Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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der Alte fort: »Am heutigen Morgen sind unsere lieben Frauen zum Felsengrab gegangen schauen. Ist ein Junggesell' gesessen auf dem Stein; die Magdalena gucket schon vorwitzig drein, kreiselt ihr güldenes Lockenhaar fein und denkt: Wie alt mag er sein? – Mit Verlaub, schöne Frauen, der liebe Herr Jesus ist nit hie, der ist auferstanden schon in aller Früh! Da haben die Frauen für die fröhliche Mär ein Trinkgeld wollen geben Gott zu Ehr'; aber der Junggesell ist gelaufen zum Himmel hinein; ich tät's auch – täten mich tragen meine alten Bein'.«

      Wieder schweigt der alte Rüpel. Da aber keiner die Anspielung auf ein Trinkgeld verstanden hat, so fährt er fort: »Der Herr Jesus geht spazieren im Wald, tät sich ausruhen von bitteren Leiden; ein Hirtenknab' steht auf stiller Heid, der tät' weiße Schäflein weiden. Tät' weiden die Schäflein und weinen dabei, gar bitterlich, bitterlich weinen. Da fragt ihn Herr Jesus: was weinst du, mein Kind, es tut ja die Sonnen scheinen! – Ja freilich, sie scheint auf den Rasen grün, der mir meinen Vater tut decken; und der Heiland ist gern am Kreuze gestorben, wer wird mir den Vater wecken? – Da spricht der liebe Herr Jesus: Mein Kind! siehst du die Felsen beben? Der Herr ist erstanden, wird wecken dereinst die Toten zum ewigen Leben.«

      Der alte Mann schweigt und starrt in die Flamme. Sein Haar und Bart ist im Scheine des nächtlichen Feuers rot wie Alpenglühen.

      Und der Schein des Feuers fällt in Bändern hin durch das Gestämme auf die frischen Gräber des nahen Kirchhofes.

      Eine schwere Stille ruht über der Versammlung; als erwarte sie schon diese Osternacht die Auferstehung der Toten.

      Da richtet sich jählings der Kopf des Alten wieder auf, anmutig zart gleiten seine Finger über die Saiten aus Stroh; wie Schalkheit zuckt es in seinen Zügen, und als wollte er seine frühere Rede ergänzen, sagt er mit fast kecker Stimme: »Der Hirtenknab', der junge Tropf, schüttelt ungläubig seinen großen Kopf. Da langt ihm der Herr die Hand hin zumal, und weist ihm sein heiliges Wundenmal; just so fürwahr, und das Wundenmal ist groß wie ein Groschenstück gar...«

      Überzeugend genug streckt der Greis die hohle Hand aus, und mancher legt richtig ein »Wundmal« hinein – einen guten Pfennig oder ein Groschenstück. Ich hätte ihm diesmal nichts geschenkt. Was hat er fromme Sprüchlein zu singen, wenn er sie nachher allemal wieder mit einem losen Frevel zerstört! –

      Der Alte bedankt sich für die kleinen Gaben, dann ist er im Walde verschwunden. Man wundert sich, daß er neuerdings wieder so lebendig wird.

      Der Grassteiger hat den armen Mann suchen lassen, um ihn für die Ostern an seinen Tisch zu führen. Der Rüpel ist nicht gefunden worden.

      So geht's immer tiefer in die Nacht; zum großen Glück eine recht laue Nacht, denn keiner, auch von den erst Genesenen, keiner ist zu bewegen gewesen, nach Hause zu gehen.

      Der Stand eines Sternbildes weist die Mitternacht, den Beginn des Ostertages. Da fährt ein Flämmchen in den strohumwundenen Baum, und die Osterkerze lodert hoch über dem Waldtale gegen den Sternenhimmel auf.

      Nun jubeln die Kinder, die Weiber und die Männer; aber weiter hin, als Hall und Schall vermag zu dringen, leuchtet die Feuersäule und verkündet dem Waldlande ringsum den Ostertag.

      Und zur selbigen Stunde haben die Weiber ihre Handkörbe aufgedeckt, auf daß die Gottesgaben darin, Brot, Eier und Fleisch, der liebe Osterhauch mag befächeln. Und so ist unserem Festbrote die Weihe zuteil geworden, die der Vater Paul uns für diese Ostern nimmer vermag zu spenden.

      Erst gegen Morgen ist die Osterkerze, deren hochstrebende Flamme sie gar in den Miesenbachgräben sollen gesehen haben, verlodert zusammengebrochen. Dann sind wir von dem nächtlichen Osterfeste heimgekehrt in unsere Hütten.

