Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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der Almhütte nicht mehr bleiben; sie sollen in den Nächten immer Klopfen und Stöhnen auf dem Heuboden vernehmen. Mitten im Sommer muß der Kropfjodel abtreiben und die Hütte sperren. Der Veit will sich an keiner Quelle mehr waschen. Er sieht in jedem Brunnen Blutstropfen, die sich anklagend an seine Hand wollen legen, an dieselbe übermütige Hand, welche die Harfe des Alten zerbrochen.

      Im Herbst 1834

      Die Schule ist auf einige Wochen geschlossen. Die Kinder helfen bei der Ernte; diese ist spät reif geworden und muß nun noch vor dem Frost gewonnen werden. Oben auf den Felsenhöhen gibt es schon Schneestürme.

      Ich hätte doch wieder einmal hinaufsteigen mögen auf den hohen Berg, auf daß ich könnte hinausblicken. Ich lebe gar so vereinsamt in mich hinein. Die Alten sind mir weggestorben; die Jungen habe ich erzogen, aber nicht zu meinen Genossen. Ich bin ihr Schulmeister. Den Schulmeister lassen sie in Frieden ziehen, und wenn er, alt und grau, auf seinem einschichtigen Bänklein sitzt, so werden sie meinen, ein Schulmeister müsse so sitzen.

      Der neue Pfarrer ist ein junger Mann, der schickt sich besser für sie; der tut mit im Wirtshaus und auf der Kegelbahn. Als er sich letztlich aus der Kreisstadt das neue Meßbuch verschrieben, hat er auch Spielkarten kommen lassen.

      Der Lazarus und sein Weib, die Juliana, sind Besitzer des Grassteigerhofes; sie setzen das Wirtshaus fort, handeln, mit Tabak und allerhand Kleinigkeiten. Gar ausländische Kleiderstoffe sind bei dem Grassteiger zu haben. Es gibt Leute in der Gemeinde, die nicht mehr mit den Loden- und Zwilchjacken vorliebnehmen, die was Besonderes am Leibe haben wollen; so zum Probieren, sagen sie heute noch. Aber ich achte, es ist Untreue!

      Manchmal durchstreifen, wie voreh, Häscher unsere Gegend, um Schwärzer und Soldatenflüchtlinge einzufangen.

      Sommer 1835

      Ich erzähle die Dinge wieder nur meinen geduldigen Blättern; sie bewahren die Geschehnisse länger in Erinnerung als ich und ganz Winkelsteg. Es ist mir wie eine Pflicht geworden, unsere Schicksale aufzuzeichnen. Dereinst werden andere Menschen sein; sie sollen auch von uns wissen.

      Zuweilen kommt Hagel und großes Wasser und vernichtet die Ernten und schleudert die strebsamen Ackerbauwirte in der Entwicklung ihres Wohlstandes auf Jahre zurück.

      So auch wieder in diesem Jahre. Die Leute dörren nun das Stroh, bringen es in die Mühle – es sind deren ein halb Dutzend im Tale –, und das wird Brot für den Winter sein.

       In meinem Leben ist kein Wettersturm und kein Sonnenschein.

      Aber ich will mein Frühjahr und meinen Sommer haben, und jetzt habe ich zu meiner Wanduhr eine Vorrichtung gemacht. Die Metallschelle des Schlagwerkes habe ich weggetan und dafür aus zwei Blättchen und einer Feder ein Ding zusammengetan, das zu jeder Stunde den Wachtelschlag nachahmt. Hier in der Gegend hört man die Wachtel kaum alle drei Jahre einmal; aber in meiner Stube bleibt es nunmehr Sommer zu allen Jahreszeiten. Die Kinder und ich haben eine rechte Freude daran.

      Da draußen im Holdenschlager Graben, durch den jetzt eine neugebaute Straße zieht, dort, wo die Winkelsteger Gemeinde begrenzt ist, haben unsere Bauern ein Wetterkreuz setzen lassen. Es hat drei Querbalken, an denen die bildlichen Leidenswerkzeuge des Herrn ragen. Das Kreuz wird als Schutz gegen böse Wetter hoch verehrt. Der uralte Schwammelfuchs aber meint, dasselbe sei mehr schädlich als nützlich; es lasse die bösen Wetter, die ja alle vom Zahn herabkämen, nicht weiter, und so müsse es sich über Winkelsteg entleeren.

      Auf die Meinung des Schwammelfuchs hin haben die Bauern das Wetterkreuz richtig niederreißen lassen. Hingegen haben nahe an derselben Stelle die Holdenschlager ein ganz ähnliches aufgestellt, auf daß die Gewitter hier gebannt werden und nicht hinaus auf ihre Felder gelangen können.

