Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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verschlossen.

      Als unser Vater Paul an dem Bette des Kranken steht, sagt dieser: »Gedenkt es der Herr Pfarrer noch, wie er in die Karwässer gekommen ist? Gedenkt er's? 's ist lang vorbei; wir beid' haben seither wohl was erfahren, sind eisgrau geworden, bei meiner Treu!«

      Der Pfarrer ermahnt den alten Kohlenbrenner, sich durch angestrengtes Reden nicht aufzuregen.

      »Und kann er sich erinnern, was ich damalen hab' gesagt: ich hätt' auch mein Anliegen und kunnt 'leicht einmal von einem geistlichen Herrn eine große Gefälligkeit brauchen. Dieselb' Zeit ist jetzt da. Ich lieg' auf dem Todbett. Den Ehrenwald-Franz hab' ich schon angeredet, daß er mir die Truhen zimmert. Und mit meinem Leib tät's nachher in Richtigkeit sein; – aber mit meiner Seel'! Pfarrer, verzeih' mir's Gott, die ist dir schwarz wie der Teufel.«

      Der Pfarrer sucht zu sänftigen und zu trösten.

      »Warum denn?« fragt der Bartelmei, »bin ja gar nicht verzagt. Weiß gleichwohl, daß alles recht muß werden. – Was macht denn der Herr Pfarrer für Geschichten mit seiner weißen Pfaid? Nein das brauch' ich nicht; wir tun die Sach' kurzweg ab. Wenn einer so auf dem letzten Stroh liegt, ist man zu nichts mehr aufgelegt. Tu sich der Herr nur setzen. – Das sag' ich aber gleich, mit dem Glauben steht's bei mir schlecht; glauben tu' ich, wenn ich's recht will sagen an gar nichts mehr. Der Herrgott ist selber schuld; daß ich so bin herabgekommen. Er hat auf mich schön sauber vergessen. Er hat mir's versagt, und er hätt's in seiner Allmächtigkeit wahrhaftig bei meiner Seel' leicht tun mögen! – Ich mag davon ja wohl reden. Selbunter, wie die Seppmarian ist gestorben, die ein wenig mein ist gewesen, hab' ich an ihrem Todbett gesagt, Marian hab' ich gesagt, wenn du jetzund mußt verlöschen, du junges Blut, und ich allein sollt' verbleiben meiner Tage lang, so ist das die größte Grausamkeit von Gott im Himmel oben. Aber wissen möcht ich's, Marian, und vor meinem Tode möcht' ich's wissen, was es mit der Ewigkeit ist, von der sie sagen allerweg, daß sie kein End' hätt', und daß die Menschenseel' in ihr tät' fortleben. Es ist nichts Rechtes zu erfahren, und da sollt' einer fremder Leut' Reden glauben, und etwan wissen die auch nichts. Und jetzt, Marian, hab' ich gesagt, wenn du doch wohl fort mußt, und du bist in der Ewigkeit weiter, gleichwohl wir dich begraben haben, so tu' mir die Freundschaft und komm, wenn du kannst, mir noch einmal zurück und wenn's auch nur ein Viertelstündlein ist, und richt mir's aus, damit ich weiß, wie ich dran bin –. Die Marian hat's versprochen, und wenn sie kann, so wird sie's halten, davon bin ich überzeugt gewesen. – Darauf, wie sie verstorben, hab' ich viele Nächte nicht schlafen mögen, hab' immer gemeint, jetzt und jetzt wird die Tür aufgehen, wird die Marian hereinsteigen und sagen: Ja, Bartelmei, magst es wohl glauben, 's ist richtig, 's ist eine Ewigkeit drüben, und du hast eine unsterbliche Seel'! – Was meint der Herr Pfarrer, ist sie gekommen? – Nicht ist sie gekommen, gestorben und tot und weg ist sie gewesen. Und seither – ich kann mir nicht helfen – glaub' ich schon an gar nichts mehr.«

      Er schweigt und horcht dem Tosen des Wintersturmes. Der Pfarrer soll eine Weile in die flackernde Spanflamme gestarrt und endlich gesagt haben:

      »Zeit und Ewigkeit, mein lieber Bartelmei, ist nicht durch einen Heckenzaun getrennt, über den man hin und her hüpfen kann, wie man will. Der Eingang in die Ewigkeit ist der Tod; im Tode streifen wir alles Zeitliche ab, denn die Ewigkeit ist so groß, daß nichts Zeitliches in ihr bestehen kann. Darum ist der Verstorbenen auch dein vorwitzig Wort ausgelöscht gewesen und alle Erinnerung an das zeitliche Leben. Frei von allem Erdenstaub, hat sie uns verlassen und ist in Gott eingegangen.«

      »Tu er das lassen, Herr Pfarrer«, unterbricht ihn der Kranke, »es drückt mich auch gar nicht. Ist das, wie es ist, es wird schon recht sein. – Aber einen andern Haken hat's; mit mir selber bin ich noch nicht in der Ordnung. Ich bin nicht gewesen, wie ich hätt' sein sollen, aber ich möcht' gern meine Sach', und andere tuen auch gern ihre Sach' richtigstellen. Lang' hab' ich nicht mehr Zeit, das merk' ich wohl, und desweg' hab' ich den Pfarrer aufschrecken lassen aus dem warmen Bett, und will ihn zu tausendmal bitten, daß er's wollt' vermitteln. Jetzt – 's ist zwar heimlich geblieben, aber sagen will ich's wohl: Ein arger Wildschütz bin ich gewesen; viel Rehe und Hirschen hab' ich dem Waldherrn gestohlen.«

      Hier bricht der Köhler ab.

