Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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war zunächst erfreut, daß sie völlig unbedarft schien. Von seiner Berühmtheit schien sie gar keine Ahnung zu haben.

      »Es hat lange gedauert, bis ich meinen Stil gefunden habe«, erklärte er. »Früher waren meine Bilder wild und ungestüm, so, wie ich auch. Inzwischen bin ich viel ruhiger, die Bilder ebenfalls. Der Stil ist naturalistisch.«

      Kathie spielte gedankenverloren mit einem Grashalm.

      »Und wo kann man Ihre Bilder sehen?« fragte sie.

      Robert hob die Schulter.

      »Das weiß ich eigentlich gar net so genau«, erwiderte er. »In München gibt es einen Galeristen, der sie ausstellt und verkauft. Ein paar hängen in verschiedenen Museen, und die meisten sind in Privatbesitz.«

      »In Museen sogar«, staunte Kathie. »Dann sind S’ wohl sehr berühmt?«

      Robert lachte.

      »Das ist so eine Sache mit der Berühmtheit«, entgegnete er. »Solange man gut ist und Erfolg hat, ist es schön, berühmt zu sein, doch wehe, man befriedigt den Geschmack des Publikums net mehr, dann kann es auch ein Fluch sein, wenn man so bekannt ist.«

      Das Madel sah ihn nachdenklich an.

      »Und Sie hat dieser Fluch getroffen?«

      Der Maler war überrascht, daß sie es sofort erkannt hatte.

      »Ja«, nickte er. »Sehr plötzlich und sehr hart. Beinahe über Nacht geriet ich in eine Schaffenskrise. Meine Bilder wurden vom Publikum kaum noch wahrgenommen, und von der Kritik in Grund und Boden gestampft. Es hätte net viel gefehlt und aus der Schaffenskrise wäre eine Identitätskrise geworden. Ich zweifelte nicht nur an meiner Kunst, sondern an mir selbst. Mein Fortgang aus München glich einer regelrechten Flucht. Ich war sicher, nie wieder einen Pinsel in die Hand zu nehmen, nie wieder Farben zu mischen und auf die Leinwand zu bringen, nie wieder das Glücksgefühl zu empfinden, das einen überfällt, wenn man ein Werk vollendet hat.«

      Er hielt einen Moment inne und schaute sie beinahe zärtlich an. Kathie sah diesen Blick, und er verwirrte sie so, wie ihre Gedanken sie verwirrten, die sich seit gestern nur noch mit dem Mann beschäftigten, der jetzt neben ihr saß.

      »Doch seit ich hier bin, geht es mir viel besser«, fuhr Robert fort. »Ich schöpfe neue Kraft und Hoffnung, und vielleicht schon bald werde ich ein neues Bild beginnen. Ich sehe es schon ganz genau vor mir, jede Einzelheit…«

      Wie gerne hätte er jetzt ihre Hand ergriffen und sie an sich gezogen. Doch irgend etwas hielt ihn davon ab. Vielleicht der Gedanke, das solch eine Handlung den Zauber des Augenblicks zerstört hätte. So ahnte jeder die Sehnsucht des anderen, doch noch blieb sie unerfüllt.

      *

      Wie aus einem Traum erwachend standen sie auf und setzten ihren Weg fort. Zur Kanderer-Alm war es noch ein gutes Stück zu gehen. Immer höher hinauf, über karges Gestein und schmale

      Pfade. Schließlich erreichten sie einen breiten Weg, der von der anderen Seite des Tales heraufführte.

      »Jetzt wird’s einfacher«, erklärte Kathie. »Das ist der Wirtschaftsweg zur Kanderer. Der wär’ natürlich bequemer gewesen, aber längst net so schön.«

      Robert holte tief Luft, bevor er antwortete.

      »Schön war’s wirklich«, prustete er. »Aber auch anstrengend.«

      »Dafür werden S’ gleich mit der besten Milch belohnt, die’s überhaupt gibt. Da schmecken S’ richtig die Blumen und Kräuter, die die Küh’ gefressen haben.«

      Kathie übertrieb nicht. Als sie vor der Sonnenwirtschaft auf den Holzbänken saßen und zwei große Gläser kalte Milch vor sich stehen hatten, überkam sie beide ein wohliges Gefühl. Es war das Gefühl, etwas geschafft, der Anstrengung getrotzt zu haben. Kathie nahm ihr Glas und prostete dem Maler zu.

