Om mani padme hum. Wilhelm Filchner

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Om mani padme hum - Wilhelm Filchner Edition Erdmann

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      Möge diese meine Expedition nach Zentralasien den Beweis verstärken, dass im deutschen Volk trotz Unglück und Not noch der alte Idealismus lebt und der Glaube an die eigene Kraft.

      Zu den erfreulichsten Erfahrungen auf meiner Forschungsfahrt gehört es, dass mir von den Angehörigen der verschiedensten Nationen allenthalben hilfreiche Hand geboten wurde, sodass sich die Überzeugung in mir festigte, dass auch heute noch Achtung und Liebe für Wissenschaft und tätiges Forscherstreben lebendig geblieben sind. Und das beweist wiederum, dass bei gemeinsamer Verfolgung ideeller Ziele trennende Gegensätze am besten überbrückt werden.

      Berlin, im Herbst 1931

      Wilhelm Filchner

      »OM MANI PADME HUM«

      »Om mani padme hum«, diese sechs Silben, die ich diesem Buch zum Namen gab, bedeuten eine Bannformel, eine der kürzesten wohl und sicher die meistgesprochene, -geschriebene und -vervielfältigte auf dieser Erde. Mit Inbrunst und erstaunlich seltsamen Mitteln wird die unablässige Wiederholung dieser einen Formel in dem fernen Hochgebirgsland Tibet betrieben.

      »Om mani padme hum« heißt zu Deutsch: »O Kleinod im Lotos!« Dieser Ausspruch ist das tägliche, stündliche, immerwährende Gebet eines Volkes und zugleich eines Glaubens. Der deutsche Tibetforscher Professor A. H. Francke hat den ursprünglichen Sinn dieses Gebetes ermittelt. Für die Bekenner des Lamaismus, nämlich die Tibeter und Mongolen, kommt nur die einheimische Erklärung der heiligen sechs Silben infrage, die jeder Silbe eine besondere magische Kraft beilegt. Die Treffsicherheit dieser Silben wird mit folgenden Worten gepriesen:

      »Der (Welt-) Berg Ssumeru ließe sich wohl noch in der Waagschale abwägen.« –

      »Das große Weltmeer ließe sich wohl tropfenweise erschöpfen.« –

      »Die finsteren unermesslichen Wälder und Gebüsche des Schneereiches (Tibet, d. Verf.), in Asche verwandelt, ließen sich wohl stäubchenweise zählen.« –

      »Eine Einfassung von hundert Meilen im Umfang, mit den feinsten Samenkörnern gefüllt, von denen täglich nur eines herausgenommen würde, könnte am Ende wohl leer werden.« –

      »Ein zwölf Monate lang anhaltender, Tag und Nacht sich unaufhörlich ergießender Regen könnte wohl tropfenweise gezählt werden.« –

      »Die Tugenden aber, die ein einmaliges Aussprechen der sechs Silben bewirkt, sind unberechenbar.«

      1.

      VON MOSKAU BIS CHORGOS

      Eine höchst unerwartete Wirkung hatte meine Unternehmung, noch ehe sie wirklich begonnen. In Moskau hielt man mich für einen Sowjetkommissar! Diese Ehre verdankte ich meiner Reisetracht, die ich auf früheren Expeditionen erprobt hatte und im moskowitischen Winter auch bewährt fand: dunkelbrauner Lederanzug, Gamaschen, Pelzmütze. Nichts lag mir, weiß Gott, ferner, als den russischen Machthabern ins Handwerk zu pfuschen. Aber überall – nicht nur auf den Straßen, auch in den amtlichen Departements – wurde ich wieder und wieder als Kommissar der Sowjets angesprochen.

      Manche wollten es mir gar nicht glauben, dass ich Deutscher sei; sie schienen diese meine Versicherung eher für irgendeine List zu halten und lächelten vielsagend. Ich sähe gar zu waschecht aus »wie ein Volkskommissar von 1917«.

      Im Übrigen hat man mich in Moskau, sobald meine Person und meine Ziele bekannt wurden, viel zu häufig – entschieden über meinen Bedarf hinaus – photographiert, namentlich für Arbeiterzeitungen; auch an Interviewern fehlte es nicht.

      Schließlich hatte ich nicht übel Lust, mich selbst einmal zu fragen, wer und was ich eigentlich sei? Wie ich hierher in diese russische Welt kam? Und was ich denn noch weiter, viel weiter draußen im Herzen Asiens suchte?

