DIE LETZTE FIREWALL. William Hertling

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DIE LETZTE FIREWALL - William Hertling Singularity

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Fahrzeugs abgeschaltet und ein illegales Rennen durch die Innenstadt veranstaltet.

      Sie sah sich die Wegzeitberechnungen der fahrenden KIs in ihrer Nähe an und feixte. Sarah hasste Cats einzigartige Fähigkeit, das Netz zu manipulieren. Cat hatte es sonst noch niemandem erzählt. Sie befürchtete, dass sie mit dieser Fähigkeit zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte.

      Links und rechts legte ihr Implantat weiß leuchtende Linien über ihr Gesichtsfeld, die die möglichen Wege der heranfahrenden Fahrzeuge zeigten. Die Farbe der Linien wurde grauer, je weiter die Vorhersage in der Zukunft lag. Aus einem Impuls heraus erweiterte sie den Scan und dehnte den Bereich über ihre visuelle Wahrnehmung hinaus aus, bis die ganze Stadt Portland vor ihrem geistigen Auge erschien. In der Innenstadt waren die weißen Linien pink unterlegt, was auf eine gewisse Vorhersage-Unsicherheit der KIs in dichtem Verkehr hinwies. Auf den Schnellstraßen zeigten Ansammlungen von roten Punkten, dass KIs mit beinahe Lichtgeschwindigkeit reagierten, um sich den wenigen, noch manuell gesteuerten Fahrzeugen anzupassen. In ihrer Nähe war alles in Ordnung.

      Deshalb ignorierte sie die Autos, konzentrierte sich stattdessen auf die Radfahrer und überquerte vorsichtig die Straße.

      Auf der anderen Seite sprühte eine Gruppe Teenager Graffiti an eine Ladenfront. Sie hatten ihre Kapuzen so weit ins Gesicht gezogen, dass Kameras sie nicht identifizieren konnten. Der Inhaber, ein zierlicher Android in Menschenkleidung, protestierte, aber die Jugendlichen schrien ihn an und verspotteten ihn, drohten damit, auch ihn anzusprühen.

      Im Netz sah Catherine, wie der Android die Polizei zu Hilfe rief. Sie spürte eine Veränderung ein paar Straßen weiter, wo sich ein Polizeibot, der auf den Notruf reagierte, durch den Verkehr schlängelte.

      Die drei Teenager mussten ihre Neuralimplantate verlinkt haben, weil sie die Ankunft der Polizei ebenfalls vorausahnten und in die entgegengesetzte Richtung flohen - durch den Park, auf den Catherine gerade zulief. Der Ladenbesitzer inspizierte seine verunstaltete Ladenfront, sah sich um und ging in sein Geschäft zurück. Cat spürte die Verzweiflung ihr in den Magen fahren.

      Künstliche Intelligenzen, oder kurz KIs, nahmen die Form von Robotern an oder lebten als körperloses Bewusstsein im Netz. Vor etwa zehn Jahren erstmalig erschaffen, hatten sie mittlerweile fast alle wichtigen Tätigkeiten übernommen. Mit den KIs war auch die Wirtschaft gewachsen, bis die Einkommenssteuer erst abgeschafft und dann umgekehrt worden war: Jetzt erhielt jeder ein garantiertes Basiseinkommen, auch Stipendium genannt.

      Sie schüttelte den Kopf. Diese Protestbewegung der KIs war dumm und sinnlos. Es mochte nicht mehr viele Jobs geben, aber durch die niedrigen Kosten der von Robotern produzierten Waren plus das Stipendium gab es keine echte materielle Armut mehr. Das Stipendium deckte Unterkunft, Nahrung und den Grundbedarf ab. Der Besuch einer Schule oder eine gemeinnützige Tätigkeit führten zu einer Erhöhung des Stipendiums. Echte Karrieremenschen stürzten sich immer noch in die Arbeit oder produzierten handgearbeitete Waren für den Verkauf. Eigentlich konnte man viel mehr machen als je zuvor: sich künstlerisch betätigen, weite Reisen unternehmen und viele neue Lebenserfahrungen sammeln. Trotzdem hatten die Protestler, die jahrelang nur eine Randgruppe gewesen waren, in letzter Zeit an Einfluss gewonnen. Das Schlimmste an diesem neuen Trend waren die Gewalt und der Vandalismus. Zuzusehen, wie hilflose Bots angegriffen wurden, die durch ethische Sperren nicht in der Lage waren, sich selbst zu verteidigen, machte sie krank.

      Mit einem letzten Seufzer wandte Catherine sich ab und ging in den ausgedehnten Park hinein. Ihren Mitbewohnern war die Protestbewegung egal. Maggie und Tom waren Kiffer, fröhlich und friedlich. Tom regte sich manchmal auf, aber meistens war er ein Verfechter der ›Zurück-zur-Natur-Bewegung‹. Und Sarah war zu sehr in ihren VR-Sims versunken, um sich um irgendetwas anderes zu scheren.