      Jetzt sind die Winkelsteger in doppelter Verlegenheit, und ich, ihr Lehrer, mit ihnen.

      Schulhalten und nichts als Schulhalten, und die Hirngespinste unter diesen Filzhüten sind nicht umzubringen. Schulhalten! Es ist viel, und dennoch ist es ein tatenloses Leben. Wie ist das anders gewesen zur Zeit, als wir die Gemeinde erweckt haben! – Es gäbe auch heute noch genug und übergenug zu schaffen und zu erschaffen; aber der alte Pfarrer ist gestorben, der neue schiebt mich beiseite und soll letzthin gesagt haben, es gebe Wichtigeres zu tun, als was so ein Abc-Jäger plane.

      Ich bin so alt noch nicht und täte noch arbeiten. Ein paar Stunden schulhalten. Schreibbogen linieren, Federn und ein saures Gesicht schneiden, ein wenig Brennholz klieben und die paar Geschäftchen in der Kirche, das macht meinen Kopf leer und meine Zeit nicht voll.

      Der Schlaf ist bald satt, und wenn ich, bis die lange Nacht vergeht, im Bette müßig liege, so ist das noch das allerschlechteste. Da kommen mir Gedanken zum Närrischwerden – alte Zeiten – blütenzarte Gesichter und totenblasse – ja, zum Närrischwerden. Und dann höre ich eine Stimme: ich hätte meinen Weg verfehlt, könnte in Glanz leben und sehr glücklich sein... Aufspringe ich vom Lager, die Geige reiße ich von der Wand und hebe an zu scharren an den Saiten, auf daß ich die Gespenster wieder verscheuche.

      Und die Saiten, die wissen mir besseren Trost; sie flüstern, ich möge zufrieden sein, ich hätte das Glück gehabt, ersprießlich für die Menschen zu arbeiten, ich hätte den Hang, stets der Vollkommenheit meines eigenen Wesens zuzustreben, ich hätte die Herrlichkeit der Schöpfung um mich, ich hätte die Geister großer Menschen in meinen Büchern versammelt. Ich würde noch manches nach meinen Kräften wirken und dereinst mit Befriedigung die Augen schließen.

      Ich habe mir wieder, wie seiner Tage einmal, aber ernstlicher vorgenommen, in meinen freien Stunden des Sommers mich mit der Pflanzenwelt abzugeben, sie wissenschaftlich zu zerlegen und zu betrachten. Aber wie geht es mir dabei? Da habe ich heute ein Pflänzlein gefunden, gepflückt und hier auf meine Mappe gelegt.

      Mich reut der Mord. Es ist so frisch und hold gestanden am Rain und hat seine kleinen Arme ausgestreckt, den lieben Sonnenschein zu umarmen. Oh, zürne mir nicht, du liebholdes Wesen, du bist in deiner Jugend gestorben, es hat dir ein Menschenauge gelächelt, es hat dich ein Menschenherz geliebt...

      Und so geht es mir. Zu schluchzen hab' ich angefangen, ich altes Kind. Und das heißt Pflanzenkunde treiben? – Andreas, für die Wissenschaft bist du ganz und gar nicht zu brauchen, du bist ein Träumer.

      Letztlich habe ich wieder einmal das Zeichnen versucht, habe eine Karte von den Winkelwäldern gemacht. Hätte ich nur auch die Meßkunst gelernt; das gäbe jetzt ein anregendes und nützliches Geschäft. Denn diese Gegend muß nun doch auch der Welt zurechtgelegt werden.

      Waldlilie im See

      Maria Himmelfahrt 1835

       Inhaltsverzeichnis

      Jählings ist was Unvorhergesehenes gekommen.

      Vor mehreren Tagen erhalte ich ein Schreiben von meinem einstigen Schüler, unserm jetzigen Herrn.

      Hermann schreibt mir, daß er jene Kräuter, die ich ihm von einem Holzer gesandt, richtig verwendet habe und seither eine Linderung in seinem kränklichen Zustande empfinde. Dieser Umstand habe ihn auf den Gedanken gebracht, das Gebirge, welches er bisher ohnehin noch nicht kenne, zu besuchen und in der milden Frühherbstzeit einige Tage daselbst zuzubringen. Er beabsichtige, ganz allein zu reisen, denn die Menschen, namentlich die Städter, seien ihm unsäglich zuwider; das sei wohl eine Eigenheit seines abgespannten Zustandes, aber er könne sich derselben nicht entschlagen. An der Welt habe er sich krank genossen; in der Ursprünglichkeit

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