      Meine wissenschaftlichen Aufgaben standen mir freilich klar genug vor Augen. Und im Besonderen lockte und lockt mich zeitlebens die Sphinx, als die das innere Asien noch immer anzusehen ist, trotz allem, was von Forschern verschiedenster Nationalität bereits zur Ergründung dieser Länderstrecken und ihres bunten Völkergemischs geleistet worden ist.

      In unseren Tagen kommt wohl für jeden reiferen Deutschen, der aufs Ganze blickt, noch etwas anderes hinzu: der Wunsch, seinem schwer heimgesuchten Land zu nützen, soweit ein Einzelner es irgend vermag. Ein Gedanke, der in dem deutschen Forschungsreisenden den Drang nach Wirken in der Ferne – und hoffentlich auch ein wenig in die Ferne – jedenfalls höchst lebendig erhalten muss.

      In mehr als einem Sinn kann es für das heutige Deutschland nur dienlich sein, außer seinen Kaufleuten, Technikern, Diplomaten, Künstlern usw. auch ganz unabhängige, besonnene, weltkundige und wissenschaftlich gut gerüstete Männer »draußen« zu haben, deren einzige Aufgabe das Suchen und Sehen, das Forschen ist.

      Einmal darf im edlen Wettbewerb der Völker um den Fortschritt der menschlichen Erkenntnis der Deutsche vielleicht am wenigsten fehlen. Dann aber ist der zivilisatorische, kulturelle und weltpolitische Zusammenhang der Nationen auf der Erde so eng, dass kaum noch etwas von dem, was auf diesem Planeten von einem Volk irgendwie Bemerkenswertes gewollt oder unternommen wird, für ein anderes Volk ganz gleichgültig sein könnte.

      Nach alledem hat der deutsche Forschungsreisende in den exotischen Gebieten mindestens eine dreifache Aufgabe: Er ist wissenschaftlicher Arbeiter, Repräsentant seiner Heimat und friedlich schaffender Beobachter fremdvölkischen Lebens und Trachtens. Diese drei Ziele sind so innig miteinander verknüpft, dass sie sich praktisch gar nicht trennen lassen.

      Während der kaum zwei Wochen meines Aufenthalts im großen osteuropäischen Reich hatte sich mein Verlangen nach dem asiatischen Osten zu drängender Ungeduld gesteigert. Ich atmete auf, als ich endlich, am 15. Januar 1926, Moskau verlassen konnte, um mit der Bahn über Orenburg nach Taschkent zu fahren.

      Aber auch ein angeborener Trieb stieß mich wieder hinaus in die Fremde, eine schicksalsmäßige, also nicht weiter zu erklärende Bestimmung, die den einen zum Forscher werden lässt wie etwa den anderen zum Maler oder Musiker. Die Suche nach dem Unbekannten lastet als eine innere Verpflichtung auf jedem zur Forschung Berufenen.

      Am 19. Januar abends erreichte ich Taschkent, die Hauptstadt des asiatisch-russischen Syr-Darja-Gebiets.

      Ich begab mich nach dem Hotel Regina. Die Herren vom »Mittelasiatischen Meteorologischen Institut« waren liebenswürdigerweise wiederholt nach dem Bahnhof gegangen, um mich zu empfangen. Durch die erhebliche Zugverspätung hatten wir uns verfehlt. So machte ich erst am nächsten Tag die Bekanntschaft dieser ausgezeichneten Männer, die mir meine Arbeiten in Taschkent auf jede Weise erleichterten.

      Der Vertreter des Auswärtigen Amts der Sowjetunion, Herr Snamenski, war mir bei der Regelung der Zoll- und Passangelegenheiten behilflich. Auch schoss er mir einige Mittel zur Weiterreise vor. Denn bereits hier, am Anfang der Reise, war mir der Nervus Rerum knapp geworden. Ich hatte mein ganzes Geld der Firma Fausts & Cie. in Tientsin übermitteln lassen, die mich in China akkreditierte, und durch die ich also auch in der chinesischen Provinz Sinkiang, und zwar in der Hauptstadt Tihwa (Urumtschi), sofort Geldmittel erhalten konnte. Herr Snamenski ließ daher nach Sinkiang Weisung gelangen, dass die Firma Faust & Cie. mir weitere Mittel entgegensende.

      Nach dem turkestanischen Gebiet der Sowjetunion aber hatte ich nur das Allernötigste an Geld mitgenommen, da mir in Leningrad gesagt worden war, die Grenzgebiete seien ganz unsicher und dauernd von Räuberbanden

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