Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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das Gespräch der Beiden. Bald war der Beladene verschwunden und es waren auch die beiden Lungerer verschwunden. –

      Noch immer bereitete der Tärn über alles seine grüne Decke. Sein Bestände war scheinbar fruchtbarer als je und mancher Wipfel brach nieder von der Last der Zapfen. Sehr viele Spechte waren zu sehen, die in dem faulenden Holze emsig umherpickzem; sie fanden der Nahrung übergenug ...

      Da kam die Zeit mit einer außerordentlichen Erscheinungen. Die Witterung war mild und feucht, aber viele und viele Bäume im Tärn, jung und mächtig sonst, trieben keine Keime, keine Blüthenkätzchen, und die spröden Zapfen aus dem Vorjahr blieben an den Zweigen hängen. Der Bart schüttelte wieder den Kopf. Aus dem dunklen Grün dieser Bäume war ein mattes Braun geworden und im Hochsommer rieselten die Nadeln nieder auf den Boden.

      Der Bart, dessen Haus ja nicht weit vom Walde stand und der im Walde versteckt seine Äcker hatte, untersuchte manchen Stamm. In den Rinden, in den Bastschichten, im Splint und im Kernholz waren die schrecklichen Schriftzeichen, die unzähligen Canälchen des Borkenkäfers, das »mene tekel« des Tärn.

      Das fließende Harz des grünen Holzes hatte die kleinen Ungeheuer nicht erstickt.

      »Der Wald ist hin,« sagte der Bart zu Erlefried. »Es ist wahrhaftig, als wie wenn der Fluch nichts wollte verschonen. Mir ist angst und bang.«

      Erlefried hielt seine Antwort an sich. Er war doch auch im Flammenring, wie sie das umstrickte Trawies nannten, aber er spürte nichts an sich von einem Fluche. Ihm war so frisch und freudig. Die holde Sela durfte er anschauen jeden Tag. Wohl zog’s ihn näher zu ihr, als auf dem Felde zwei Halme nebeneinanderstehen können, aber der Bart und sein Weib hüteten insgeheim die jungen Herzen.

      Zu einer anderen Zeit hätte das Hinsiechen des weiten, herrlichen Waldes in Trawies eine große Aufregung verursachen müssen, aber jetzt kehrte man sich nicht viel daran und Manche hielten es für selbstverständlich, daß´Alles zugrunde gehe.

      Zu Ende des Sommers stand stellenweise fast jeder dritte Baum ohne Nadeln da und reckte sein kahles, verkrüppeltes Gezweige gegen Himmel: die Rinden waren wulstig und zerrissen und hingen stellenweise in Fetzen. Ein starker Harzduft wehte und endlich schien wieder einmal die sonne auf den Erdengrund des Tärn. Die Grünspechte und Kreuzschnäbel, die Amseln, Häher und Sperlinge schossen planlos umher, die Wildhühner, Eulen und Fledermäuse flatterten heimatlos geworden im dorrenden Reisig auf und nieder.

      Und als die Sonne wieder höher stieg, flog der Borkenkäfer in unendlichen Schwärmen durch das Gestämme, um sich in noch frischem Holze neue Nester für seine Brut zu bauen. Entlegene Theile der Waldung waren bisher noch verschont geblieben, sie wären vielleicht durch Gräben und Feuerdämme zu retten gewesen; nun drang die Pest auch dahin und die Bäume huben an zu vertrocknen.

      Der Bart war ob solcher Verwüstung bisweilen wie wahnsinnig. Jetzt fühlte er erst, wie sehr er den Wald geliebt hatte. In seiner Wuth machte er Jagd nach einzelnen Käfern und zerstampfte sie mit den Füßen. Dann, als er sah, daß der Wald verloren war, wollte er in die dürren Bestände Feuer schleudern. So hat auch diesen sonst so besonnenen Mann, zwar nur vorübergehend, der Wahnsinnsteufel erfaßt, der eine Folge des Fluchst war, weil man an den Fluch geglaubt.

      Auf dem Boden lag eine dichte Schicht von dürrem Genadel, in welcher allerlei Fußtritte zu verspüren waren, die man sonst in diesem Walde kaum vermuthet hätte.

      Und endlich, wann man auf der Freiwildhöhe stand und hinblickte über den unabsehbaren Wald, da sah man ein mattgraues Meer. Das war der todte Tärn.