      »Und weiter?« fragt der Pfarrer.

      »So! und ist ihm das noch nicht genug?« ruft der Alte, »aufrichtig, Herr Pfarrer, sonst weiß ich nichts. – Meine Bitt' war' halt nachher die, daß mir der Herr Pfarrer bei dem Waldherrn mein Unrecht wollt' abbitten. – Hätt's wohl lang' selber schon getan, hab' mir aber allfort gedacht, eine Weil' wartest noch zu; könntest 'leicht wieder was brauchen vom Wald herein, müßtest später noch einmal abbitten, wär' mir unlieb. Tu's nachher mit einem ab. – Allzulang' hab' ich gewartet; jetzt kann ich nimmer. Der Waldherr ist, wer weiß wo, zu weitest weg. Aber gelt, der Herr Pfarrer ist so gut und gleicht' bei ihm aus mit einer christlichen Red' und tut sagen, ich hätt's wohl bereut, könnt' es aber nicht anders mehr machen. – Jetzt, gewesen ist's halt so: die Kohlenbrennerei gibt wohl ein Stückel Brot, aber wenn einer zum Feiertag einmal so einen Bissen Fleisch dazu wollt' beißen, so muß man schnurgrad mit der Buchs hinaus in den Wald. Man kann's nicht lassen, und wenn sich einer noch so lang' spreizt, 's ist gar schad', man kann's nicht lassen. – Wenn sie mich etwan einmal erwischt hätten, die Jäger, so wär' jetzund das Gered' nicht vonnöten, und ich müßt' dem Herrn Pfarrer nicht so schmerzlich zu Gnaden fallen. – Ei der Tausend, jetzt hab' ich mich dennoch wohl angestrengt; es steigen mir die Ängsten auf.«

      Sie haben ihn mit kaltem Wasser gelabt. Der Pfarrer hat seine Hände gefaßt, hat ihm mit guten Worten versichert, daß er bei dem Waldherrn Verzeihung erwirken werde. Danach hat er dem Kranken die Lossprechung erteilt.

      »Bedank' mich. bedank' mich fleißig«, sagt darauf der Bartelmei mit schwacher Stimme, »nachher wär' ich so weit fertig, und – Pfarrer, jetzt tät's mich bei meiner Seel' schon selber freuen, wenn es wahr wär', dasselb' von der Ewigkeit, und wenn ich nach der unruhevollen Lebenszeit und nach dem bitteren Tod schön langsam könnt' in den Himmel einrücken. Wär' wohl eine rechtschaffen bequeme Sach', das!«

      So hat sich in dem armen, schwerkranken Mann das Bedürfnis und die Sehnsucht nach Glauben und Hoffen ausgesprochen. Unser Herr Pfarrer hat ihn dann gefragt, ob er die heilige Wegzehrung empfangen wolle.

      »Nicht vonnöten«, ist die Antwort gewesen.

      »Mußt doch, Bruder, mußt doch«, meint die Anna Maria, »einem Geistlichen, der mit dem heiligen Leib unverrichteter Sach' muß zurückkehren, tanzen die Teufel nach bis zur Kirchentür!«

      »Du närrisch Weibmensch, du!« schreit der Bartelmei, »jetzund Kindergeschichten erzählen, daß dich der Herr Pfarrer recht mag auslachen. – 's wär' mir doch all eins, und gern möcht' ich das Teigblättlein verschlucken, daß der Herr unangefochten könnt' nach Haus gehen, aber ich halt' nichts drauf, und da, hab' ich oftmalen gehört, wär's eine großmächtige Sünd', wollt einer in vorwitziger Weis' das heilige Sakrament empfangen.«

      Auf dieses Wort hat der Pfarrer des Kranken Hand gedrückt. »Hochmütig, Bartelmei, mußt du desweg nicht werden, jetzt in deinen alten Tagen, aber das sag' ich dir, du denkest schon das Rechte. Du bist Büßer, du glaubst an Gott und an der Seele ewiges Leben; ob du dir's gestehen magst oder nicht, ob du das heiligste Brot zu dir nimmst oder nicht, rein ist dein Herz und dein ist die Seligkeit!«

      Da soll sich der alte Mann hoch emporgerichtet haben; die Hände hätte er ausgebreitet, mit nassen Augen hätte er gelächelt und gerufen: »Jetzt hab' ich das Rechte gehört. Der Pfarrer mag so gut sein und mir die Wegzehrung reichen. Nachher mag er kommen, der Knochenhans – Jesus, Jesus! was ist das? die Marian!« schreit der Bartelmei jählings. Dann richtet er die Augen nach der Spanflamme und flüstert so leise, daß man ihn fast nicht versteht: »Nacht? Marian! Botschaft bringst mir? – Botschaft?«

      Immer

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