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In Talldyk muss ich neuen Pferdeproviant kaufen. Wir fahren weiter durch Schilfwälder. Am Horizont stehen sie in Flammen.
Da wir in Sigoschur, einer kleinen Ortschaft mit Piket, kein Wasser finden, geht es weiter bis zum Fluss Dschirgilty, dessen zweigeteiltes Bett fast ausgetrocknet war. Hier befinden wir uns 500 Meter über Meereshöhe. Im Dschungel schlagen wir das Lager auf. Hasen, Fasanen, Rehwild, Wildschweine, Wölfe sind unsere Nachbarschaft. Wir erbeuten drei Eier eines Steppenadlers.
Herrlich waren die Abende im Lager, das wir fast immer in der Nähe einer Quelle oder, wenn diese fehlte, eines Tümpels aufschlugen. Da war es kühl, und wir konnten unsere während des Marsches vom Sonnenbrand ausgedörrten Glieder ausstrecken und ein wenig Luft schöpfen. Dunkel waren diese Nächte, aber am Horizont leuchteten überall hell die Flammen der Schilfbrände auf, und gewaltige Rauchschwaden zogen, vom Wind getrieben, tief über die Landschaft dahin. Die Dsungarei3, in der wir uns befanden, ist ein abflussloses, wüstenartiges Hochland mit schlechter Erde. Die mongolischen Bauern müssen schwer arbeiten, um ihr elendes Leben zu fristen. Und was sie gewinnen, wird ihnen von den Räuberbanden abgenommen, die dem Prinzip huldigen, andere für sich arbeiten zu lassen.
Mitten in der Nacht wurden die Pferde häufig unruhig, weil sie Raubtiere witterten, Panther, auch Tiger und Wölfe, die unglaublich frech sind und, wenn sie Hunger haben, zumal im Winter, nicht davor zurückschrecken, in ein Lager einzubrechen und selbst Menschen anzugreifen.
Bis Schi-cho überqueren wir mehrere sanfte Höhenzüge mit morastigen Tälchen dazwischen und passieren das Piket Kur-tu.
Weiter bergauf, bergab! Die Strauchvegetation der Steppenwüste ist verschwunden. Die Geländeformen werden mächtiger. Vor uns liegt nun wellige Steppe.
Bei Schi-cho beobachten wir einen hohen Staubwirbel. Oft sieht man auch drei bis vier solcher Windhosen nebeneinander. Meist sind sie schräg, zuweilen auch kerzengerade.
Schi-cho hat vor den Toren einen muselmanischen Friedhof mit sauber gehaltenen, weiß getünchten Grabdenkmälern. Innerhalb der Stadtmauern dürfen wieder nur Chinesen wohnen. Hier gabelt sich der Weg nördlich nach Tschugutschak und dem Altai, östlich nach Tihwa.
Von Tschugutschak kann man Semipalatinsk in zwölf Stunden erreichen. Seit 1. März 1926 geht der Außenverkehr über Tschugutschak–Bachty–Semipalatinsk.
Der chinesische Kreismandarin des neuen Bezirks, Wu-su-chja, stellt sich ein und fragt höflich nach meinen Wünschen. Hier weht scheinbar ein besserer Geist als in Dschin-huo. Der Mandarin sendet mir nützliche Geschenke: Heu und Kauliang für die Pferde und Holz zum Kochen. Auch stellt er mir Soldaten als Diener zur Verfügung.
Wieder einmal arbeitet das Gerücht! Hier sagt man, ich suche mit meinen Instrumenten nach Gold und Silber. Außerdem aber – ich komme ja aus Russland! – hätte ich die arge Absicht, Karten und Pläne für die Russen aufzunehmen.
Mitten in der Nacht wurde mir Besuch aus Kuldscha gemeldet. Ich konnte mir wirklich nicht denken, wer mich um solche Stunde sprechen wollte. Es war ein Lette. Im Schutz der Nacht, damit ihn niemand beobachtete, kam er, um mich vor den Chinesen zu warnen. Er sagte, meine Messungen hätten die Eingeborenen in Wallung gebracht, man überwache mich bei Tag und Nacht. Die Stimmung gegen mich sei durchaus feindlich; ich möge mich vorsehen. Solche Warnungen darf man natürlich nicht in den Wind schlagen; doch sie waren unnötig, denn ich kannte schon lange die Gefühle, welche die misstrauischen Chinesen dieser Gebiete gegen mich hegten, und richtete mich danach. Meine Messungen wurden jetzt nur noch während der Nacht durchgeführt, und zwar derart, dass mir niemand zu nahe kommen konnte. Und doch fühlten wir alle hinter jedem Baum und Strauch, hinter jeder Wand und Tür die kontrollierenden Augen eines Spähers auf uns gerichtet. Auch machten die wachsamen Hunde der nahen Kirgisenzelte jedes Mal gewaltigen Lärm, wenn meine Beobachtungslaterne aufleuchtete.
