Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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Eltern alleine.«

      »Es ist schon gut, Toni! Ihr müßt nicht gehen. Ich dachte mir, ich mache mit den Eltern einen kleinen Spaziergang. Das kann warten bis nach dem Frühstück.«

      *

      So geschah es dann auch. Zwar versuchte Karsten Niederhauser dem guten Herrn Pfarrer durch geschickte Fragenstellungen, Einzelheiten zu entlocken, aber er bekam keine Antwort.

      Dann gingen die drei fort. Der Geistliche ging in der Mitte, rechts von ihm lief Renate und links ihr Noch-Ehemann Karsten.

      »Ja, meine lieben Eltern. Dem Dennis geht es gut. Ich weiß, wo er ist und habe ihn mit Essen und Sonstigem versorgt. Das werde ich auch die nächsten Tage tun. Vielleicht kommt Dennis auch ein paar Tage mit mir ins Pfarrhaus.«

      Karsten Niederhauser brauste auf.

      »Sie enthalten uns unser Kind vor. Das dürfen Sie nicht. Ich verlange von Ihnen, daß Sie mir sofort den Aufenthaltsort nennen, damit ich meinen Sohn holen kann!« brüllte er so laut, daß sich seine Stimme überschlug und er hustete. »Das kann ich Ihnen als Kindesentführung auslegen.«

      Pfarrer Zandler beeindruckte das nicht. Er lächelte gütig. »Sie leben in Scheidung, wie man sagt. Wer von Ihnen hat das Sorgerecht, oder ist das noch nicht geregelt?«

      »Doch, Herr Pfarrer, das ist geregelt. Wir haben uns über viele Punkte außergerichtlich geeinigt. Ich habe als Mutter das Sorgerecht. Mein Ma…« Sie verbesserte sich sofort. »Mein Noch-Ehemann hat keine Zeit, sich um Dennis zu kümmern.«

      »Aha! Werden Sie den Jungen im Internat lassen?«

      Sofort schaltete sich Karsten Niederhauser ein.

      »Wir waren uns einig, daß das für den Jungen am besten ist. Das ist ein erstklassiges Internat. Ich habe für meinen Sohn natürlich nur das beste gewählt. Ich bestand darauf, daß Dennis auch nach unserer Trennung dort bleibt, zumindest bis er einen ersten Schulabschluß hat. Später wird er mir dankbar dafür sein. Ich hatte als Kind nicht solche Möglichkeiten. Da hat er gleich die richtigen Kameraden. Da werden Seilschaften für das Leben geschlossen. Die werden ihm später nützlich sein.«

      Pfarrer Zandler wurde jetzt leicht ärgerlich.

      »Jetzt halten Sie bitte mal den Mund, Herr Niederhauser.«

      »Ich wollte das nur klarstellen. Sie benötigen doch Fakten.«

      Jetzt riß dem Pfarrer der Geduldsfaden. Er hatte sich wegen des Sohnes dieses Mannes die halbe Nacht um die Ohren geschlagen, seine Frühmesse ausfallen lassen, was kaum jemals vorgekommen war, höchstens, daß sie einmal später angefangen hatte. Die paar Mal, die sie ausgefallen war, lag der Pfarrer mit Grippe und Fieber im Bett.

      »Du aufgeblasener Gockel! Du überdrehter Affe! Du dummer Ochse, so dumm, daß du an sich schon eine Beleidigung für jedes Rindvieh bist. Ich brauche keine Fakten. Und dein Dennis, der braucht auch keine Fakten, was seine Zukunft betrifft. Der Dennis ist kein Posten in einer Bilanz, den man so frisieren kann, daß er automatisch immer auf der Habenseite steht. Um in deiner Sprache zu sprechen, du bescheuerter Größenwahnsinniger im Höhenrausch. Der Dennis braucht etwas ganz anderes. Der braucht Liebe von seinem Vater. Der braucht Zuneigung, Zärtlichkeit, Geborgenheit. Der Junge will angenommen werden.«

      Renate Niederhauser brach in schallendes Gelächter aus. Sie lachte, bis ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Sie setzte sich auf einen Felsen am Wegesrand und lachte nur. Sie lachte, wie sie es die letzten Jahre ihres Lebens nicht mehr getan hatte. Jedesmal, wenn sie Karsten anschaute, der stumm dastand mit einem unbeschreiblich überraschten Gesichtsausdruck, mußte sie erneut lachen. In wenigen, aber höchst drastischen Sätzen, hatte der Pfarrer Karsten das an den Kopf geworfen, was sie jahrelang versucht hatte, ihm verständlich zu machen.

      Und Karsten Niederhauser schwieg! Es hatte ihm die Sprache verschlagen!

      Pfarrer Zandler wandte sich an Renate. Er lächelte sie an. Das war das Signal, daß sie ihm auf seine Frage antworten sollte.