       Von diesen Tagen an, Andreas, wirst du nicht mehr jünger. – Jünger? wer hat dich gelehrt, so ungereimt zu schwätzen? Zähl deine Eisfäden auf dem Haupte, zähle sie, wenn du kannst, du alter Mann!

      Ich meine, der Pfarrer hat mich mitgenommen.

      Mai 1832

      Von unserem jungen Herrn hört man große Dinge. Und diesmal sind sie amtlich erhärtet. Hermann hat die Güter des Vaters übernommen und ist demnach unser Herr.

      Als Angebinde hat er den Winkelstegern alle rückständigen Arbeitsleistungen und die Grundeinzahlungen auf zehn Jahre hinaus nachgesehen. Das ist ein guter Anfang. Die Winkelsteger wissen ihre Dankbarkeit nicht anders zum Ausdruck zu bringen, als daß sie in der Kirche eine zwölfstündige Andacht halten, um für die Gesundheit des jungen Herrn zu beten.

      Hermann soll kränklich sein.

      Gestern ist der Berthold zu mir gekommen. Seit jenem Tage, da er sein vermißtes Kind unter den Tieren des Waldes gefunden, wildert er nicht mehr, sondern arbeitet mit Fleiß und Schick in den Holzschlägen, und seine Kinder erwerben sich ihr Brot durch Sammeln von Waldfrüchten.

      Der Mann hat mir gestern ein Bündel gedörrter Blätter gebracht; dieselben wüchsen nur drüben im Gesenke und besäßen eine wunderbare Heilkraft, die auch der jahrelang kränkelnden Aga die Gesundheit wiedergegeben hätte. Die Lili habe die Blätter gesammelt und getrocknet, und da sei es ihnen beigefallen, dieselben dem jungen, gnädigen Herrn Schrankenheim zu schicken; es sei kein Zweifel, daß er bei entsprechendem Gebrauche des Krautes genesen würde. Ob ich nicht so freundlich sein wolle, die Arznei zu übermitteln?

      Ich habe es dem Berthold zugesagt.

      Alpenrot

      Fronleichnam 1832

       Inhaltsverzeichnis

      Der Waldsänger ist nun auch verstummt. Sein ganzes Leben und Streben ist angelegt wie ein rosenprangender Dornstrauch in der Wildnis.

      Ich habe seine wunderlichen Worte so gerne aufgeschrieben und bin gegen seine Sprüche ein paarmal ganz pharisäisch geworden! Als ob eine solche Einfalt freveln könnte! Er hat eben Himmel und Erde vermengt, wie das jeder Dichter tut. Und Humor ist lange noch kein Frevel. – Nun lege ich in diesen Blättern sein Ende nieder.

      Der Kropfjodel hat auf der Breitensteinalm eine Hirtenhütte. Und in dieser Hirtenhütte hat er zur Sommerszeit zwei übermütige Söhne, welche die Rinder versorgen und zu ihrem Zeitvertreib allerhand Tollheiten begehen. In letzter Zeit hat sich der Rüpel bei ihnen aufgehalten und ihnen durch seine Lieder und Strohharfenspiele Spaß gemacht. Der Alte ist zeitweilig verwirrt und schwachsinnig gewesen. Und das ist den Jungen just ein rechtes Spielzeug. Allerwege ist der Alte der Bock, auf dem sie reiten; und er läßt es nicht ungerne geschehen; es freut ihn schier, daß er bei »Teppen« noch Anwert hat, sagt er, zu gescheiten Leuten tauge er nimmer.

      Des Abends ist der Rüpel stets in die Hütte gekommen, hat was zu essen erhalten und die Nachtruhe auf dem Heuboden.

      Da ist es eines frühen Morgens, daß der alte Rüpel vor der Hütte auf einem taufeuchten Stein sitzt. Er spielt auf der Strohharfe und wendet seine matten Augen empor gegen das Morgenglühen der Felsen. Gellt ihm jählings ein wüster Schrei in das Ohr. Er schrickt empor, da stehen die Jodelbuben neben ihm und lachen. Der Alte blickt sie gutherzig an und lächelt auch ein wenig.

      »Tust strohdreschen, Rüpel?« fragt der Veit und deutet auf die sonderlichen Saiten.

      »Und schon so zeitig!« sagt der Klaus.

      Der Alte wendet sich: »Ihr wisset das

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