Tödlicher Crash. Barbara Wimmer

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Tödlicher Crash - Barbara Wimmer

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mit Erwin Hufnagl vom Cyber Security Competence Center (CSCC) analysierte der Kriminalkommissar nun die Ergebnisse. Hufnagl hatte schon ein wenig recherchiert.

      Fritz Fuchsbauer hatte offenbar zahlreiche böse E-Mails verfasst, in denen er den Finanzminister beschimpft hatte. Woher der Computer das wusste? In den geltenden Rechtsvorschriften für Ministerien gab es seit knapp einem Jahr einen Passus, der besagte, dass der Arbeitgeber den Inhalt der E-Mail-Kommunikation ganz offiziell mitlesen darf und dass E-Mails von den Mitarbeitern auch nicht verschlüsselt werden dürfen. E-Mails galten in Ministerien, ähnlich wie Social Media, mittlerweile als »öffentliche Kommunikation«. Das war wenigstens ehrlich – ehrlicher als so mancher sonstige Betrieb, der seine Angestellten heimlich ausspionierte. Dass es seit kurzem in den Ministerien und Ämtern eine Regelung dazu gab, war somit wirklich nur fair. Natürlich wurde das nicht so offen kommuniziert, und selbstverständlich wurde den Mitarbeitern vorgegaukelt, dass dies nur »in Ausnahmefällen« gemacht werde und nur die theoretische Möglichkeit dazu bestehe. »Liegt im Ermessen des Betriebes«, hieß die genaue Formulierung auf Papier. In der Praxis aber wurde jede E-Mail, die ein Ministerium erreichte oder die innerhalb eines Ministeriums hin- und hergeschickt wurde, gespeichert und in die »Precrime«-Computer der Behörden eingespeist. Dort wurden E-Mails in Folge bis zu zehn Jahre lang aufgehoben. Zugriff auf dieses System gab es selbstverständlich nur bei »schweren Straftaten« wie Verdacht auf einen terroristischen Akt oder Mord. Aber auch Drogendelikte oder Stalking zählten in Österreich zu »schweren Straftaten«. Ein Jahr Freiheitsstrafe als angedrohtes Strafmaß reichte aus, um Behörden die Erlaubnis zu erteilen.

      Hufnagl las dem Kriminalkommissar, der, gemütlich zurückgelehnt, in seinem bequemen Ledersessel saß, eine E-Mail von Herrn Fritz Fuchsbauer vor. Fuchsbauer war einfacher Mitarbeiter in einem Infocenter des Finanzamts. Er schrieb: »Steinrigl ist so ein Arschloch! Ich könnte ihn umbringen! Eine Bombe soll ihn zerfetzen! In tausend Stücke reißen! Er hat es nicht anders verdient. Jetzt hat er angeordnet, dass wir im Infocenter die Menschen darüber aufklären müssen, dass sie künftig mehr Steuern zahlen müssen. WIR! Stell dir vor, WIR müssen den Leuten das jetzt sagen! Was können wir dafür, wenn der liebe Finanzminister uns kleine Leute ausbluten lassen will? Schröpfen und melken, wie eine Kuh! Weißt du, was ich mir jetzt täglich alles anhören muss deswegen? Einer hat schon mit seinem Fuß nach mir getreten. Ein anderer hat meine Brille zertrümmert. Wir brauchen bald Polizei hier, wenn diese Regelung beibehalten wird. Ich habe das auch schon bei meinen Chefs angemerkt, aber davon will keiner etwas wissen. Wir sollen höflich und freundlich bleiben, dann wird uns schon nichts passieren. Wie stellen sich die das vor, bitte? Den armen Leuten das letzte Hemd ausziehen, nur weil der Herr Finanzminister mal wieder ein Budgetloch zu stopfen hat? Der soll sich mal hier hinstellen und den Menschen sagen, dass sie künftig mit 150 Euro weniger am Konto über die Runden kommen müssen, weil die Steuern erhöht worden sind. Ich hasse diesen Steinrigl! Ich hasse ihn. Ich hasse ihn. Ich hasse ihn. Ich könnte ihn wirklich umbringen. Das ist so kurzsichtig, was er macht. So dumm. Er gehört weg. Sofort.«

      Rund zwanzig Mails in diesem Tonfall hatte Fuchsbauer verfasst. Alle waren an externe Kontakte gegangen, von denen auch mehrere geantwortet hatten. Einer schrieb ihm zurück: »Beruhige dich, Fritz. Das wird schon wieder!« Doch die meisten anderen fielen in den Tenor von Fritz Fuchsbauer ein und schimpften auf den Finanzminister. Schließlich war von der Steuererhöhung wirklich jeder in diesem Land betroffen gewesen.

