Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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nein“, kam es von den Regalreihen. „Wie konnte das passieren?“

      Carl! Der Marionettenmann riss die Augen auf und kam auf die Beine. Er ließ den Blick über das Regal schweifen, fassungslos. Ihm wollte nicht einfallen, wo der Schrumpfkopf lag. Oben! Er hatte einen Platz ganz oben. Der Marionettenmann hob den Blick …

      … und atmete auf. Carl war unversehrt, doch starrte er mit weit aufgerissenen, leeren Augenhöhlen das Stundenglas zu seiner Rechten an. Es hatte ihm den oberen Glaskolben weggerissen.

      „Das“, sagte Carl, „war knapp.“

       Das Tagebuch

       35. URBAN 1713, MITTVIERT

      Das Fourier ist eine noble Absteige. Nobel jedenfalls für die Verhältnisse des Hafens. Das heißt, dass es dort einigermaßen sauber ist, und bullige Männer in schwarzen Anzügen dafür sorgen, dass handfeste Meinungsverschiedenheiten auf der Promenade ausgetragen werden. Es verfügt zudem über einen durchaus charmanten Billigluxus. Es ist alles vertreten von edlen Kronleuchtern, die so weit oben hängen, dass man sie nicht ohne Weiteres beschädigen, oder als die billigen Imitate, die sie sind, entlarven kann, über schmucke Vorhänge bis hin zum wichtigsten Accessoire: der Bühne. Dort präsentieren sich am Abend Komödianten, Sängerinnen und Tänzerinnen, die, je später es wird, bisweilen skandalös viel Bein oder gar ihr Höschen zeigen.

      Werktagmorgen beschloss ich, ins Fourier zu gehen in der Hoffnung, Diane zu treffen. Ich war ihr eine Erklärung schuldig. Während der Vorlesungen dieses Tages beschäftigte ich mich daher überwiegend damit, mir die richtigen Worte zurecht zu legen.

      Als ich am Nachmittag Emily mitteilte, was ich vorhatte, zeigte sie Verständnis. „Ich warte hier auf dich“, sagte sie und berührte unwillkürlich den Talisman unter ihrer Bluse. Unsere Veranstaltungen enden werktags immer zur selben Uhrzeit, und sie hatte mich bis vor die Tür meiner Wohnung begleitet.

      „Denkst du, du hältst es solange mit ihm aus?“, scherzte ich und nickte zur Tür. Ich sprach natürlich von Ed.

      Sie lächelte und verpasste mir einen Knuff. „Schließ schon auf.“

      Eine knappe Stunde später betrat ich das Fourier. Ein bulliger Mann im schwarzen Anzug beäugte mich misstrauisch, als wäre ich ein Unruhestifter. Ich ignorierte ihn, schritt den Mittelgang hinab und ließ den Blick auf der Suche nach Diane durch den Saal schweifen. Der Geruch von Politurmittel lag in der Luft. Zu so früher Stunde waren nur wenige Gäste anzutreffen. Die Beine von etwa zwei Dritteln aller Stühle, die verkehrt herum auf den runden Tischen standen, ragten der Saaldecke entgegen wie die Stämme junger Bäume. An einem der freien Tische erblickte ich Diane, unverkennbar durch ihr goldenes Haar. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt und rieb die Tischplatte mit einem Tuch ab und zwar derart energisch, als hegte sie gegen jeden einzelnen Quadratzentimeter eine persönliche Abneigung.

      Ich trat näher und räusperte mich leise. „Diane?“ Sie spannte sich an, als sie meine Stimme hörte. Ihre Rechte umfasste das Tuch so krampfhaft, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Sie wandte sich um und musterte mich mit einer Mischung aus Wut und Unglauben.

      „Was willst du jetzt noch?“

      Ihre Frage irritierte mich. „Ich will mit dir reden.“ Ich wollte ihr einfach die Wahrheit sagen. Dass mein Verhältnis zu Emily noch ungeklärt gewesen war, als ich beschloss, mich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken. Dass unsere Liebesnacht während eines Zustandes bar jeder Kontrolle meinerseits stattgefunden hatte. Dass es mir leid täte.

      Und das tat es auch.

