Perry Rhodan Neo Paket 1: Vision Terrania. Hubert Haensel
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Читать онлайн книгу Perry Rhodan Neo Paket 1: Vision Terrania - Hubert Haensel страница 31
Bull trat neben Rhodan und sagte leise: »Jetzt verstehe ich, Perry. Deshalb die Bruchlandung. Diese Typen waren mit diesen Spielen beschäftigt, anstatt das eigene Schiff zu fliegen ...«
Crest suchte Blickkontakt zu Bull. »Sie brauchen nicht zu flüstern. Mir ist die bittere Wahrheit nur allzu bewusst.«
Bull schüttelte den Kopf. »Aber das kann doch nicht sein! Man kann doch nicht zu ...«
Er kam nicht weiter. Eine weibliche Stimme sagte scharf: »Was machen diese Tiere auf meinem Schiff?«
12.
»Mercant, du abstoßender alter Speichellecker der profitgierigen kapitalistischen Bourgeoise, was verschafft mir die zweifelhafte Ehre deines Anrufs?«
Ein hageres, blasses Gesicht zeichnete sich auf dem Monitor vor Allan Mercant ab. Es gehörte Juri Medwenkow. Graf Juri Medwenkow und damit einem Angehörigen der neuen großrussischen Aristokratie. Blässe gehörte zu den Abzeichen dieser Aristokratie – und die Art der Verbindung, die Mercant hergestellt hatte, betonte sie noch.
Das Bild war in Graustufen und grobkörnig. Als der Mund sich bewegte, blieben Artefakte in der Darstellung stehen, ließen ihn wie eine fehlgeschlagene Animation erscheinen. Doch der Eindruck täuschte. Der Mann war echt, die Artefakte waren Folgen der mehrfachen Verschlüsselung und der Führung der Verbindung über mehrere Hunderte, zufällig ausgewählte Server.
Vorsicht war angebracht, sprach man mit Großrussland. Äußerste Vorsicht, sprach man von Verräter zu Verräter.
»Das wirst du gleich erfahren, adeliger Sesselfurzer!«, antwortete Mercant ungerührt. Er kannte Medwenkow seit mehr als zwanzig Jahren und hatte inzwischen gelernt, was der Russe an ihm, dem Feind, dem Lakaien der Schurkenorganisation Homeland Security, schätzte: Respektlosigkeit. Es war etwas, das der Graf in seinem Alltag entbehrte. Katzbuckelnder Respekt war für ihn Routine – ebenso wie die erbitterten Intrigen, die im Schutz derselben Höflichkeiten ausgetragen wurden.
»Lass mich raten: Du willst endlich überlaufen, um deine letzten Tage in einem zivilisierten Land zu verbringen?« Medwenkow lachte, als habe er eben den besten Witz des Jahrhunderts gemacht.
»Was hättet ihr mir schon zu bieten als eine Datscha, die schneller im abtauenden Permafrost absäuft, als ich mich in Wodka ertränken kann? Oder deine Kameraden vom FSB mich als Kapitalistenknecht erschießen könnten?«
Medwenkow wurde übergangslos ernst. »Es gibt schlimmere Tode als eine schnelle, gnädige Kugel, mein erzkapitalistischer, ausbeuterischer Freund«, sagte er, sein Gesicht noch blasser als üblich.
»Damit könntest du ausnahmsweise recht haben, Agent Medwenkow.« Mercant beugte sich über die Tastatur und gab eine Kommandozeile ein, gefolgt von einem Passwort. »Einen Augenblick, bitte!«
Der Monitor teilte sich und ein zweites Gesicht formte sich. Es gehörte einem Asiaten und war rund. Selbst in der Graustufendarstellung glaubte man gesunde Bräune in seinem Gesicht zu erkennen.
»Ah, Volksgenosse Li De!«, sagte der Russe. »Ich hätte es mir gleich denken sollen, dass wieder einmal ein Familientreffen ansteht.«
Li De verneigte sich. Er lächelte. »Die vornehmen Herren wünschen?«
»Spar dir dein Lächeln, niemand kauft es dir ab«, sagte Medwenkow.
»Begegne der Welt mit einem Lächeln, dann lächelt sie auch dich an«, entgegnete der Asiate.
»Oder sie gibt dir eben dafür eine in das Antlitz. Ich hätte mit dir damals in Genf kurzen Prozess machen sollen, Volksgenosse!«
»Ich wäre dir zuvorgekommen, adeliger Weichling!« Li De lächelte weiter, als er es sagte.
