Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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haben uns verlassen und sind davongezogen in die schöne Stadt Salzburg.

      Im Winter 1842

      In Einöde und Einförmigkeit vergehen die Jahre; warum nennt mich niemand den Einspanig?

      Die junge Frau hat sich seither doch besonnen, am See im Gesenke steht das Sommerhaus. Da geht es in den Wochen des Frühherbstes gar lebendig zu, und die Bergwände bewachen das Familienglück unseres Herrn.

      Der Förster, Vater Berthold, mit seinem Weib wohnt jahraus, jahrein in dem Hause am See, und die Geschwister der Frau von Schrankenheim dürfen auf ein besseres Los hoffen als jenes, von dem ihnen an der Wiege ist gesungen worden.

      Der alte Herr von Schrankenheim hat noch zwei Enkel gesehen, ehe er zu Salzburg im Winter des Jahres 1840 verstorben ist.

      Winkelsteg hat durch das Haus im Gesenke nichts gewonnen. Dorthin ist eine gute Straße gebaut worden, von dort aus werden die Wälder bewacht und die Arbeiten geleitet. Dorthin kommen die Besuche fremder Herrschaften, dort werden die großen Jagden angestellt. Das Haus in dem voreh so öden und verrufenen Gesenke ist das Herrenhaus; und Winkelsteg bleibt die arme Bauern- und Holzschlägergemeinde, und die Zustände zu Winkelsteg werden nicht besser, und der Schulmeister zu Winkelsteg...

      Laß das gut sein, Schulmeister.

      Vor einiger Zeit habe ich mir aus vielen Papierbogen ein Schreibebuch zusammengeheftet und es zum Schutz mit Deckeln aus weißem Lindenholze versehen. In demselben führe ich nun ein heimliches Leben, von dem niemand was weißDieses Schreibebuch ist in den Schriften nicht vorgefunden worden (Der Herausgeber).

      l. August 1843

      Heute nacht ist dem Reiterbauer in den Karwässern ein Knäblein geboren worden. Sie haben es zur Taufe gebracht. Da der Pfarrer auf einige Tage verreist und das Kind schwächlich ist, so habe ich ihm die Nottaufe gegeben. Auf den Wunsch des Vaters bin ich gleich auch der Pate gewesen. Die drei lieben Herrgottsgroschen, meine Erbschaft von der Muhme, vormaleinst auch mein Patengeschenk, jetzund soll sie der kleine Peter haben.

      Im Sommer 1847

      Als ich in den Wald gekommen bin, habe ich die Menschen zerstreut, verkommen, ungezählt gefunden. Heute sehe ich ein neues Geschlecht.

      Um die Kirche steht ein Dorf. Um das Dorf stehen Apfel- und Birnbäume und tragen Früchte; in allen Winkeln ist versucht worden, aus Wildlingen Edelbäume zu ziehen; großenteils ist es gelungen.

      Zum Sonntag kommen schmucke Menschen aus allen Gräben. Die Männer tragen in ihrer Eigenart schwarze Knielederhosen und grüne Strümpfe; die Weiber bauschige Samtspenzer und wunderspaßhafte Drahthauben mit Vergoldung und Bänderwerk. Das ist keine Kleidung mehr, wie sie im Walde wächst. Sonst haben sie die Leinwand von ihren Flachsäckern, den Loden von ihren Schafen, das Schuhleder von ihren Rindern, die Felle und Pelze von ihrem Wildstande getragen; heute streichen Hausierer in den Winkelwäldern um, schleppen wertvolle Rohstoffe fort und lassen Prunk und Flitter dafür da. Zum Probieren, »aus Spaß« haben die Leute anfangs die neuen unzweckmäßigen Dinge genommen, heute haben sie sich hineingelebt, und der Spaß ist Ernst geworden.

      Die Jungen sind wohl weit vielseitiger als die Alten, aber auch weit anspruchsvoller; auch haben sie mir zu wenig Sinn und Ehrfurcht für das Alte, aus dem sie hervorgegangen sind. Nur den Tabak rauchen sie und den Branntwein trinken sie noch, wie es die Alten haben getan.

      Was kann der alte Schulmeister allein machen? Ach, lebte mein Pfarrer noch!

       Der kleine Reiter Peter, mein Patenkind, ist ein ganz netter Junge; aber es ist ein Unglück mit ihm geschehen, er hat durch einen Fall aus dem Bette die Stimme verloren.

