Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 54

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

      Nach einer Weile schlägt er die Augen auf und sagt mit matter Stimme: »Bin ich kindisch gewesen, Schwester? Ein b'sunderlicher Traum! Es steigt mir das Geblüt so auf. Ich verspür's, lang' wirds nimmer dauern; es kommt mir schon zum Herzen. – Ich muß euch behüt' Gott sagen, allen miteinander. Hab' auf deine Kinder acht, Schwester, daß sie dir nicht in den Wald laufen mit der Buchs. – Für die Truhen ist der Ehrenwald schon bezahlt. – Und tut mich fleißig waschen; will nicht als der kohlschwarze Ruß-Bartelmei in den Himmel eingehen.«

      Als das Morgenrot durch die Fensterlein schimmert, ist der Mann tot. Sie ziehen ihm sein Sonntagsgewand an und legen ihn auf das Brett. Seiner Schwester Kinder besprengen ihn mit Wasser des Waldes.

      Gestern haben wir ihn begraben.

      Zur Faschingszeit 1832

      Das geht toll zu. Das ganze Grassteigerhaus wollen sie umkehren; über den Kirchplatz johlen sie hin und treiben Unfug.

      Im Pfarrhofe liegt ein Bauernknecht, dem haben sie den Kinnbacken zerschmettert.

      Faschingsonntag ist das. An die Seuche wird nicht gedacht. In das Wirtshaus kommen sie zusammen und trinken Branntwein; sie sind heiter und lachen und necken sich. Es röten sich die Gesichter, da will jeder sticheln und spotten, aber keiner mehr geneckt sein. Eines krummen Wortes, eines scheelen Blickes, oder auch eines Mägdleins wegen entsteht ein Streit. Es setzt Backenstreiche mit flacher Hand – das ist zu wenig; sie schlagen mit den Fäusten drein – ist auch zu wenig; sie brechen Stuhlfüße, schwingen sie mit beiden Armen wütend, lassen sie niedersausen auf die Köpfe. Das ist genug. Streckt sich einer auf den Boden. Die Unterhaltung ist aus.

      »Seid gescheit, Leutchen«, hab' ich beim Grassteiger unten einmal gesagt, »wollt ihr an den Ruhetagen so wüst sein, so weicht der Segen von euerer Arbeit, und es kommt noch eine böse Zeit über Winkelsteg.«

      Da tut sich ein Meisterknecht aus dem Schneetale hervor: »Weil wir Wildlinge sind, desweg bleiben wir arme Teufel! Glaub's schon auch. Recht hat er, der Schulmeister; gerauft wird nimmer, und ich sag' dir's, Grassteigerwirt, wenn noch einmal ein Raufhandel geschieht in deinem Haus, so komm' ich mit einem Zaunstecken und klieb' euch allen die Schädel auseinand!«

      Es steckt einmal so in den Leuten. Nur daß bei solchen Händeln der Lazarus nicht mittut, das ist mein Trost. Sie wollen wohl mit ihm anhäkeln, aber da macht er sich aus dem Staub. Es zuckt zuweilen in ihm, aber er dämpft es wacker nieder. Er ist ein Mann durch und durch. Auch ist die Juliane ein Schutzengel und hilft ihm getreulich, daß er sich beherrsche.

      Der Förster hat den Lazarus wollen auf das flache Land hinausbefördern; wenn einer einmal ein so seltsames Geschick habe wie dieser junge Mensch, meint er, so müsse auch ganz was Besonderes aus ihm werden. Aber der Lazarus will nicht fort vom Wald. Er wird ein braver Mann, und zu etwas Besserem könnte er es auch draußen nicht bringen, und wollt' ihn gleich Kaiser und König an seinen Thron setzen.

      Ein gutes Zeichen ist, daß er keinen Branntwein trinkt. Der Branntwein ist Öl ins Feuer und so geschehen die bösen Händel.

      Wir Gemeindehäupter trinken nie einen Tropfen davon. Nun, um so mehr bleibt für die anderen

      Der Pfarrer hat schon mehrmals scharf vor diesen Getränken gewarnt. Letztlich hat er in seinem Zorn den Branntwein einen Höllenbrunnen, ein Gift für Leib und Seele, und die Branntweinbrenner und Schenker mit heller Stimme Giftmischer geheißen.

      Der alte Grassteiger hat an seiner Nase hinabgelugt, und nicht lange danach hat er bekanntwerden lassen, daß bei ihm frischer Obstmost angekommen sei.

      Der Kranabethannes aber hat es so glatt nicht abgehen lassen. Mit einem größeren Stock, als er sonst gewöhnlich bei sich trägt, ist er vor zwei Tagen im Pfarrhofe erschienen.

