Om mani padme hum. Wilhelm Filchner

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Om mani padme hum - Wilhelm Filchner Edition Erdmann

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soll eine alte Mongolenstadt sein und ehemals »Stadt der goldenen Säule« geheißen haben. Die Bauten, in denen die Mongolenfürsten wohnten, hätten nahe dem Westende der jetzigen Stadt gestanden. Dort soll sich die erwähnte, ganz mit Gold bedeckte Säule befunden haben!

      Das muss wirklich schon ein ganzes Weilchen her sein ...

      3.

      ZUM SAIRAM-NOR. MEIN WISSENSCHAFTLICHES PROGRAMM

      In milder Märzluft verlassen wir am 28. März, begleitet von zwei gut aussehenden chinesischen Soldaten auf staubiger Straße Kuldscha. In der Ili-Niederung sind große Rauchwolken zu sehen.

      Alljährlich setzt die Bevölkerung hier Schilfwälder und Gestrüpp des Flusstals in Brand, um Weideplätze für das Vieh zu erlangen.

      Natürlich werden dadurch große Mengen von Enten-, Gänse- und Fasanennestern vernichtet. So nimmt das geflügelte Wild umso schneller ab, als die Fischer auch noch das alte Schilf anzünden, um sich von der Mückenplage zu befreien.

      Abends treffen wir in der Kreisstadt Sui-ting ein, die etwa 45 Kilometer westlich von Kuldscha in einer Meereshöhe von 570 Metern liegt.

      In Sui-ting und in Kure dürfen nur Chinesen innerhalb der Stadtmauern wohnen. Auch hier ist ein Missionshaus der Steyler Mission, das dem Pater Colomb unterstellt ist.

      Der persische Flieder hat schon große Knospen, die wilden Aprikosen stehen in voller Blüte. Duft und Farben des Frühlings verschönen die unvollkommene Welt.

      In und bei der Stadt viele Pappeln mit ungezählten Nestern der Saatkrähen; der Eiersegen hat schon begonnen. In der Nähe entströmen Felsrissen glühendheiße Schwefeldämpfe. Aus den Niederschlägen werden Soda und Salpeter gewonnen.

      Mein erstes Ziel ist der Sairam-See, den ich über den 2500 Meter hohen Talki-Pass im Borochoro-Gebirge erreichen will.

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       Poststraße Prschewalsk–Ssassanowka nach dem Erdbeben; Straße mit Rad- und Hufspuren im Vordergrund (Foto: N. W. Gubareff)

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       Fan Dao-tai, der Minister des Äußeren in Urumtschi; hingerichtet am 7.7.1928 (Foto: Wilhelm Filchner)

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       Denkmal für den Generalgouverneur von Sinkiang (Foto: Wilhelm Filchner)

      Einen Tagemarsch von Sui-ting entfernt, erblicken wir am Fuß des Borochoro-Gebirges die Ruine eines alten niedrigen Turms. In früheren Zeiten diente er einer primitiven, aber damals ausreichenden Telegraphie: Er gab durch Feuersignale Nachrichten über Land. Von hier ab beginnt der Aufstieg in der Talki-Schlucht.

      Mehrere Tage fahren wir auf leidlich guten Wegen bergan zwischen wilden Espen, Wildäpfeln und Fichten. Doch ist von den ehemals großen Wäldern nicht mehr viel übrig, da die Eingeborenen mit ihren Lagerfeuern recht unvorsichtig umzugehen pflegen.

      In der oberen Knieholzzone zeigen sich Rehe, Luchse, Bären, Murmeltiere; auch der Schneeleopard ist hier zu Hause. Wilde Tauben gibt es in Hülle und Fülle. Viel Wacholder gedeiht, außerdem eine merkwürdige Pflanze, eine Sturmhutart, deren Wurzel giftig ist.

      Frauen, die ihre Ehemänner schnell loswerden wollen, kochen die Wurzel, tauchen den Rock des Mannes in die Flüssigkeit und lassen ihn wieder trocknen. Zieht der Mann den Rock über, dringt das Gift durch die Poren in den Körper und vollendet das Zerstörungswerk in wenigen Stunden. Es ist das wahre »Nessusgewand«. Ich freilich habe keine Angst vor diesen Wurzeln; ich rechne mich zu den »geborenen« Junggesellen.

