Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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wenn ich weg von ihr bin, wie da oben auf der Alm, so sehe ich doch wieder, daß sie hold ist. – Einen Alpenblumenstrauß wird sie von mir nehmen, ich will ja recht artig und nicht zudringlich sein. – Hätt' ich nur eine einzige Ader von dem alten Rüpel, wie wollt' ich ein Lied hersagen, das sich zum Strauß tät' schicken! – So meine Gedanken; es ist schrecklich, wie ich noch übermütig bin.

      Wie ich herabkomme zur Lauterhöhe, wo der Schirmtanner ein Kreuz hat setzen lassen und wo heute auf dem Waldanger des Holzmeisters Rinder grasen und lustig dabei schellen, setz' ich mich zur Rast unter einen Baum. Ich gucke auf einen arg verwüsteten Ameisenhaufen hin. Nur wenige der Tiere kriechen ratlos über die Trümmerstätte ihres Fleißes.

      Ich merke es, ein Ameisengräber ist dagewesen, hat den herrlich eingerichteten Staat zerstört und beraubt. Mit den geraubten Eiern füttert er gefangene Vögel, die frei sein sollten im Himmelslichte, die aber in der Gefangenschaft schmachten ihr Lebtag lang, weil sie das Unglück haben, die Lieblinge der Menschen zu sein. Es ist die Sage, daß über den Grabhügel eines Ameisengräbers keine Ameise geht.

      Aus dergleichen Gedanken weckt mich ein Zupfen an meinem Hut; ich wende mich, um zu sehen, wer mich neckt. – Eine braune Kuh steht da und zerkaut meinen Alpenstrauß.

      Bin aufgefahren, hab' das vorwitzige Rind mit meinem Stab wollen züchtigen, da fällt es mir ein: Gutes Tier, etwan machen meine Blumen dir mehr Vergnügen als ihr; so gesegne dir sie Gott! Sie trinkt dafür deine gute Milch.

      Als ich zum späten Abend in das Dorf herabkomme, sind ihre Fenster hell erleuchtet.

       Einen Spaß muß man auch haben.

      Einer von den Bedienten der Frau, der Jakob, ist ein Kreuzköpfel. Können tut er alles; er kann musizieren, kann schneidern und schustern und kann zeichnen; gar Komödie spielen kann er. Die Frau muß aber solche Dinge nicht recht leiden mögen, denn der Jakob kommt allerweg zu mir in das Schulhaus her, wenn er seine Künste üben will. Da hab' ich meine Kurzweil und muß oft närrisch lachen.

      Ich habe dem Jakob einen Pfeifenkopf geschnitzt, dafür schenkt er mir allfort den besten Tabak. So schnitzen, sagt er, das könne er nicht. Die Höflichkeit hat mir noch kein Mensch gesagt wie der Jakob. Auch macht er mir allerhand Schwanke vor; auf dem Kopf kann er stehen, bauchreden kann er, wahrsagen kann er und Karten aufschlagen. Meiner Tag' hab' ich keinen so geschickten Menschen gesehen. Aber eines habe ich ihn gebeten, in Gegenwart der Schulkinder möge er nicht allzuviel so Künste treiben; 's ist mir lieber.

      Letztlich hat mich der Jakob gar gezeichnet. Auf Ehre, ich hab' nicht sitzen wollen, aber er hat mich herumgekriegt, bis ich all meinen Staat um mich getan und dort auf dem Holzblock Platz gefaßt habe. Er hat mich gezeichnet und mit Farben bemalt, daß es eine Herrlichkeit ist. Das rote Halstuch ist gar zum Sprechen getroffen.

      Das Bild hat er mir geschenkt. Ich guck' es heimlich an; aber die Schulkinder dürfen mir's nicht sehen!

      Will's wohl fleißig verstecken.

       Hab' gemeint, ich werd' mich recht an ihre Kinder machen. Aber sie sprechen eine welsche Sprache, und die versteh' ich nicht. Der junge Herr ist fortweg bei Pferden und Hunden; das Mädchen möchte sich auf den Wiesen umhertreiben bei den Blumen und Käfern. Aber das wird ihr verwiesen. Sie ist schon völlig zu groß, um glückselig sein zu dürfen.

      Dieser Tage ist Hermann – verzeih' mir' Gott, daß ich ihn allfort noch so nenne – vom Gesenke herübergekommen, um seine Schwester zu besuchen. Die Frau hat sich krank gemeldet. Der Jakob sagt, die beiden hätten kein rechtes Zusammensehen. Die Gnädigste erkenne keine Schwägerin an, die nach Tannenpech rieche.

