Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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erflehte er für Franzi Kraft und Verständnis, Geduld und Vertrauen in ihre Liebe zu ihm.

      Er hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür der Dollinger Alm.

      »Franzi! Franzi! Ich bin’s!«

      Der Riegel wurde zurückgeschoben, die Tür aufgerissen und dann warf sich Franzi an seinen Hals. Sie bedeckte sein Gesicht mit Küssen.

      »Oh, Jörg!«

      Er nahm sie auf den Arm und trug sie über die Schwelle. Mit dem Fuß gab er der Tür einen Stoß, daß sie mit lautem Knall ins Schloß fiel. Unter ihrem weiten, hochgeschlossenen, einfachen Baumwollnachthemd fühlte er ihren warmen Körper. In der Stube der Almhütte, die zugleich Wohnraum und Küche war, setzte er sie ab. Er reichte ihr eine Decke.

      »Hänge dir etwas über, sonst erkältest du dich!«

      »Kannst mich ja warmhalten, Jörg!« flüsterte Franzi ihm zu. »Bei uns in den Bergen gibt es den Brauch des Fen­sterlns. Da steigen die verliebten Burschen über Leitern des Nachts in die Schlafkammern ihrer Liebsten. Dann halten sie sie warm. Bei mir ist das einfacher. Da mußt nicht auf eine Leiter klettern. Meine Kammer liegt ebenerdig, hier auf der Almhütte. Da muß ich wohl in Sachen Romantik Abstriche machen. Aber den Anfang hast du schon ganz gut gemacht, Jörg. Wie du mich so gepackt hast. Warum hast aufgehört? Hat dich der Mut verlassen? Das ist ganz und gar net nötig. Ich war drunten beim Vater und auch der Mutter. Ich habe mit ihnen gesprochen. Sie haben nix gegen dich, auch wenn du nicht weißt, wer du bist und wo du herkommst. Sollst am Sonntag mit mir runterkommen. Du, Jörg, ich hab’ mir das so gedacht. Erst besuchen wir den Gottesdienst und anschließend gehen wir heim zum Mittagessen. Nach dem Essen wird dir mein Vater den Hof zeigen. Dann gibt’s Kaffee. Zum Kaffee ist mein Bruder, der Lenz, mit seiner Frau auch da. Geredet selbst hab’ i mit dem Lenz noch net. Aber die Eltern haben mir versprochen, mit ihm zu reden. Sie werden alles tun, dir zu helfen, Jörg! Jetzt kriegst du wieder eine richtige Familie. Mein Heim wird auch dein Heim sein! Wirst sehen, meine Eltern werden dich mit offenen Armen empfangen. Und unserem Knecht, dem geht es auch bald besser. Dann kann er wieder die Arbeit auf der Alm machen. Das dauert nicht mehr lang, vielleicht noch zwei bis drei Wochen. Dann werden wir beide unten bei den Eltern auf dem Hof sein. Mutter hat sich schon alles ausgedacht. Da gibt es den Altenteil. Der ist unbewohnt. Bis der Herrgott die Großeltern zu sich genommen hat, haben sie da gewohnt. Da kannst wohnen, bis...« Sie brach kurz ab... »Bis – du weißt schon. Aber Fensterln, das kannst immer bei mir. Da mußt dich net genieren. Im Gegenteil, das wird sogar erwartet. Das gehört nun mal zur Werbung dazu. Auch wenn das mit uns ganz anders war, so will ich darauf doch net verzichten. Was soll ich sonst später einmal meinen Kindern erzählen?«

      So sprudelte alles aus Franzi heraus. Sie schien überhaupt nicht zu bremsen zu sein. Ihre Augen leuchteten. Alles Glück dieser Welt stand in ihrem Gesicht. Jens riß sie einfach an sich und erstickte ihren Redeschwall mit einem langen, sehr langen innigen Kuß.

      »Setz dich hin, Franzi! Langsam! Eins nach dem anderen. Du hast mir jetzt alles gesagt. Jetzt bin ich an der Reihe – und du hörst mir zu, ja? Du hörst mir schön zu, bis ich ganz zu Ende gesprochen habe. Ja, Franzi, ja?«

      »Was gibt es da viel zu reden? Sage einfach nur ja!«

      »Franzi!« Seine Stimme hatte einen anderen Klang.

      Irgend etwas stimmte nicht. Eine plötzliche Angst legte sich wie ein eiserner Reifen um ihr liebendes Herz. Er schnürte ihr alles zusammen. Eben war sie noch voller Hoffnung, Frohsinn und Zukunftsplänen. Jetzt hatte sie nur noch Angst. Etwas bedrohte sie, hing wie eine dunkle Wolke über ihr.

      Jens stocherte im Ofen die Glut an. Er legte zuerst Späne auf, dann dickere Holzstücke.

