Aelia, die Kämpferin. Marion Johanning

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Aelia, die Kämpferin - Marion Johanning

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sagte Wala. »Ich muss zugeben, dass das Mädchen eine angenehme Gesellschafterin war. Ich werde sie vermissen.«

      »Das musst du nicht, Wala, du wirst sie begleiten.«

      Wala erwiderte nichts. Eine Weile lang war nur das Vogelgezwitscher aus dem Wald zu hören. Dann sagte er so leise, dass Aelia ihn kaum verstand: »Du willst auf dein Ohr im Wald verzichten?«

      »Ich verzichte ungern auf die Weisheit deines Ratschlags. Aber ich brauche dich bei ihr. Niemand kennt die Tücken der nordgallischen Einöden besser als du.«

      »Aber Vortrefflicher, vergiss nicht das Können deiner Männer.«

      Tertinius machte eine wegwerfende Handbewegung.

      Wala sah schweigend auf den Waldboden, seine Gestalt schien in sich zusammenzusinken. Eine Weile sah er so mutlos aus, dass er Aelia leid tat.

      »Nun, du musst in großen Nöten sein, wenn du einen alten Mann wie mich mit dieser Aufgabe betraust, Herr«, sagte er schließlich. »Willst du, dass ich mein Leben fern der Heimat beschließe?«

      »Gewiss nicht. Nichts würde mich mehr erfreuen, als dich noch vor Jahresfrist lebendig an Leib und Seele wiederzusehen. Aber ich brauche Männer, denen ich vertraue und auf die ich mich verlassen kann.«

      Ein kleines Lächeln spielte um Walas verdörrte Lippen. »Vortrefflicher, ich mache mir nichts vor, was dein Ansinnen betrifft. Du schickst ein Mädchen und einen alten Mann, weil du auf keinen deiner Männer verzichten willst.«

      Tertinius stemmte die Arme in seine Hüften. »Mein Guter, ich hatte gehofft, dich nie daran erinnern zu müssen, aber nun muss ich es doch. Du bist mir etwas schuldig.«

      Wala seufzte tief. »Du brauchst mich nicht an meine alten Schulden zu erinnern, Vortrefflicher, die kenne ich selbst. Noch habe ich mein Gedächtnis nicht verloren. Ich werde meine Habseligkeiten zusammenpacken, und du gibst uns einen Mann zu unserem Schutz mit.«

      Mit diesen Worten wandte er sich vom Präfekten ab und ging zur Hütte.

      »Das Mädchen ist Schutz genug«, sagte Tertinius.

      Aelia trat aus der Hütte, stapfte durch das vom Morgentau noch feuchte Gras zu Tertinius und verbeugte sich knapp.

      »Wo ist Verina?«, fragte sie nach einer kurzen, gerade noch standesgemäßen Begrüßung. »Geht es ihr gut?«

      Tertinius musterte Aelia von oben bis unten, als sähe er sie zum ersten Mal. »Deine Haare stehen dir gut!«

      Wala hielt inne und wandte sich um. »Ja, ist sie nicht hübsch, Vortrefflicher? Viel zu hübsch!«

      »Lass mich meine Freundin sehen, bevor du mich wegschickst, Herr. Du hast es mir versprochen!«

      Tertinius rieb sich das Kinn. Er winkte einem seiner Männer, der daraufhin ein Stoffbündel hervorzog und es Aelia gab. »Zieh das hier an. Deine Freundin wirst du gleich sehen.«

      Als Aelia sich nicht rührte, fuhr er sie an: »Na los, worauf wartest du noch? Euer Schiff liegt schon im Hafen!«

      Da verschwand sie in der Hütte, um sich umzuziehen. Sie würde Verina sehen, gleich! Die ganze Zeit über hatte sie sich gefragt, wo die Freundin wohl wäre und wie es ihr ginge. Sie wäre längst in den undurchdringlichen Wald geflohen, wenn Wala ihr nicht immer wieder versichert hätte, dass sie dem Präfekten vertrauen könnte und es Verina bestimmt gut ginge, solange sie tue, was er verlange. Er sei ein Mann, der sein Wort halte.

      Sie schlüpfte in die Gewänder, die Tertinius ihr mitgebracht ­hatte – eine schlichte Tunika aus braunem Leinen, Beinkleider, einen Wollmantel –, Männerkleidung. Ein guter Einfall, dachte sie, als sie sich den breiten Ledergürtel um die Hüften schlang, mit den kurzen Haaren kann man mich auf den ersten Blick wirklich für einen Mann halten.

