Maria Rosenblatt. Corinna T. Sievers

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Maria Rosenblatt - Corinna T. Sievers

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für Ideen, jetzt aber herrschte Leere in ihrem Kopf. Sie hielt ihn geneigt, die rechte Hand an der Stirn, ein Pochen, Vorbote einer Migräne. Ein ausgefülltes Liebesleben helfe gegen Spannungskopfschmerz, hat sie gelesen, vielleicht brauchte sie einen Liebhaber, das Hämmern in ihrem Kopf wurde wütend, vorsichtige Schritte zum Garderobenständer. Dort hing neben dem fremden Mantel Detlefs Lederjacke, ein abgewetztes Stück, das sie schon aus Zeiten ihrer Liebschaft kennt. Maria stieß sie beiseite, steckte die Nase in den Kaschmirmantel. Möglicherweise ist dieser Mann anders.

      Die Tür flog auf, Detlef trat ein, der Duft von Automatenkaffee, er stellte die Becher auf den Schreibtisch, unzählige Tassen haben darauf ihre Ringe hinterlassen. Wem der Mantel gehöre, er sehe teuer aus.

      Maria überhörte die Frage, griff nach ihrem Becher, setzte ihn an die Lippen, zuckte zusammen, Detlef zur Stelle, nahm ihr den Kaffee ab, rührte um, blies: Woher sie die Bilder habe?

      Die Staatsanwaltschaft habe sie geschickt, Maria biss sich auf die Oberlippe, du mit deinem heißen Kaffee. Um seine Frage zu beantworten, die Bilder werden per MMS an einen kleinen Kreis von Empfängern verschickt, auf Prepaidhandys, und zwar nur auf diese.

      Wie der Staatsanwalt daran gekommen sei, Detlef reichte ihr den Becher zurück, sie solle es noch einmal versuchen. Maria nahm einen Schluck und erwiderte, sie glaube, es sei Zufall gewesen mit den Bildern. Hoffentlich wird das Koffein ihrem Kopf guttun. Es hat sich um ein verlorenes Handy gehandelt, ein junger Mann, der es fand, war neugierig und hat die Mails gelesen, er begriff, dass hier etwas nicht stimmt, erstaunlich eigentlich bei alldem, was die im Internet zu sehen bekommen.

      Ob es eine Möglichkeit gebe, an die Kundendaten zu kommen, fragte Detlef. Maria schüttelte den Kopf, die Anbieter von Prepaidkarten seien nicht verpflichtet, Namen und Anschrift des Kunden zu kontrollieren, Falschangaben seien nicht einmal gesetzlich verboten. Sie tastete nach ihrem Hinterkopf, an dem ein Chignon saß, eine absichtslose Gebärde.

      Detlef verwirrte ihre Anmut. Wieder ruhte Marias Blick auf dem fremden Mantel, auch das verstörte Detlef, er hob den Arm, vollzog einige alberne Pantomimen in der Absicht, den leeren Becher in den Papierkorb zu werfen, Maria ungeduldig: »Sie werden Fehler machen, irgendwann Bilder auf ein Vertragshandy schicken oder auf ihrem PC abspeichern«, er solle jetzt endlich werfen, es gehe weiter.

      Detlef warf und traf daneben, bückte sich und las den Becher auf, Maria: Bitte, sie habe wirklich keine Zeit für seine Albernheiten.

      Sie zog ihn hinter sich her auf den Flur, rotes Linoleum, das pfennigrunde Dellen aufweist, Hunderte oder Tausende, die sich zur Mitte hin zu einer Fläche vereinigen, unübersehbar Spuren ihrer hohen Absätze. Die Verwaltung hatte sich beschwert, eine missgünstige Sachbearbeiterin in Slippern tauchte persönlich bei Maria auf. Sie nahm den Schaden in Augenschein, Maria auf ihren Pfennigabsätzen konnte nicht leugnen. Alsdann: Man müsse sich Gedanken über die Qualität des Linoleums machen, und ob sie vielleicht Birkenstocks tragen solle, sie lasse sich wegen ihres weiblichen Schuhwerks nicht diskriminieren, sie erwäge, sich an die Gleichstellungsbeauftragte des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zu wenden. Fortan herrschte Ruhe.

      Jetzt blieb Maria stehen. Detlef prallte gegen sie, bat um Verzeihung. Maria winkte ab, deutete mit der Hand auf die Tür zum Damen-WC, Detlef solle nicht auf sie warten, die anderen seien bereits im Besprechungsraum versammelt. Detlef hätte es vorgezogen, vor dem WC stehen zu bleiben, sie waren sich einmal da drinnen begegnet, er hatte es gewagt, ihr zu folgen, sie saß auf der Toilettenbrille: »Sieh mir zu«, spreizte die Schenkel, befriedigte sich mit ihren flinken, langen Fingern, dabei stieß sie mit der Fußspitze an seinen steifen Schwanz, drückte Detlef von sich und wies ihn aus der Kabine. Die Begebenheit lag lange zurück, Detlef erinnerte jedes Detail, die Farbe ihres Höschens und des Nagellacks an ihren Zehen, er starrte auf die Tür der Damentoilette.