      Fuchsbauer, das hatten sie überprüft, war im Umgang mit dem PC nicht gerade der Hellste. Er hatte keine Ahnung davon gehabt, dass seine E-Mails technisch mitgelesen werden konnten. Dass dem Staat das auch rechtlich möglich war, davon hatte er ebenfalls noch nie etwas gehört. Fuchsbauer war auch kein aggressiver Mensch. Das hatten die Gespräche mit seinen direkten Kollegen ergeben, die täglich mit ihm zu tun hatten. Als der Finanzminister vor rund einem Jahr die Steuererhöhung beschlossen hatte, wonach die Steuerklassen, die Jahre zuvor gesenkt worden waren, wieder angehoben wurden auf das alte Niveau – und zwar rückwirkend mit 1.1.2019 –, mussten die Mitarbeiter des Infocenters die Bevölkerung beim Steuerausgleich darüber informieren, dass sie dieses Jahr bei der sogenannten »Arbeitnehmerveranlagung« nichts zurückbekommen würden, sondern dass die meisten von ihnen auch noch draufzahlen müssten. Die Infocenter-Angestellten, die die Menschen vor Ort darüber in Kenntnis setzen mussten, waren mit zahlreichen wütenden Bürgern konfrontiert worden. Es hatte tatsächlich auch Fälle gegeben, in denen die Polizei hatte einschreiten müssen. »Es war keine leichte Zeit für uns alle. Ehrlich gesagt, hatte ich damals auch große Lust, unseren Minister einfach auf den Mond zu schießen«, sagte eine Kollegin bei der Befragung aus. Damit war sie nicht die Einzige. So etwas in der Art ließen auch einige andere der Befragten anklingen.

      Mit dem Verhör von Fuchsbauer selbst war dann relativ rasch klar, dass er nichts mit dem Mord an Wolfgang Steinrigl zu tun haben konnte. Er stotterte, zitterte und brach in Tränen aus, als man ihn mit den Verdächtigungen konfrontierte. Diese Palette an Emotionen konnte keiner mit der Intelligenz eines Franz Fuchsbauers spielen. Seine Computerfähigkeiten beliefen sich zudem nicht einmal auf ECDL-Niveau. Es bestand keine Chance, dass er sich in ein selbstfahrendes Auto gehackt haben könnte, und so wurde er ziemlich rasch von der Liste der Verdächtigen gestrichen.

      Bei Manuel Erlach dauerte die Überprüfung etwas länger. Der 22-Jährige war ins Visier des »Precrime«-Computers geraten, weil die Kombination aus seinem Browser-Verlauf, seinem Online-Shopping-Verhalten sowie seiner Social-Media-Aktivitäten auf Facebook ihn verdächtig gemacht hatten. Die Ausgangslage war hier etwas verzwickter. Erlach hatte im Internet regelmäßig nach neuen »Hacks« gesucht. Auch »Auto« war bei den Suchergebnissen häufig vorgekommen und der Flexus Alpha tauchte ebenso in seiner Liste der gesuchten Objekte auf wie die Begriffe »Computer«, »Hacker« und »Cyber«. Dazu kam, dass Erlach in einem Online-Shop vor kurzem einen neuen, leistungsstarken Rechner gekauft hatte. Ein Exemplar, mit dem Cyberangriffe auf Autos wie den Flexus Alpha tatsächlich durchgeführt werden könnten. Über Social-Media-Kanäle wie Facebook oder Twitter teilte Erlach seit Jahren zudem häufig Artikel, in denen der Finanzminister kritisiert worden war. Auch hier fiel den Ermittlern besonders der Zeitpunkt, als die Steuererhöhung beschlossen worden war, auf. Damals veröffentlichte Erlach Dinge, die als »systemkritische Hassreden« klassifiziert werden konnten. Um es kurz zu machen: Erlach war kein Freund der Konservativen Familienpartei (KFP). »Die Bevölkerung ist zum Staatsfeind geworden. Der Finanzminister übt sich in bösartiger Niedertracht, um das Volk kleinzuhalten. Nieder mit dem herrschenden System! Nieder mit der KFP!« Dazu war im Posting ein Bild mit dem »Anarchie«-Zeichen zu finden.

      Erlach wurde auch konkreter: »Steinrigl ist emotional bestenfalls mittleres Management. Und das gehört abgesetzt. Sofort.« Doch Erlach hatte nicht nur seine eigene Meinung recht aggressiv auf Facebook verkündet, sondern auch Artikel von Stefanie Laudon geteilt. Der Kommissar dachte sich kurz: Vielleicht steckt diese Journalistin mit Manuel Erlach unter einer Decke?

      All diese Indizien reichten auf jeden Fall dafür aus, bei Erlach eine Hausdurchsuchung anzuordnen. »Den Herren schauen wir uns genauer an«, sagte der Kriminalkommissar zu seinem Einsatzteam. »Ich bin gespannt, was wir finden werden.«

      Kapitel 12

      Noch am selben Tag stand die Kriminalpolizei vor der Haustür des 22-jährigen Verdächtigen. Das mit dem Durchsuchungsbefehl war schnell gegangen. Das lag einerseits daran, dass es sich beim Toten um den Finanzminister handelte, andererseits an der Tatsache, dass die Beweiskraft relativ stark war. Neben dem CSCC-Cyber-Leiter Erwin Hufnagl kamen insgesamt drei weitere Personen aus seinem Team sowie die klassische Spurensicherung mit. Schließlich ging es dabei vor allem um die Sicherstellung der Computer und des entsprechenden Zubehörs des Verdächtigen und das gehörte nicht zum Job des Kriminalkommissars.

      Manuel Erlach wohnte in einem Gemeindebau im 15. Wiener Gemeindebezirk in der Nähe der Johnstraße und der Verkehrsader Hütteldorfer Straße. Die Autos brausten vorbei, es stank nach Abgasen, alles war trist, grau in grau. So sah Wien im Dezember einfach aus, aber es passte gut zur Situation. Es dämmerte bereits. Der Johann-Hartmann-Hof

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