      All die Häuser dieser Gegend waren von den urkräftigen Stämmen des Waldes gebaut worden, dieses Waldes, der jetzt in Todtenblässe dalag. An »Wurmtrockniß«, sagte man, sei er gestorben. Der Bart schlug vor, daß man in allen Mulden Kohlenstätten anlege; man lachte ihm ins Gesicht. »Was brauchen wir Kohlen, wenn wir keine Schmieden haben!« Sie hatten recht. Der Weg ins Land hinaus war gebrochen.

      Nun begannen die Brunnen zu versiegen und in den Schluchten und Bachbetten grinsten die trockenen Steine.

      Als so die Hülle des Waldes gefallen war, da huschte und lief und floh das schattenlos gewordene Gesindel, wie unter einem Stein, den man emporhebt, die Käferbrut.

      Manche Rauchfahne war sonst emporgeweht über den Bäumen, nun war auch das Feuer bloßgelegt, und alles, was um dieses lag, kroch und lungerte zwischen den dürren Stämmen. Man sah die elenden Hütten und Höhlen, angefüllt mit Raub aller art. Man sah die hier im Überfluß schwelgenden, da in Noth, dort in Neid sich verzehrenden hohläugigen Gestalten. –

      Dem Erzähler dieser Ereignisse ist von einem gütigen Geschicke der Pinsel versagt worden, um das Laster zu malen. Aber andeuten muß er, was hier aufgedeckt, nachdem die Hülle des Waldes abgefallen und alles Häßliche und Abscheuliche, so aus wilder Menschenbrust entspringen kann, in das Sonnenlicht gerückt war. Mord und Todtschlag waren nicht die äußersten Auswüchse der Zuchtlosigkeit. Der Gesetzlosigkeit entsprang rasch das Faustrecht, dem Faustrechte die Blutrache. Und immer in denselben alten Kreisen des Verbrechens drehten sich die gar bald stumpf und blöde gewordenen Gesellen. Ein Begabter hätte hier mühelos Außerordentliches vollführen können, freilich nur zum Schlechten.

      Von Nachbarlichkeit, Brüderlichkeit oder gar ehelicher Gemeinschaft nach alter Art war kaum ein Rest noch in Trawies. Die Leute verbanden sich, wie es der Zufall heischte, oder wie sie sich brauchten. Die Älteren, durch Gewohnheit Gebundenen schleppten sich wohl oder weh auf langbetretenem Pfade dahin. –

      In Sachen der Ehe hieß es wieder: Nimm das Weib, so wirst Du sie los. Die alten Vetteln und Hausdrachen waren hier nicht fürchterlicher als anderswo.

      Selbstverständlich waren sogar in »guten Ehen« solche ehrenwerthe Ehefrauen nicht damit zufrieden, daß das Hauswesen nach ihrem Willen ging, sie wollten auch noch, daß der Mann ihnen hierin widerspräche, Nichts kann bekanntlich ein böses Weib in größere Wuth bringen, als ein sanftmüthiger Mann. Bäumt sich dieser aber einmal auf, dann bricht, wenn’s milde abgeht, das Geheul los, das Gewimmer über Tyrannei und Unrecht. Insgeheim ist der trauten Gesponsin ein solches Gebaren gar willkommen, hat sie doch nun wieder neuen Anlauf, der Hausteufel zu sein.

      Der Mann weiß, daß der Ehefrieden bei Beiden steht, und daß – es mag Eins sein, wie es will – das Andere doch Anlaß finden kann, den Frieden zu brechen. Das weiß er, meidet sein Haus, wird ein Lungerer, wird ein Lump.

      In Trawies waren das noch die besten Ehen; nur Wenige führten sie, darunter die beiden Alten, der Tropper und der Sandhock.

      »Es ist dreidoppelt erlogen,« sagte der Tropper gern, »daß bei uns zu Trawies das Kreuz nimmer steht. In meinem Hause hab’ ich ein viel größeres, als vorweg allzeit.«

      »Alter Schragen,« rief ihm einmal der Sandhock zu, »Du sagst meine Gedanken.«

      Und als die Beiden hierauf einen einschichtigen Weg im dürren Tärn wandelten, sagte der Sandhock: »Ich möchte mir gern einen Spaß machen, Nachbar; aber um’s baare Geld kostet er mir zu viel. Etwand meinst auch Du so?«

      »Wie so?«

      »Daß wir zwei uns einen Gegendienst machen kunnten.«

      »Wenn’s was Rechtes ist, wesweg nicht?«

      »Rechtes ist’s schon was, aber halt eben auch was Gefährliches.«

      »Schreckt mich nicht ab.«

      »Wenn ich,« meinte der Sandhock, »wenn ich mein Weib selber salbe, so

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