»Schluss damit!«, sagte Mercant. »Vergesst nicht, dass ich euch beiden hätte zuvorkommen können. Ich hätte euch beide umbringen können. Und ich habe es nicht getan.« Der Russe und der Chinese verstummten, starrten Mercant trotzig an. Es gefiel ihnen nicht, an diese unangenehme Wahrheit erinnert zu werden.
Nein, Mercant hatte damals nicht getan, was Homeland Security von ihm verlangt hatte. Statt zwei Diplomaten zu liquidieren, die man zu Recht für Agenten hielt, hatte er sich mit den beiden in seinem Hotelzimmer in Genf bis zur Besinnungslosigkeit betrunken – nur, um herauszufinden, dass die beiden von ihren jeweiligen Organisationen identische Aufträge erhalten hatten. Aber in jenem Augenblick war es bereits zu spät gewesen. Sie hatten miteinander getrunken, hatten in ihren Gegenübern Menschen entdeckt. Mehr noch: Sie hatten ihresgleichen entdeckt. Agenten. Sie kannten den Schmerz der anderen, die Einsamkeit, die nicht totzubekommende Hoffnung, einem größeren Ganzen zu dienen, das ihre Dienste wert war. Die Vergeblichkeit ihrer Mühen.
Ein Instinkt, den Mercant sich bis zu diesem Tag nicht erklären konnte, hatte ihm gesagt, dass er in diesen Männern Brüder finden würde.
»Aber ich verspreche euch eines«, fuhr Mercant fort. »Ich werde die Verschlüsselung unseres Kanals aufheben, wenn ihr nicht auf der Stelle mit euren kindischen Streitereien aufhört. Verstanden?«
Medwenkow und Li De nickten. Der Russe tat es in der ausladenden Art, die dem neuen russischen Adel zu eigen war, Li De mit einer knappen Verneigung. Sie kannten Mercant gut genug, um zu wissen, dass der Amerikaner nicht zögern würde, seine Drohung umzusetzen. Und sie kannten ihre eigenen Geheimdienste gut genug, um zu wissen, dass sie diesen Augenblick nur um wenige Stunden überleben würden.
»Was willst du?«, fragten der Russe und der Chinese gleichzeitig.
»Der Funkkontakt zur STARDUST ist abgebrochen«, sagte Mercant. »Sie ist auf der erdabgewandten Seite des Mondes verschollen.«
»Na und?«, entgegnete Medwenkow. »Ihr Amerikaner seid selbst schuld. Eine lebensgefährliche Fehlkonstruktion wie die NOVA zu nehmen und ein – sagen wir – zumindest einigermaßen modernes Raumschiff an seiner Spitze montieren und zu versuchen, es zum Mond zu schießen ... Wie kann man nur auf so einen hirnrissigen Gedanken kommen?«
»Aus nackter Verzweiflung.« Mercant ging nicht auf die Häme des Russen ein. Er hatte Medwenkow über die Jahre gut genug kennengelernt, um erkannt zu haben, dass die Bissigkeit des Russen lediglich eine Maske war, mit der er sich die Härten des Lebens vom Leib hielt. Wäre Medwenkow nur zehn Jahre früher geboren worden, wäre es in einem Lager in Sibirien geschehen, in das man seine adelige Familie geschafft hatte. Er hätte es nicht überlebt. Säuglinge hatten in den Lagern keine Chance gehabt. Doch der Zufall – oder das Schicksal – hatte es gewollt, dass er in den frühen 70er-Jahren zur Welt gekommen war.
Im Zwischentauwetter des Kalten Krieges hatte Medwenkow überlebt – und als aus der Sowjetunion das gebeutelte Russland und schließlich das stolze Großrussland geworden war, hatte der Sog des Aufstiegs ihn mitgezogen. Medwenkow hatte es im FSB weit gebracht, aber nicht weit genug, dass er jemals vergessen hätte, dass er seine Existenz nur dem Zufall eines glücklichen Geburtsdatums zu verdanken hatte. Und dass es eine bessere Existenz geben musste, irgendwo, irgendwie, irgendwann.
»Immerhin hat die STARDUST den Flug zum Mond geschafft, mein aristokratischer Freund«, sagte Mercant. »Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet dagegen, dass sich zwei Tage vor dem Start der STARDUST im Kaukasus eine heftige Explosion ereignet hat. Die Seismographendaten