      Heute hat die Frau eine Tafel gegeben und dazu den Pfarrer und den Grassteiger eingeladen. Mir ist ein Stück Braten und ein Glas Wein ins Haus geschickt worden. Zum Glück geht ein Bettelmann vorbei, daß mir die Speisen nicht verdorben sind.

      So sind heute zwei Bettelmänner abgespeist worden.

      Bei der Tafel sei von mir gesprochen worden, sagt der Jakob. Die Frau habe erzählt, ich hätte als armer Student in dem Hause ihres Vaters eine Weile das Gnadenbrot genossen, dann sei ich aus der Schule davongegangen und als Vagabund zurückgekehrt; dann habe mich ihr Vater um Gottes willen in den Wald getan und mir das Brot gegeben.

      So weißt du's nun, Andreas Erdmann; aber kein graues Haar desweg, es täte die weißen entstellen.

      August 1848

      Nun sind sie wieder fort. Jakob hat mir ein schwarzes Beinkleid und einen weißen Handschuh dagelassen.

      Juli 1852

      Die Grundablösungen sind bewilligt worden. Die meisten Bauern von Winkelsteg sind nun ihre eigenen Herren, 's ist ihnen vom Herzen zu gönnen. Aber ihre Augen sind schlechter geworden; jeder sieht mich nicht, wenn ich des Weges an ihm vorüberkomme.

      In diesem Sommer bin ich wieder auf dem Berg gewesen. Hab' schon gemeint, ich sehe es gegen Mittag hin. Ist aber nur ein Nebelstreifen gelegen.

      Ich habe mir bei dieser Bergfahrt, ich weiß nicht, durch das grelle Licht der Weiten oder durch einen scharfen Wärmewechsel, wieder das böse Augenleiden zugezogen, das viele Wochen gewährt und mich an meinem Berufe gehindert hat.

      Ich denke, den stummen Peter Reiter sollte man ein wenig Musik lehren. Er muß doch was haben, um sein Herz auszulegen. Es ist unglaublich, wie das weh tut, wenn man alles in sich verschließen muß.

      1853

      Der Peter hat Schick; er spielt schon auf der Zither und auf der Geige. Später muß er mir an die Orgel. Die Winkelsteger werden auch in Zukunft noch ihr Meßlied haben wollen. Ich werde nicht immer sein.

      Der Grassteiger oder, wie sie ihn jetzt heißen, der Winkelwirt ist mir gut, und er ist gegen jeden gut; ganz Winkelsteg hat an ihm einen Freund. Aber seine alte Krankheit will sich wiederum melden. Wenn ihn zuweilen etwas erregt, so muß er gar sehr mit sich kämpfen. Ich hab' gesagt, er sollt' wieder anheben mit den Rosenkranzkügelchen; täten aber vielleicht nicht mehr viel helfen; es ist Gefahr vorhanden, daß er ins Trinken kommt. Der ginge zugrund', wenn er nicht eine so brave Frau hätt'. Die Juliana weiß mit ihm umzugehen, ihr zulieb' leidet er den bittersten Durst.

       Der Branntweiner Schorschl – der Hannes ist schon tot – wirft mir dann und wann die Fenster ein. Er hält mich für seinen größten Feind, weil ich die Kinder vor dem Branntwein warne.

      Die Fenster verklebe ich mit Papier. Die Kinder warne ich vor Schädlichem, solang ich lebe.

      1855

      Der Pfarrer ist uns ausgetauscht worden gegen einen blutjungen. Der Blutjunge sagt, die Seelsorge sei arg vernachlässigt, und will das Krumme auf einmal gerade machen. Er ordnet Betstunden, Buß- und Bittgänge an. Seine Predigten sind scharf wie Lauge. Für manche mag's taugen. Aber – es gibt so viele wunde Herzen.

      Seit der neue Pfarrer da ist, bin ich in der Schule schier überflüssig geworden. Er füllt die Stunden mit Glaubensunterricht aus.

      Die Kinder haben mehr Fähigkeiten, als ich je erfahren – den ganzen Katechismus kennen sie auswendig.

      Der Kaiser und der Papst sollen miteinander ein eigenes Gesetz für das Seligwerden herausgegeben haben, und seit ewigen Zeiten ist zu Winkelsteg nicht so viel vom Teufel gesprochen worden wie jetzt.

      24. August 1856

      Heute

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