      »Es wird gleich warm sein.«

      Er setzte sich in den Lehnstuhl, der einst Franzis Großvater gehört hatte. Sie sah ihm zu, wie er seine Pfeife stopfte und sie anzündete. Dann schaute er ihr in die Augen.

      »Franzi! Ich werde dir jetzt etwas sagen müssen. Vielleicht wird es dir weh tun. Vergiß niemals, daß ich dich liebe!«

      Jens machte eine Pause, zog an seiner Pfeife.

      »Franzi, ich war mit dem Baumberger Antonius heute auf dem Berg. Wir haben zwei Murmeltiere gesehen. Da fiel mir ein, daß ich einen Zwillingsbruder habe. Er heißt Jörg. Ich heiße Jens. Er ist der Junge, dessen Bild ich als Fetzen immer wieder gesehen habe. Dann gingen wir weiter hinauf bis zum ›Paradiesgarten‹. Dort rasteten wir.«

      Er atmete tief ein. Franzi sah, daß er sich quälte.

      »Dort oben erinnerte ich mich wieder. Ich kann mich an alles erinnern. Die Erinnerung kam vollständig zurück. Ich heiße Jens Angermann. Ich weiß, wer meine Eltern sind, kenne meine Adresse, die Telefonnummer. Ich weiß einfach alles wieder. Ich habe mich auch wieder erinnert, wie ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Ich hatte mich sofort in dich verliebt und ich liebe dich noch immer. Doch da gibt es noch jemanden.«

      Jens schaute Franzi nicht an.

      »In meinem alten Leben war ich verlobt. Sie heißt Beate Clausen. Wir hatten uns vergangene Weihnachten verlobt. Ich war auch überzeugt, daß sie die Frau ist, mit der ich mein Leben verbringen wollte. Dann bin ich dir begegnet. Ein Blick in deine Augen hat mir gesagt, daß ich die wahre Liebe doch noch nicht gefunden hatte.«

      Während Jens sprach, ging Franzi durch alle Höhen und Tiefen der Gefühle. Sie stürzte von den höchsten Gipfeln hinab in die tiefsten und dunkelsten Schluchten, um gleich danach einem Adler gleich wieder aufzusteigen.

      »Jetzt weiß ich, daß es nur eine wahre Liebe gibt. Sie kam wie eine Naturgewalt über mich und hat mein Herz ergriffen. Es war dein Bild, das mir da oben vor Augen stand und mich hoffen ließ, mich am Leben erhielt. Du bist es gewesen, Franzi! Es war nicht Beate, die in meinem Herzen war und mir Kraft und Stärke gab, mich in meiner Verwandlung tröstete. Du bist es gewesen!«

      Er drückte mit dem Pfeifenknecht die Asche im Pfeifenkopf leicht zusammen und zündete seine Pfeife erneut an. Er rauchte einige Züge.

      »Da gibt es jetzt also zwei Frauen in meinem Leben. Da gibt es dich, der mein Herz gehört, hier und jetzt. Daheim gibt es Beate. Ihr gab ich ein Versprechen. Ich versprach ihr die Ehe. Dieses Versprechen hatte ich vergessen, weil ich mich nicht erinnern konnte. Wenn ich es recht bedenke, erlosch die Erinnerung an Beate in dem Augenblick, als ich in deine Augen sah. Natürlich hatte ich damals noch mein Gedächtnis. Den ganzen Tag über verglich ich dich mit Beate. Ich hatte mich sofort in dich verliebt und suchte nach einem Ausweg. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Ich mußte mich von Beate trennen oder dich vergessen. Ich dachte, bei einer großen und anstrengenden Wanderung, die alle meine Kraft fordern würde, könnte ich dich vergessen. In der Gaststube der Baumbergers hörte ich die Männer dann vom ›Höllentor‹ erzählen. Das reizte mich natürlich. Ich liebe nun mal Herausforderungen. Alle Vorsichtsmaßnahmen schlug ich in den Wind. Ich hatte keinen Helm dabei, keinen Pickel, kein Seil. Ich war daheim nach einem Streit mit meinem Bruder Jörg in aller Eile aufgebrochen. Wir hatten uns wegen Beate gestritten und wegen einiger anderen Sachen. Ich wurde unterwegs vom Wettersturz überrascht. Er war schlimm. Ich hatte mich vorher etwas erkundigt. Es gibt ja zwei Wege, den ›Sündenpfad‹ und der ›Büßerstieg‹. Ich wählte den ›Büßerstieg‹. Ich war fast oben, als ich vom Stein getroffen wurde. Benommen blieb ich liegen, bis das Wetter vorbei war. Ich konnte nicht absteigen. Mir schwindelte, wenn ich nur nach unten schaute. So blieb nur der Weg nach oben. Ich mußte raufkommen, um dann hinüberzuwechseln zum ›Sündenpfad‹. Dort sollte ein kleiner Gebirgsbach sein. Dort, versorgt mit Wasser, würde ich mich erholen können. Auch wenn es einige Tage dauern würde, bis

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