      Er klopft an die Tür; und selbst als der Pfarrer schon zweimal vernehmlich »Herein!« ruft, klopft er noch ein drittes Mal. Schwerhörig ist er nicht; er will nur zeigen, daß, wenngleich ein Waldteufel, er bei den Herren doch Schick und Anstand zu halten weiß und wäre es auch vor seinem Feind, den er heute niederschmettern will.

      Endlich in der Stube, bleibt er eng an der Tür stehen, preßt die Hutkrempe in die Faust und murmelt in seinen fahlen Stoppelbart: »Hätt' ein Wörtel zu reden mit dem Herrn Pfarrer.«

      Der Pfarrer bietet ihm freundlich einen Stuhl.

      »Hätt' ein kleines Anliegen«, sagt der Mann und bleibt auf seinem Flecke stehen, »bin der Branntweinbrenner vom Miesenbachwald, ein armer Teufel, der sich seinen Brotgroschen hart muß erwerben. Arbeiten mag ich gern, solang mir altem Manne Gott das Leben noch schenkt, wiewohl mich die Leute schon niederdrücken möchten und mir die Kundschaften abzwicken.«

      »Setzet Euch«, sagt der Pfarrer, »Ihr seid erhitzt, seid etwan recht gelaufen?«

      »Gar nicht. Hübsch stad bin ich gegangen und hab' unterwegs gedacht bei mir selber, daß keine Gerechtigkeit mehr ist auf der Welt, und bei keinem Menschen mehr – bei gar keinem, er mag noch so heilig ausschauen. Was ist denn das für ein Pfarrer, der einem armen Familienvater seiner Gemeinde das letzt' Stückel Brot aus der Hand schlägt? – Ist und trägt schon die ehrlich' Arbeit nichts, recht, so muß einer halt stehlen, rauben; wird wohl besser sein, als wenn ein Armer, Abgematteter so ein Tröpfel Branntwein in den Mund tut; – ist ja der Höllbrunnen das!«

      Der Mann schnauft sich aus; der Pfarrer schweigt; er weiß, daß er den Sturm vertoben lassen muß, will er bei ruhigem Wetter säen.

      »Und wer den Höllbrunnen braut«, fährt der Mann fort, »der muß wohl mit dem Teufel bekannt sein. Die Leut' schauen mich auch richtig für so einen an. Sollen recht haben. Aber wenn ich schlecht bin, aus mir selber bin ich's nicht. Und wer mir mein Geschäft verdorben, der wird wohl anderweitig für mich sorgen, Herr Pfarrer, umsonst bin ich nicht da!«

      Der Branntweiner vergißt ganz seine gewohnte Geschmeidigkeit und nimmt schier eine bedrohliche Stellung an.

      »Wenn Ihr der Branntweiner vom Miesenbachwald seid«, sagt der Pfarrer in seiner Gelassenheit, »so freut es mich, daß ich Euch sehe. Da Ihr so selten nach Winkelsteg herauskommt, so habe ich schon zu Euch gehen wollen. Wir müssen miteinander reden. Ihr gebt den Winkelwäldlern keinen Branntwein mehr, da seid Ihr ein Ehrenmann, ein großer Wohltäter der Gemeinde. Ich danke Euch, Freund! –- Und auch Euere Umsicht ist sehr zu loben. Es ist doch wahr, daß Ihr jetzt mit den Kräutern und Harzen und Wurzeln Arzneien, Öle und kostbaren Balsam bereitet und draußen im Lande dafür Abzugsquellen suchet? Ich gehe Euch nach meinen Kräften und Erfahrungen gerne dabei an die Hand. Ei, gewiß, das ist ein guter Griff, den Ihr gemacht habt, und in wenig Jahren seid Ihr ein wohlhabender Mann.«

      Da weiß der Branntweiner gar nicht, wie ihm geschieht. Er hat gar keinen Griff gemacht, hat niemals an Balsam- und Ölerzeugung gedacht; aber die Sache kommt ihm auf der Stelle so vernünftig und faßlich vor, daß er dem Pfarrer nicht widerspricht und schmunzelnd als angehender Balsamerzeuger den Kopf wiegt.

      »Und solltet Ihr, lieber Freund, vorläufig etwas für Weib und Kind benötigen – mein Gott, zu Anfang behilft man sich, wie man kann – so mag ich gerne, gerne mit einer Kleinigkeit dienen. Ich bitt' Euch recht, mich ganz als Euren Freund zu kennen!«

      Der Hannes hat ein unverständliches Wort gebrummt, ist aus dem Hause gestolpert, hat seinen Knittel über den Rain geschleudert.

      In der Fastenzeit 1832

      Die kirchliche Behörde fängt wieder an. Ihr ist unser Pfarrer noch immer nicht rechtmäßig

Скачать книгу