      Gerne wollte ich ihm die meine überlassen, für mich hat sie keinen Anwert mehr. Des alten Schulmeisters Stimme ist heiser geworden, da wird nicht auf sie geachtet.

      Im Frühjahr 1848

      Ich weiß nicht, wie das für mich nun werden wird. Ob es nicht am besten wäre, ich nähme auf einige Wochen Urlaub und ginge davon.

      Draußen zieht das Kriegsvolk, in den Städten verrammeln sie die Gassen und die Straßen und reißen die Paläste ein. Eben deswegen kommt sie ja. Die Frau des Feldherrn kommt, Hermanns schöne Schwester, die mich so hat närrisch gemacht.

      Im Hause am See ist kein Platz mehr, so flüchtet sie sich mit ihren Kindern zu uns.

      Das Winkelhüterhaus wird für sie eingerichtet. Wie danke ich Gott, daß unser Winkelsteg ihr eine Zuflucht bieten kann in dieser Zeit!

      Ich will denn doch nicht weggehen. Will bleiben und sehr stark sein und mich nicht verraten. Ich will ihr einmal recht ins Auge schauen, ehe ich sterbe.

      Ich sehe es wohl, Gott meint es gut mit mir. Ihr Auge wird die dunkelnden Waldberge lichten, ihr Atemhauch wird die Alpenluft mildern und weihen. Und zieht sie auch wieder davon, Winkelsteg, wo sie geweilt, wird meine Heimat sein.

      Vor den Eingang des Hauses bauen wir einen schönen, hohen Bogen aus Tanngezweige, und wir bekränzen den Altar in der Kirche.

      Alles wird fein bereitet, aber kein Mensch denkt daran, daß die Steine aus dem Wege geschafft werden müssen. Solche Frauen haben zartere Füße als unsereiner im Gebirge.

      Jetzund klaube ich schon einen Tag und zwei Nächte an den Steinen des Weges. Die Leute laß ich lachen, und es ist nur gut, daß der Mond scheint.

      Einige Tage später

      Jetzt sind sie da. Sie und die zwei Kinder und die Dienerschaft. Da hätte ich freilich die Steine nicht wegzuräumen gebraucht; sie sind mit Roß und Wagen gekommen.

      Bei der Ankunft sind schier alle Winkelsteger auf dem Platze versammelt gewesen. Der Pfarrer hat eine Begrüßung gehalten; ich habe mich in das Schulhaus verkrochen. Aber ich bin im Herzen erschrocken; just vor meinem Fenster sind sie ausgestiegen, und da hab' ich gemeint, sie wollten zu mir herein.

      Ich habe sie sehr gut gesehen; sie ist ja noch jünger geworden. Kaum aus dem Wagen gehoben, läuft sie einem Falter nach. Das ist aber ihre jüngste Tochter gewesen. Sie selber... Bei meiner Treu, ich hätt' sie nicht mehr erkannt.

      Sie hat alte Spiegel mit goldenen Rahmen, aber so treu ist keiner, daß er, wie mein Herz, ihr herrliches Bild so bewahrt hätte bis auf den heutigen Tag.

      Das Bild ist jetzt verloschen und meine Jugend wie Nebel zergangen.

      Brachmonat 1848

      Gestern bin ich den ganzen Tag im Gebirge herumgestiegen, bin gar auf dem Zahn gewesen. Unterwegs hab' ich mich zehnmal gefragt: Warum steigst du hinauf, du altes Kind? – Oben wird die Antwort sein, hab' ich gedacht. Ich habe die Alpenkrone gesehen, ich habe in die blauende Tiefe des Gesenkes geblickt, wo an der schwarzen Tafel des Sees das Herrenhaus liegt, ich habe gegen Mittag hin mein Aug' angestrengt, mein schon recht schwaches Aug', aber – es ist gar umsonst. Sooft ich hinauf mag klettern, das Meer hab' ich noch immer und immer nicht geschaut.

      Man soll es sehen können, heißt es, aber an einem klaren Wintertag. – Jetzund hab' ich sonst nichts mehr zu wünschen, so will ich das eine noch.

      Bei meinem Herabsteigen habe ich, einen Strauß von Alpenrosen, Edelweiß, Kohlröslein, Speik, Arnika und anderen Blumen und Pflanzen gesammelt, hab' ihn vornehm auf meinen Hut gesteckt, wie ein tollverliebter Bursch. Für wen trägst du den Buschen

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