      Maria auf der anderen Seite vor dem Spiegel, das Licht war grell und fiel von oben, es formte eine Landschaft auf ihrem Gesicht, Fältchen wurden zu Tälern, Poren zu Kratern, eigentlich ist sie stolz auf ihre Haut, den zarten, blassen Teint, ihre Sommersprossen, im Sommer trägt sie Hut und hochgeschlossene Blusen, wie ein Bild von Edouard Manet. Sie würde einen Termin bei der Dermatologin vereinbaren, botoxen, was für ein Wort. Die Ärztin sagt, man könne nicht früh genug damit beginnen. Es ist nicht das erste Mal, die letzte Injektion liegt einige Monate zurück, Marias Körper hat das Gift abgebaut und verstoffwechselt. Das Honorar: eintausendzweihundert Franken. Dreimal im Jahr, das macht dreitausendsechshundert. Hannes weiß nichts davon, vom Botox ebenso wenig wie von dem Eingriff beim Venerologen, der ihre Krampfadern in Kurznarkose verödet hat, siebentausendsechshundert Franken. Für solche Fälle besitzt sie ein geheimes Konto.

      Sie blickte auf die Uhr, die Besprechung lief seit fünfzehn Minuten, es war nicht einfach für Detlef, die unbeliebten Aufgaben zu verteilen: das Abklappern der Handyläden, die Befragung der Anwohner am Fundort, all das bei Minusgraden. Lieber hockten die Männer am Schreibtisch, tranken Kaffee, recherchierten, vorzugsweise im Netz. Nicht, dass Maria ihnen etwas unterstellen will, oder vielleicht doch. Sie hatte die interne Ermittlung beauftragt, die Festplatten aller Mitarbeiter zu überprüfen, jeder einzelne Rechner war an die Reihe gekommen, Roman hatte stundenlang auf youporn.com gesurft. Zur Rede gestellt, schob er fadenscheinige Beweggründe vor. Das hatte ihn die Beförderung gekostet.

      Sie verließ das WC, eilte über den Flur zum Besprechungsraum. Die Männer erhoben sich gerade, nur Detlef saß noch da und machte sich Notizen. Vielleicht roch er Maria, ohne aufzublicken deutete er auf den Stuhl neben sich. Maria machte breitbeinig Halt, sie weiß, wie sie ihren Mann steht.

      Detlef reichte ihr die Liste, Simon habe er für den Außendienst eingeteilt, es sei ihm am ehesten zuzumuten, sich den Arsch abzufrieren, Urs und Roman dürften Bürodienst leisten, Roman habe die höchste Medienkompetenz. Maria entfuhr ein Lacher, wieso sie ihn immer auslachen müsse, fragte Detlef, Roman sei doch wohl in der Lage, Bilder an Krankenhäuser, Tagesstätten, Kinderheime zu versenden, die Technische Abteilung bemühe sich derzeit, Hinweise auf den pornographischen Gegenstand zu retuschieren, hoffentlich würde ein Kinderarzt den Leberfleck an der Leiste eines Säuglings wiedererkennen, oder einen kleinen Blutschwamm.

      Maria nickte, schön, ja, jetzt müssten sie hoffen, dass ihnen der Zufall zu Hilfe käme, sie selbst wolle sich ein paar Stunden zurückziehen, in die Thematik vertiefen, ein Gefühl entwickeln für die Methodik des Gegners. Detlef sollte so freundlich sein, ihr die anderen vom Leib zu halten und sich selbst auch, ja, das vor allem, damit sie irgendwann gegen neunzehn Uhr nach Haus kann.

      Es wurde Viertel nach acht, ihr Nacken schmerzte, als sie zuhause eintraf, ihre Augen brannten, ihr Magen seit Stunden leer, ihr war das Hungergefühl abhanden gekommen. Gegen drei Uhr nachmittags hatte ihr Detlef eine Banane auf den Schreibtisch gelegt, bereits geschält, abgesehen davon war er alle zwei Stunden mit einem Becher Kaffee aufgekreuzt, ein stummer Diener, der keinen Dank erwartet und auch nicht erhält, oder, wenn doch, zu einem späteren und gänzlich unvermuteten Moment.

      Maria hatte sich eine Akte nach der anderen bringen lassen, auf ihrem Schreibtisch gestapelt und mit Zorn gesichtet. In den vergangenen Jahren hatte es zahlreiche Fälle von Kinderpornographie gegeben, Einzeltäter waren in der Mehrheit, Banden seit der Jahrtausendwende eine Ausnahmeerscheinung. Die Bilder im Internet stammten aus Privathaushalten, meist entstanden ohne das Zutun von Frauen, sie wissen von nichts oder dulden das Handeln ihrer Männer, bei den Opfern sind Mädchen in der Überzahl.

      Jetzt stand Maria in der Küchentür, an den Rahmen gelehnt, der aus dunkler Eiche und hundert Jahre alt war. Das Kindermädchen im Begriff zu gehen, Ende zwanzig, aus dem Tessin, die Haut straff, prall der Busen, es spricht Italienisch.

      Die Kinder hockten am Küchentisch, es hatte Streit um die letzte Gewürzgurke gegeben, Maria setzte sich dazu, nahm kleine Hände in ihre, teilte die Gurke, schob eine Hälfte in jedes Mündchen. Ihr müsst nicht streiten, Kinder,

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