      Tertinius nickte zufrieden, als sie wieder vor die Hütte trat. »Ihr werdet als einfache Reisende unterwegs sein. In Gegenwart von Fremden wirst du nur das Nötigste sprechen und das Reden Wala überlassen, verstanden?«

      Aelia nickte, obwohl sie nicht wusste, was er mit ihr vorhatte. Sie würde aber alles tun, wenn er nur sein Wort halten und Verina und ihr die Freiheit schenken würde. Sie beobachtete, wie Wala seine Hütte verschloss und ein Schutzzeichen davor in die Luft malte. Tränen standen in seinen Augen, als er sich zu ihr umwandte. Er zog sie an ihrer Tunika ein paar Schritte weiter, zu jener Stelle, von der aus sie hinunter ins Tal blicken konnten. Unterhalb der Weinberge am östlichen Ufer, auf einer lang gestreckten erdigen Fläche, lag Treveris wie ein weißer Flecken am silbernen Fluss, umgeben vom ersten frischen Grün des Frühlings.

      Wala bückte sich und griff mit seinen dünnen Händen in die Erde. »Hier«, sagte er zu Aelia und öffnete seine Hand. »Nimm das, verwahre es gut. Dann kommst du eines Tages wieder zurück.«

      Sie sah auf die feuchten Klumpen in seiner Hand, und die Angst kroch ihr langsam den Rücken herauf. Sie nahm die Erde und ließ sie in die eingenähte Tasche ihrer Beinkleider gleiten. Dann folgten sie den Soldaten den Berg hinab zum Wagen, der am Flussufer auf sie wartete.

      Sie fuhren nicht sofort zum Hafen, sondern die Via Valentinian hinauf, um die Stadt durch das südliche Tor, die Porta Media, wieder zu verlassen. Gewaltig ragten die beiden Türme des Stadttores vor ihnen auf. Auf einen Wink von Tertiniusʼ Männern öffneten die Wachsoldaten die mächtige Tür zwischen den Türmen und ließen den Wagen hindurch. Langsam rumpelten sie über die alte steinerne Straße, die stadtauswärts nach Mettis führte. Aelia nahm das Leder fort, das die Öffnung in der Tür des Reisewagens verschloss, und sah hinaus. Grabsteine säumten ihren Weg – unter ihnen große, verzierte Monumente, die sich reiche Römer für die Ewigkeit geschaffen hatten. Ihre verwitterten Steine trugen Inschriften, die sie nicht lesen konnte.

      Im Hof des Klosters St. Eucharius hielt ihr Wagen an. Tertinius machte Lucanus ein Zeichen und stieg aus der Kutsche. Der Offizier packte Aelia grob, zog sie aus dem Wagen und folgte ihm. Er schien ihr den Faustschlag immer noch übel zu nehmen. Sie blinzelte in das Tageslicht. Vor ihnen lag ein Friedhof, in dessen Mitte sich eine kleine Kirche erhob. Auf ihrem roten Ziegeldach prangte ein eisernes Kreuz. Tertinius gebot Aelia, ihm zu folgen, und ging zur Kirche. Er stieg die Stufen zum Eingang hinauf, warf eine Kupfermünze in das Körbchen einer Magd, die dort kauerte, und verschwand im Inneren der Kirche. Die Magd trug einen Kapuzenmantel, unter dem hellblondes Haar hervorlugte, und eine Augenbinde. Als sie die Münze klimpern hörte, lächelte sie und bedankte sich.

      »Gott wird es dir vergelten.«

      Verina! Aelia öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch da drückte Lucanus ihr seine Hand auf den Mund. »Ein Laut und sie stirbt!«, zischte er an ihrem Ohr, während er sie mit dem anderen Arm festhielt.

      Aelias unterdrückter Schrei würgte in ihrer Kehle. Nur mit Mühe widerstand sie dem Drang, sich loszureißen und auf die Freundin zuzustürzen. In ihren Armen zuckte es, doch Lucanus merkte es und verstärkte seinen Griff. Mit Tränen in den Augen beobachtete Aelia, wie Verina das Körbchen umklammerte, während sie sich artig bei jedem Pilger bedankte, der eine Münze hineinfallen ließ.

      Tertinius kam wieder aus der Kirche. »Hast du genug gesehen?«, fragte er leise. Die beiden Soldaten nahmen Aelia in die Mitte und schoben sie zurück zum Wagen, der auf dem Hof auf sie wartete.

      Aelia blickte sich nach Verina um, die immer noch ahnungslos an der Kirchentür saß, als Tertinius ihren Arm nahm und sie in den Wagen schob, in dem Wala auf sie wartete.

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