      „Du hast vorhin genug geredet, William David Walker.“ Wie sie mir meinen Namen ins Gesicht spie, hätte sie mich ebenso gut ohrfeigen können.

      Ich starrte sie an. „Was meinst du damit?“

      „Was meinst du damit“, äffte sie. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du dich wie ein Ochse anhörst, Walker? Wie viel mussten deine Eltern zahlen, damit du an der Universität angenommen wurdest, hä?“

      „Ich war vorhin doch gar nicht hier.“

      Jetzt war es an ihr zu starren. „Findest du das witzig?“ Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, wandte sie sich an den Mann im schwarzen Anzug. „Gary, kümmere dich doch bitte um den hier“, sagte sie mit ihrer klebrigsten Zuckerstimme.

      „Mit dem größten Vergnügen“, knurrte Gary und trat mit knackenden Fingerknochen auf mich zu.

      „Diane, ich habe wirklich keine Ahnung, wovon du redest.“ Ich würgte. Gary hatte mich am Schlafittchen gepackt und schnürte mir die Luft ab.

      „Raus mit dir, Arschloch“, knurrte er und zerrte mich zum Ausgang. Ich stolperte rückwärts hinter ihm her, während Diane uns mit einer Mischung aus Schadenfreude und Abscheu nachblickte. Ich brachte erst wieder einen Ton hervor, als Gary mich draußen auf der Promenade grob von sich stieß.

      Ich hustete. „Gary“, würgte ich hervor, ehe er im Fourier verschwinden konnte. „Mit wem … wem hat sie geredet? Wer war vorhin bei Diane?“

      Gary sah mich an. Dieselbe Mischung aus Wut und Unglauben, die ich zuvor bei Diane gesehen hatte, lag nun in seinem Blick. „Willst du mich verarschen? Sie hat mit dir geredet.“

      „Aber ich war nicht hier.“

      „Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen“, drohte Gary mit zornfunkelnden Augen. „Nicht einmal dein Zwillingsbruder könnte dir so ähnlich sehen. Was soll die Scheiße?“

      „Ich …“

      „Hör zu, Bursche.“ Gary trat sehr nahe an mich heran. „Ich rate dir, Diane nicht zu unterschätzen. Sie ist in Schwarzwasserhafen aufgewachsen und andere Sitten gewohnt. Sie musste dort einiges durchmachen, aber wenn man glauben darf, was man über sie erzählt, ist sie dort nicht gerade als Heilige bekannt. Wenn ich an die armen Kerle denke, die sich mit ihr angelegt haben, tun sie mir fast leid.“ Sein rotes Gesicht war meinem jetzt so nahe, dass ich die Wärme spüren konnte, die es abstrahlte. Im Flüsterton fuhr er fort. „Offen gestanden glaube ich, dass sie nicht mehr ganz dicht ist hier oben. Wusstest du, dass sie immer ein Messer bei sich trägt? Ich will dir also raten, nicht wieder herzukommen, sonst kann ich für nichts garantieren.“

      Ich schluckte schwer und sammelte Mut zu einer Erwiderung. „Ich weiß nicht, wer vorhin mit Diane gesprochen hat“, sagte ich mit stockender Stimme. „Ich war es jedenfalls nicht. Richte ihr bitte aus, dass es mir leidtut. Und dass ich jederzeit bereit bin, über alles zu reden.“ Gary schnaubte und verschwand kopfschüttelnd im Fourier.

      Auf dem Heimweg zerbrach ich mir den Kopf darüber, was das alles zu bedeuten hatte. Wer war bei Diane gewesen? Wer sah mir zum Verwechseln ähnlich und kannte mich so gut, dass er mich imitieren konnte? Das war unheimlich! Was hatte der Unbekannte gesagt? Ich dachte an den Hass in Dianes Augen und kam zu dem Schluss, dass es nichts Gutes gewesen sein konnte.

      Als ich meine Wohnung betrat, fand ich Emily und Ed in unserer Küche vor. Emily hatte eine entspannte Haltung eingenommen, wohingegen Ed wild gestikulierte.

      „Wie kannst du sagen, dass ein Mythos ebenso wahrscheinlich ist wie eine wissenschaftliche Theorie?“, fragte er. „Wie konntest du mit dieser Einstellung überhaupt an der Universität aufgenommen werden?“

      „Ich

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