehörige Eifersucht, und wo sie die nicht finde, da gehe sie ihres Weges.

      Und ging zum jungen Hirten Robin. Sie blieb bei ihm eine Zeit, die so lange war, als es vom Vollmond auf den Neumond währt. Dann kam sie wieder zurück, war ihrem Eheherrn ergeben und weinte nicht mehr. –

      Ganz abseits von Allem, in einer vielgliederigen Felsenschlucht, die kaum zugänglich war, hoch an der Wand des Torfsteins, der gegen Morgen schaut und weithin schimmert, hatte Roderich, genannt der Stromer, seine Burg aufgeschlagen.

      Roderich war der Stillsten und Gierigsten Einer und hatte das Beste und Feinste, was zu Trawies noch auffindbar gewesen, um sich versammelt. An Früchten, Brot, Fett und Branntwein litt er keinen Mangel; gedunsene Ballen von Schafwolle, Garnsträhnen, Lodentuch und Leder füllten die seltsamen Räumlichkeiten seiner Wohnung.

      Oft kauerte er in der Steinnische, die am Eingange seiner Höhle war, und blickte beseligt über die blauen Höhen hin, wo die Sonne aufging, faltete über das Knie seine dürren Hände und murmelte in dankbarer Rührung: »So gut, wie jetzt, ist es mir noch nie ergangen.«

      Dann zog er sich zurück, kroch in finsteren Stollen an seinen Vorräthen vorbei, immer tiefer hinein, bis er zur Stelle kam, wo ihm der trübe Schein eines Talglichtes entgegenschimmerte. Die Luft war dumpfig und schwer. Endlich weitete sich der Raum ein wenig und dort war des Stromers Talismann.

      Die Höhle war an den Wänden ausgeschlagen mit Moos und Häuten; auf dem Boden waren Lodenteppiche gebreitet; manches handsame Hausgeräthe fand sich aufgestellt, so auch ein niedliches Tischchen mit Heiligenbildchen und der Talgkerze. An einer Ecke war ein mit Sorgfalt aus schneeweißer Wolle bereitetes Lager, und auf demselben ruhte ein Mädchen von großer Schönheit. Sie schien erst der Kindheit entwachsen zu sein und war wohl blässer, als es das trübrothe Licht gestehen wollte. Ihre Augen waren groß und braun wie zwei reifende Kirschen. Es war ein Glanz in ihnen, der eine unheimliche Gluth verrieth. Roderich wähnte, es wäre die Gluth begehrender Liebe und er verwies das Mädchen mehrmals des Tages auf die Askese der Heiligen, deren Bildnisse er ihr in den alten Häusern von Trawies zusammengestohlen hatte.

      Der über die Welt jetzt geschleuderte Fluch, sagte er dem Mädchen, sei nur durch ein enthaltsames Eremitenleben lahm zu legen, und er, der alte Roderich, wolle ihr guter, wachsamer Vater sein.

      Freilich war es wohl dem alten Roderich zu danken, daß der schönen Jungfrau in dieser Höhle Askese gepredigt wurde.

      Nun lag sie ganz unbeweglich da und verbarg ihr Angesicht in dem Winkel des nackten Ellbogens; hätte im weißen Arm der Puls nicht leise gezuckt, Roderich müßte sie für todt gehalten haben.

      Aber er wußte gut genug, daß sie lebte. Mit großer Behutsamkeit nahte er ihr, und indem er sein Gesicht abwandte, als fürchte er einen Schlag von ihrer Hand oder ein Dreinfahren von ihren Fingern, tastete er nach ihren goldfarbigen Haaren. Dieselben waren in kurzen Strähnen und ungleich geschnitten, sie hingen wie getödtete Schlangen über den weißen Nacken herab.

      »Gut,« murmelte er, »gut, Bertha, mein Herz, es giebt sich bald wieder. Morgen schneiden wir.«

      Jetzt schoß das Mädchen empor und suchte den Roderich mit beiden Händen von sich zu stoßen.

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