      »Herr Pfarrer, ich war nie berufstätig, seit Dennis auf der Welt ist. Mein Ma… Ich meine, Karsten hat immer gut verdient, immer mehr und mehr. Ich übernahm die Rolle einer Frau, an der Seite eines erfolgreichen Mannes. Sein Lebensentwurf überdeckte alles. Alles hatte sich dem unterzuordnen, auch Dennis. Deshalb hat er Dennis ins Internat gegeben. Ich denke, daß es genügen würde, wenn Dennis in eine gute Schule geht, daheim. Dann könnte er nach dem Unterricht nach Hause kommen. Ich wäre da, und er hätte ein Heim, auch wenn wir geschieden sind. Besser nur eine Mutter, als gar keine Eltern! Ich hatte mir vorgenommen, bis zum Ende des Schuljahres mir ein Zimmer in der Nähe des Internats zu nehmen. Dann hätte mich Dennis so oft sehen können, wie er wollte. Im nächsten Jahr hätte ich ihn dann aus dem Internat genommen. Das wollte ich mit Dennis besprechen. Ich hätte ihn jetzt am Wochenende besucht.«

      »Davon weiß ich nichts! Das hast du mir verschwiegen. Das will ich nicht. Das kommt überhaupt nicht in Frage.«

      »Ruhe!« brüllte der Pfarrer, dabei stampfte er mit dem Fuß auf und drohte mit dem Wanderstock.

      »Sehen Sie, Herr Pfarrer, so ist Karsten! Er hat sich etwas vorgenommen, das will er dann unter allen Umständen durchsetzen. Es gilt nur, was er einmal für richtig hielt. Auch wenn es sich später herausstellte, daß es nicht so gut war. Er kann von einem einmal eingeschlagenen Weg nicht abgehen. Er kann keine Kompromisse eingehen. Er kann nicht zuhören«, klagte Renate.

      »Jetzt wird er zuhören! Kommen Sie, Herr Niederhauser, gehen wir weiter. Also! Ich habe Dennis gefunden. Dazu habe ich einen Tip bekommen. Es geht ihm gut. Sagen wir, er macht Urlaub. Er genießt die Natur. Ich habe ihm Bücher gegeben. Er wird lesen. Hauptsächlich spielt er mit dem Hasen. Sie müßten sehen, wie liebevoll und fürsorglich er mit dem Tier umgeht. Ich habe Dennis erst einmal gesprochen. Dabei wollte ich, daß er Vertrauen zu mir aufbaut. Er ist wegglaufen. Ich denke, daß es gut wäre, wenn er aus eigenem Antrieb zurückkehrt. Es macht in meinen Augen wenig Sinn, ihn mit Gewalt zu holen, um ihn vielleicht noch zu bestrafen. Ich bin mir sicher, daß er sich bald langweilt. Ich habe ihm auch gesagt, daß Sie hier in Waldkogel sind. Ich bitte Sie also, mir zu vertrauen und Ihren Dennis in meine Obhut zu geben.«

      Dann wandte sich der Pfarrer an Karsten Niederhauser.

      »Ich habe bis zu einem gewissen Grad Verständnis für Ihr Streben und Ihre Planung für eine bessere Zukunft für Dennis. Doch ein Mensch braucht ein stabiles Fundament. Kinder brauchen eine Basis, die sie ein ganzes Leben trägt, was immer auch für Stürme kommen mögen. Dazu gehören Liebe, Geborgenheit und ein sicherer Zufluchtsort, ein Heim – besser eine Familie. Ich will zu Ihren Scheidungsplänen nichts sagen. Dazu weiß ich auch zu wenig. Nur ein Wort. Manchmal kommt es mir vor, als würden die Erwachsenen auch vor etwas weglaufen. Das erscheint ihnen einfacher, als die Suche nach einem verschüttetem Fundament. Ich rate den betroffenen immer, gemeinsam ein bißchen Archäologie zu betreiben, zu graben in der eigenen gemeinsamen Vergangenheit. Oft muß man tief graben, weit zurückgehen, um auf die verschütteten, schönen und glücklichen Epochen zu stoßen. Aber es lohnt sich. Auf dem Weg dahin muß man oft ganze Scherbenfelder forträumen. Mit dieser Tätigkeit sollen sich die Paare nicht aufhalten. Das kostet nur unnötig Zeit. Es gilt ja, Erinnerungen an glückliche Zeiten zu finden. Jedes Paar hatte solche glückliche Zeiten und gemeinsame Erinnerungen.«

      »Wie kann man das machen?« fragte Renate. Ihre Stimme klang wirklich interessiert.

      »Das geht einfach, denke ich. Man muß nur wollen. Es gibt da einen wirklich schlimmen Satz: Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Sie kennen

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