      Droben auf dem verschneiten Kamm des Passes kommen wir zu einem kleinen Tempel, den die Borotala-Mongolen angelegt haben sollen. In seiner Nähe türmen sich drei Meter hohe Steinhaufen. Balken, Stöcke und Bretter mit Tuchwimpeln sind hineingesteckt und mit Schnüren untereinander verbunden. Diese Steine und sonstigen naiven Symbole wurden von den Eingeborenen mühsam nach der Passhöhe geschleppt und dort den Göttern geopfert.

      Zu unseren Füßen dehnt sich der unendliche Sairam-See. Grellweiß leuchtet seine Eisdecke herauf. Er scheint sehr tief zu sein. Kein Trinkwasser für Menschen. Es wirkt abführend und schmeckt nach Glaubersalz. Doch die Tiere der Wildnis lieben es.

      Zwei Stunden muss ich im eiskalten Wind hinter der Blockhütte stehen, bis endlich die beiden Wagen auf dem steilen Weg sich langsam heraufschieben. Die Pferde dampfen und müssen alle 20 Meter verschnaufen.

      Zuletzt, als es gar nicht mehr geht, müssen alle fünf Pferde in einer Reihe nacheinander vor jeden der zwei Wagen gespannt werden. Gerade ist der Letzte der beiden auf der schmalen Plattform angelangt, gerade habe ich den Kutschern zugerufen, sie sollen Steine hinter die Räder legen, um ein Abrollen zu vermeiden, da sehe ich, wie Iwans Wagen, der mit den unersetzlichen Instrumenten, sich langsam in Bewegung setzt und auf dem zum See abfallenden Nordhang ins Rutschen kommt!

      Der Atem stockt mir. Iwan wirft sich jammernd zu Boden, bekreuzigt sich und heult. Der Wagen aber, der jetzt ein ungeheures Tempo erreicht, schießt mit den wildgewordenen drei Pferden an der Deichsel in wahnsinniger Fahrt talwärts – über einen kurzen Sattel hinweg, einer kleinen Kappe zu, hinter der es keine Rettung mehr gibt.

      Die verzweifelten Pferde versuchen beizudrehen. Doch vergebens, ihre Kraft reicht nicht aus, den Wagen aus seiner Bahn zu bringen, geschweige denn abzubremsen. Nur noch Sekunden, dann ist das Unglück geschehen! ...

      Ich schließe instinktiv die Augen, um dieser Katastrophe nicht machtlos zuschauen zu müssen.

      Machtlos – Katastrophe! Diese beiden Gedanken schießen durch mein Hirn. Denn hier ist alles verloren. Die Pferde tot, der Wagen zerschellt und all die kostbaren Instrumente zerschlagen! Die Expedition schon an ihrem Anfang gescheitert, an ein Weiterreisen ohne Instrumente nicht zu denken ...

      Iwan, ein Bild des Jammers, heult und beteuert seine Unschuld, aber ich treibe ihn an, mitzukommen. So laufen wir, so rasch unsere Füße uns tragen, der Unglücksstelle zu, die unseren Blicken verborgen ist.

      Trümmer und zuckende Glieder erwarten wir zu finden. Doch, was sehen wir?

      Hinter dem Abhang, kurz vor dem tiefen Absturz zum vereisten See, hat sich ein 60 Meter breites, anderthalb Meter tiefes Schneeband gebildet – und dahinein sind Wagen und Pferde gerast!

      Immerhin müssen die Tiere schwer verwundet, wenn nicht gar tot, und die Instrumente beschädigt sein!? Aber noch einmal haben wir ungeheures Glück. Zwar ragen nur noch die Köpfe der Pferde aus dem Schnee, und der Wagen liegt ganz auf der Seite, die Tiere bluten aus den Mäulern, vom Wagen ist fast nichts zu sehen; aber, gottlob, es gelingt uns, nach stundenlanger, mühevoller Arbeit die Pferde auszugraben und ohne schwere Verletzungen zu bergen.

      Dann machen wir uns an den Wagen, der ganz zerlegt und Stück für Stück herausgeschaufelt werden muss.

      Beick und ich schuften aus Leibeskräften, der Chinese Joseph bedient die Pferde; nur Iwan hindert uns an der Rettungsaktion, indem er ständig heulend meine Knie umklammert und meine Hände küssen will.

      Ein paar kräftige Ohrfeigen, die Joseph ihm verabreicht, kühlen sein

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