Es ist wahrlich kein Vergnügen, unter solchen Umständen verantwortlich zu arbeiten. Doch was waren solche Nadelstiche im Vergleich zu den entnervenden Wüstenmärschen! Abwechslung hatten wir ja genug, bald kamen waldige Stellen, dann riesenhafte Geröllfelder, wo man kaum treten konnte, ohne abzurutschen, dann wieder Steppen, Wüstenstriche und Gebirge! Diese sind zerrissen und zerklüftet, und die reißenden, rasend dahinbrausenden und unten in der Wüste versandenden Gewässer sind gefährlich.
Über bebautes Flachland fahren wir am 21. April weiter nach einer steil abfallenden Hochfläche, die von breiten Geröllbetten durchfurcht ist. Wir nächtigen in Kui-tung, einem kleinen, in Schilf gebetteten Gehöft auf weiter Ebene. Höhenlage 420 Meter.
Vom nächsten Tag an kommen wir bis Kui-lun durch Baumvegetation, über gewaltige Steppen, die mit Artemisia (Beifuß) bewachsen sind. Stellenweise sieht man junges Gras. Der ewige Staub ist hier angenehmerweise durch Regen gelöscht.
Mitten in einer Steinwüste liegt das Piket Syoch-li-dschinsa. Später haben wir einen gewaltigen Schutthang des schneebedeckten Borochoro-Gebirges zu überwinden. Dann hinab in ein breites Tal mit Vegetation und wieder einen breiten Rücken hinauf, der ganz mit Rüstern und Sträuchern bedeckt ist.
Überraschend wirkt nach so viel einsamer Landschaft Jan-tschikai, ein kleiner, betriebsamer Ort an ausgetrocknetem Fluss. Die Brunnen geben uns freilich nur wenig und schmutziges Wasser. Wir müssen also wieder einmal das Lager verlegen. Zehn Kilometer weiter finden wir in einer Meereshöhe von 460 Metern einen geeigneten Platz zwischen Rüstern, nahe einem chinesischen Grabdenkmal.
Dort treffen wir einen Herrn der Russisch-Asiatischen Bank, namens Achmatoff, der von Tihwa nach Sowjetrussland zurück will.
Er erzählt, dass der Personenverkehr Tihwa–Hami gesperrt, in Tihwa mobilisiert und strenge Kontrolle Zureisender ausgeübt werde, dass ferner kurz vor Tihwa ein Offizierposten eingerichtet sei, der alle Reisenden aufs Genaueste untersuche.
Dieser Posten habe erst kürzlich in Gegenwart anderer chinesischer Beamten eine russische Dame bis aufs Hemd visitiert und ihr die vorgefundenen Briefe abgenommen.
Außerdem höre ich hier, dass seit Monaten in Chotan der amerikanische Maler Roerich auf Befehl des Generalgouverneurs festgehalten wird. Er darf kein Bild malen und nichts photographieren!
Über mich gehe in Tihwa das übliche Gerücht, ich sei mit Landvermessung beschäftigt. Es stünden mir daher eine scharfe Untersuchung bevor und Konfiskation meiner Messungen.
Schöne Aussichten! Aber Bangemachen gilt nicht. Ich erfahre übrigens noch, dass ich in Manaß Pater Hilbrenner von der katholischen Steyler Mission treffen werde.
Nach einem Rasttag reisen wir weiter durch Rüsternwald, durch Hügelgelände mit großen Formen, niedrigem Gras und Saxaulsträuchern und erreichen den Ort Santagose.
Unterwegs hängt der Telegraphendraht oft bis auf den Boden. Wagen fahren darüber hinweg.
Ein großer Teil der Ortseinwohner sind Muselmänner. Mit Wasser ist’s wieder sehr schlecht bestellt. Wir müssen es einem Tümpel mit grünlichem Schlamm entnehmen, in dem sich viele Schweine tummeln.
Bis Ulan-ussu Rüsternbestände, kleine Gehöfte, großer Friedhof.
Am 25. April 1926 geht die Fahrt bis Manaß (chinesisch Sulai) über Felder und durch Rüsternhaine, über fruchtbare Steppe, an einer chinesischen Papierfabrik vorbei. Wir überschreiten den Hauptarm des Manaß-Flusses in breitem Geröllbett.