Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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      Diese Äußerung hat mir eine ruhelose Nacht gekostet.

      Ich habe mein Herz erforscht und wahrhaftig einen Wunsch in demselben gefunden, der weit über die Winkelwälder hinausgeht.

      Aber mit Gut und Geld ist er nicht zu erfüllen. Sie ist vermählt...

      Was lästerst du, Andreas? Dein Wunsch ist ja erfüllt. Sie ist glücklich.

      Am 24. des Lenzmonats 1831

      Heute haben sie in den Lautergräben den Sturmhans von der Wolfsgrubenhöhe tot gefunden. Es ist an der Leiche der Bart versengt. Die Leute sagen, eine blaue Flamme, die aus dem Mund hervorgestiegen, habe ihn getötet. Sie erklären es sich so: der Sturmhans habe sehr viel Wacholderbranntwein getrunken, habe sich dann etwan eine Pfeife anzünden wollen, und anstatt des Tabaks habe der Atem Feuer gefangen und dem Manne die Seele herausgebrannt.

      Gut zur Hälfte wird das wohl richtig sein.

      Am l. April 1831

      Heute ist mir meine Erbschaft behördlich zugewiesen worden.

      Sie besteht aus drei Groschen und einem Brief von der Muhme-Lies.

      Der Brief liegt bei:

      »Lieber Andreas!

      Ich bin alt und krank und hilflos. Du bist, Gott weiß wo, im Gebirge. In meiner Krankheit denke ich über alles nach. Ich habe Dir wohl Unrecht getan und bitte Dich um Verzeihung. Dieses Geld drückt mich am meisten, es ist Dein Patengeschenk; Du hast es seiner Tage für Deinen Vater in den Himmel schicken wollen. Ich habe es Dir damals genommen. Nimm das Andenken zurück, Andreas, und verzeihe mir. Ich will ja ruhig sterben. Gott segne Dich, und eines muß ich Dir noch sagen: Wenn Du im Gebirge bist, so gehe nicht mehr zurück. Alles ist eitel. In guten Tagen sind mir meine Freunde getreu gewesen; jetzt lassen sie mich in der Armut sterben.

      Ich küsse Dich viel tausendmal, mein lieber, einziger Blutsverwandter. Wenn mich Gott in den Himmel nimmt, so will ich Deine Eltern grüßen.

      Deine bis in den Tod liebende Muhme Elise.«

      Fronleichnam 1831

      Seit drei Jahren schon sammeln wir Geld für einen Traghimmel. Aber wir Winkelsteger können uns den Himmel nicht kaufen. Wir müssen uns selber einen machen.

      Der alte Schwammelfuchs hat aus grünenden Birkensträußchen ein tragbares Zelt gebaut, auf daß wir zu diesem Feste das Hochwürdigste nach gebührender Weise aus der Kirche in das Freie tragen können.

      Das ist ein feierlicher Umgang gewesen im Sonnenschein. Und die Leute, von dem harten Winter endlich befreit, haben hellen Lobgesang gesungen. Im Walde haben wir geruht, und der Pfarrer hat mit dem Heiligsten den Segen gegeben nach allen vier Gegenden des Himmels hin.

      Es ist noch nicht erhört worden, daß mitten im Gottesdienst ein weltlicher Mensch so seine Stimme hätt' erhoben. Der alte Rüpel hat's getan, voll Seele, wie in seinen besten Zeiten, und das ist sein Fronleichnamsspruch gewesen:

      »Klinget alle Glöckelein, singet alle Vögelein; der große Gott kommt aus himmlischen Türen, geht im grünen Wald spazieren. Er rastet süß auf dem grünen Rasen, wo die Hirschlein und Rehlein grasen. Er sagt sein erstes, mächtiges Wort, da steigen alle Blümlein aus der Erden hervor. Er spricht sein zweites mit hellem Schall, das weckt jeglich Samenkorn im Tal. Und ruft er sein drittes Wort, da müssen die Donner schweigen und die Blitze sich neigen, und vor seinem Hauch sind die bösen Schloßen in Wasser zerflossen. Oh, dir sei Preis und Ehr, du großmächtiger Herr! Und wirst du einstmals dein letztes Wort sprechen, so werden die Berge beben und die Felsen brechen; werden die Himmel krachen, werden die Toten erwachen; wird das Feuer die Welt vernichten. Zu dieser lieblichen Stund' im grünen Wald sei gebeten, o Gott in Brotesgestalt: tu uns gnädiglich richten!«