      Die Sonne schien warm auf ihre Schultern und es gelang ihr, sich ein wenig zu entspannen. Der Duft von Gras strömte mit einer sanften Brise zu ihr herüber. Hunderte von Menschen kamen in den Park, um zu arbeiten oder zu lernen. Ein paar ältere Leute bewegten sich, weil sie noch Gestiksteuerung benutzten, aber die meisten saßen einfach reglos da und ihre Aktivitäten waren nach außen hin unsichtbar.

      Sie fand eine sonnige kleine Rasenfläche, setzte sich im Schneidersitz hin und startete ihre Schul-App.

      Kapitel 3

      Leon hängte sich seine Tasche über die Schulter und nahm die Treppe im Laufschritt. Aus der U-Bahn trat er in den Sonnenschein eines späten Frühlingstages, jener Zeit in DC, in der es warm war, ohne schwül zu sein. Er ging die fünf Blocks bis zum Institut für Angewandte Ethik, Teil der George-Washington-Universität, zu Fuß.

      Seine schmucklose Ziegelfassade täuschte über die Wichtigkeit der Arbeit hinweg, die hier geleistet wurde.

      An der Tür standen Menschen und Roboter Wache. Leon spürte, wie die KI sein Neuralimplantat abfragte, um seine ID zu überprüfen, und gewährte ihr Zugang.

      »Guten Morgen, Leon«, sagte ein Mann und streckte ihm die Hand hin.

      »Morgen, Henry. Wie geht es Ihrer Frau?« Leon gab Henry seine Tasche.

      »Oh, der geht es gut.« Er lehnte sich dichter herüber und fuhr mit gedämpfter Stimme fort. »Sie ist für eine Woche weg, um ihre Schwester zu besuchen.« Mit einem Augenzwinkern richtete er sich auf und schob Leons Tasche in den Scanner, wartete einige Sekunden und gab sie ihm dann zurück. »Einen schönen Tag noch, Leon!«

      »Ihnen auch, Henry.«

      Nachdem das Eingangsritual beendet war, nahm Leon die Marmortreppe mit schnellen Schritten. Im ersten Stock legte er seine Hand auf den biometrischen Scanner, der seinen Handabdruck mit der Datenbank abglich, bevor er die Tür entriegelte. Leon trat ein und blieb stehen, um wie jeden Morgen einen Blick auf die weite, offene Bürofläche zu werfen. In kleinen Gruppen unterteilt, arbeiteten die Wissenschaftler des Instituts miteinander, gestikulierten und kommunizierten mit den KIs, ihren Computern oder über das Netz. Es war der ewig gleiche Anblick, der ihn jeden Morgen begrüßte, aber er zauberte trotzdem immer ein Lächeln auf sein Gesicht.

      Leon ging zu seinem Gemeinschaftsbüro auf der anderen Seite. Die Mitarbeiter bemerkten seine Anwesenheit, einige wenige visuell, die meisten jedoch durch digitale Hinweise. Einige nickten ihm zu oder riefen »Guten Morgen«. Aber die meisten kommunizierten über ihr Implantat: Sprechblasen, die aus Richtung der Absender kommend in seinem Gesichtsfeld erschienen und dann in seine Infoleiste sickerten. Durch einen Gedankenimpuls antwortete er allen mit ›Hallo zusammen!‹ und betrat sein Büro.

      Die von KIs entwickelten Neuralimplantate waren seit acht Jahren für die breite Masse zugänglich. Sie verbanden Menschen mit dem Netz, dienten als Computer, Smartphone und Display in einem. Ein knapp ein Quadratzentimeter großer, graphenbasierter Computerchip wurde implantiert, stimulierte die Neuronen und ließ sowohl Text als auch Grafik in der visuellen Wahrnehmung erscheinen.

      In seinem Büro angekommen, stapelten sich die nachträglich eingegangenen Grußworte am Rande seines Gesichtsfeldes. Als er zur Tür sah, vibrierten diese Mitteilungen, um so seine Aufmerksamkeit zu erregen. Mit einem Gedankenbefehl versenkte er sie im Papierkorb und antwortete mit einem letzten ›Guten Morgen zusammen!‹, dann setzte er seinen Status auf ›Arbeit‹, um weitere Ablenkungen auszublenden.

      »Guten Morgen!«, rief er Mike zu und ging sich einen Kaffee holen. Ein kleiner Bot eilte los und traf ihn auf halbem Weg mit einem vollen Becher.

      »Danke«, sagte er geistesabwesend und der Bot piepte freundlich, bevor er wieder in der Wand verschwand. Mike hatte nicht geantwortet. Leon sah auf Mikes Statusmeldung: Er führte noch ein Telefonat. Leon setzte sich, nippte

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