      Es war einfach herrlich, das eiskalte Getränk die ausgedörrte Kehle hinunterfließen zu spüren. Und wie es schmeckte! Robert war sicher, nie zuvor solch eine Milch getrunken zu haben.

      »Na, hab’ ich zuviel versprochen?« fragte Kathie und wischte sich den weißen Milchbart vom Mund.

      Robert schüttelte den Kopf.

      »Nein, ganz gewiß net. Das ist net einfach nur Milch, das ist ein Getränk für die Götter!«

      Lachend bestellten sie zwei neue Gläser und verzehrten dazu ein Brot, das mit herzhaftem Bergkäse belegt war, den der Senner seit Monaten gepflegt und erst am Morgen angeschnitten hatte.

      »Ich denk’, ich werd’ auf jeden Fall länger, als nur eine Woche bleiben«, sagte Robert Demant, als sie sich auf den Rückweg machten. »Es ist so schön hier, ich will es einfach noch genießen. Außerdem – bei solch einer netten Fremdenführerin… ich hoffe doch, daß dies net unser letzter Ausflug gewesen ist.«

      »Es gibt noch viele schöne Ecken«, antwortete Katharina Lehmbacher. »Ich zeig’ Sie Ihnen gern’.«

      »Ich nehm’ Sie beim Wort«, drohte er schmunzelnd.

      Als sie am Nachmittag wieder im Tal angelangt waren, blieb Kathie gerade noch Zeit, sich auf den Dienst vorzubereiten. Kaum, daß sie ein paar Minuten hatte, um sich auszuruhen. Dennoch machte sie wie immer einen fröhlichen, ausgeglichenen Eindruck.

      Robert, der geglaubt hatte, todmüde ins Bett zu fallen, war indes viel zu aufgekratzt. Er nahm den Skizzenblock und setzte sich wieder an das Fenster. Kathies Gesicht lachte ihm entgegen, und der Maler spürte mit jeder Faser, wie sehr er das junge Madel begehrte.

      Die Begegnung mit ihr hatte ihm wieder neuen Lebensmut gegeben. Vom ersten Augenblick ihres Kennenlernens war es ihr gelungen, die dunklen Gedanken, die ihn beherrschten, zu verdrängen, und die Krise war schneller überwunden, als er es zu hoffen gewagt hatte. Unbändig fühlte er den Drang, wieder zu Pinsel und Farben zu greifen. Einem ersten Impuls folgend, hatte der Maler eigentlich alles zu Hause lassen wollen, was mit seinem Beruf zusammenhing. Robert war froh, es nicht getan zu haben. In dem kleinen Koffer war alles, was er benötigte, um ein neues Bild zu beginnen. Lediglich eine Leinwand hatte er nicht mitgenommen. Doch die aufzutreiben, sollte keine Schwierigkeit sein. Er wollte wieder malen, und es würde wieder so sein, wie früher. Und zum ersten Mal würde er dazu keine Vorlage brauchen, kein Modell, denn was er malen wollte stand fest.

      Das Bild der Frau, die er liebte, und das war ja schon fertig – fest eingebrannt in seinem Herzen.

      *

      Justus Krammler sah kurz von seinem Schreibtisch auf, als Manuela das Arbeitszimmer betrat.

      »Was gibt’s?« fragte er.

      »Wolfgang Lehmbacher ist da.«

      Krammlers Miene erhellte sich.

      »Sehr gut«, nickte er. »Auf ihn ist Verlaß. Heut’ könnt’s zum ersten Mal ein wenig heikel werden.«

      Seine Frau war an den Schreibtisch getreten. Sie legte ihren Arm um den Hals des Mannes.

      »Glaubst’ net, daß es noch zu früh ist, ihn für solch gefährliche Tour auszusuchen? Wenn nun etwas schiefgeht?«

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