      Der alte Mann weiß immer noch ans Herz zu stoßen mit seinen Worten. Erschüttert und gehoben sind wir, besonders der Pfarrer und ich, wieder zurückgekehrt zur Kirche. Und das grüne Birkengezelt mit den weißen Tragsäulen wird über dem Altare stehen, bis seine tausend Blätterherzen werden verwelkt sein.

       Endlich ist die Antwort wegen der Grundablösung in unserem Pfarrhofe eingelangt.

      Der Gutsherr gibt dem Pfarrer zu verstehen, er möge sich als gewissenhafter Seelsorger, der er sei, nicht auch noch weltliche Sorgen aufbürden.

      Des weiteren steht nichts zu lesen.

      Von einem sterbenden Waldsohn

      im Winter 1831

       Inhaltsverzeichnis

      Wer hätte das vorzeiten von dem Einsiedler im Felsentale gedacht! Die Tatlosigkeit nach dem bewegten Leben, die Abgeschiedenheit von den Menschen hätte ihn zum Narren machen können!

      Es ist wunderbar gekommen. Nur die großen Sorgen und kleinen Leiden eines Waldpfarrers und der einförmige und doch so vielseitige und vielbedeutende Zustand einer Waldgemeinde in der Ursprünglichkeit und Abgeschlossenheit ist das Recht für ihn, das ihn gerettet hat.

      Nun hat er sich hineingelebt in die Verhältnisse, kennt jedes seiner Pfarrkinder inwendig wie auswendig und leitet es mit seinen Beispielen.

      Es wütet jetzt eine böse Seuche in den Winkelwäldern; es wird uns der Friedhof zu klein, und wir können schier die Totengräber nicht auftreiben; die kräftigsten Männer liegen auf dem Krankenbette.

      Der Pfarrer ist Tag und Nacht nicht daheim, sitzt in den entlegensten Hütten bei den Kranken, sorgt für Seelentrost und auch für leiblich Wohl, hat ihm gleichwohl der Freiherr geraten, sich nicht mit weltlichen Dingen zu befassen.

      Letztlich, da er doch einmal daheim in seinem warmen Bett schläft, klopft es jählings ans Fenster.

      »'s ist eine rechte Grobheit, Herr Pfarrer!« ruft es draußen in der pechfinsteren Nacht. »Ein Versehgang ist in die Lautergräben hinüber. Wir wissen uns nicht zu helfen. Steht uns bei; mein Bruder will versterben!«

      »Wer ist denn draußen?« fragt der Pfarrer.

      »Die Anna Maria Holzer bin ich. Der Bartelmei will uns verlassen.«

      »Ich komme«, sagt der Pfarrer, »wecket nur auch den Schulmeister, daß er die Laterne und das Heiligste bereite. Das Läuten soll er lassen, es schläft ja alles.«

      Das Weib hat mich aber doch gebeten, daß ich die Zügenglocke läute, auf daß auch andere Leute für den Sterbenden beten möchten. Und als der Pfarrer danach zwischen den Häusern hingeht und das Weib mit Laterne und Glöcklein vorauswandelt, knien an den Haustüren schlaftrunkene Menschen und beten.

      Es ist eine stürmische Winternacht; der Wind saust über die Lehnen und pfeift durch das kahle, gefrorene Geäste der Bäume. Schneestaub wirbelt heran und verlegt den Weg und stiebt in alle Falten der Kleider.

      Das Weib eilt mit Hast voran und die roten Scheintafeln der Laternen zucken auf dem Schneegrunde hin und her und das Glöcklein schrillt unablässig, aber die Töne verklingen im Sturmwind, und die Menschen des Dörfleins sind wieder zur Ruhe gegangen, und auch ich bin, nachdem ich den zweien eine Weile nachgeblickt, in meine Stube zurückgekehrt.

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