Hexenherz. Goldener Tod. Monika Loerchner
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Читать онлайн книгу Hexenherz. Goldener Tod - Monika Loerchner страница 21
»Dann haben sie uns bald«, spricht Gero aus, was wir alle denken. »Denn wir sind die Fische in ihrem Netz.«
Der Anführer ballt erneut die Hände zu Fäusten.
»Kein Wunder, dass sie den Verhandlungen zugestimmt haben: Wieder etwas mehr Zeit, während der wir die Augen vor dem verschließen, was direkt vor unserer Nase passiert.«
»Heißt das, die Friedensverhandlungen sind vom Tisch?«, will Simone wissen.
»Nein. Aber ich werde nicht zulassen, dass sie uns nochmal an der Nase herumführen. Ihr«, Adrian deutet auf Kolja, Marzena und mich, die wir nebeneinander sitzen, »werdet wie besprochen nach Annaburg reisen und die Verhandlungen mit der Goldenen Frau beginnen. Doch in der Zwischenzeit werden wir uns bereit machen.« Adrians Augen funkeln wild, als er sich umdreht und jede einzelne Rebellin der Reihe nach fest ansieht. »Wir werden hier nicht stumm und still sitzen bleiben, während die sich zum Kampf rüsten. Sie wollen uns vernichten, darauf müssen wir gefasst sein. Ja, ich habe gesagt, dass ich endlich Frieden will. Mag sein, dass der Zeitpunkt doch nicht so gut war, wie ich gedacht hatte, und Annaburg tatsächlich verhandeln möchte. Es mag ebenso sein, dass sie nicht im Traum an einen Friedensvertrag denken und sich ins Fäustchen lachen, weil wir es tun. So oder so, wir werden bereit sein. Ihr alle werdet doppelt und dreimal so hart arbeiten wie bisher.« Ich schaue mich um, sehe die Wut und Enttäuschung auf den Gesichtern der Rebellinnen, aber auch Entschlossenheit und Zustimmung. Keine hier wird sich kampflos unterkriegen lassen.
»Ich werde noch heute einige von euch losschicken. Wir müssen noch schneller und noch mehr Speichersteine abbauen und mit Magie füllen. Eleganz ist jetzt nicht mehr gefragt. Schluss mit aufwendigen Tarnungen, Schluss mit Schmuck! Jetzt geht es nicht mehr um eine Revolution, die so lange wie möglich im Verborgenen bleibt, jetzt geht es um offenen Krieg.« Adrian hebt seine Stimme. »Geht in eure Heimatdörfer. Werbt an, wen immer ihr finden könnt. Frauen, aber auch Männer, Fräulein und Großmütter. Erzählt ihnen, dass wir sie mit etwas ausstatten werden, was sie kampffähig macht. Sagt gegenüber Uneingeweihten noch kein Wort von der gespeicherten Magie – noch nicht.« Jetzt fällt sein Blick auf mich. »Noch wahren wir das Geheimnis, noch geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die Goldene Frau zur Besinnung kommt und mit ihren Hexen endlich die Gesellschaft errichtet, die uns allen als Kindern der Göttin angemessen ist. Und wenn nicht«, seine Augen glitzern, »werden wir bereit sein.«
Über die Schöpfung
Einst schuf die Große Göttin die Weltkugel. Sie schob die Oberfläche an einigen Stellen zu Bergen zusammen und füllte die so entstandenen Täler mit Wasser.
Sie schuf den Tag und die Nacht, den Wind und den Regen, doch die Erde blieb öde und leer.
Da nahm sie einen Teil ihrer Göttinlichkeit, einen Funken bloß, ließ ihn von Wind und Sonne trocknen, zerrieb ihn und streute die Körner über das Weltenrund.
Wo die Samen auf die Erde trafen, wuchs Leben, das im Boden verhaftet war, und wo sie ins Wasser fielen, entstand das bewegliche Leben.
Der Göttin gefielen die Wesen, die sie erschaffen hatte. Sie berührte ein jedes von ihnen und ein jedes wuchs auf andere Weise, um ihr zu gefallen.
Viele Jahre lang schaffte die Göttin neues Leben. Doch mehr und mehr wurde sie sich ihrer Einsamkeit gewahr, denn keines ihrer Wesen vermochte sie zu erkennen. So wollte sie eines erschaffen, das mehr wahrnehmen konnte, als ihm seine Sinne verrieten. Die Göttin nahm von all ihren Lieblingswesen die besten Teile und fügte sie zu einem Ganzen zusammen. Sie nahm ein winziges Körnchen ihrer Göttinlichkeit, legte es in das Wesen und der Mann erwachte.
Die Göttin war sehr angetan von ihren neuen Geschöpfen, denn die Männer sprachen zu ihr, priesen sie und beteten sie an. Doch allzu bald änderte sich ihr Verhalten. Sie wurden mürrisch und streitlustig und nutzten die Kraft ihrer Körper und Geister, um sich die Schöpfung der Göttin untertan zu machen. Sie vergaßen, ihr zu huldigen, wurden wild und versehrten einander.
Die Göttin brachte es nicht über sich, die Mannheit zu töten, denn sie hatte sie lieb gewonnen und wann immer sie ihnen zürnte, sprachen die Männer wieder süße Worte, so dass ihr Kummer verging.
Doch mit der Zeit wuchs der Unmut der Göttin. Sie erkannte, dass der göttinliche Funke, den sie in die Männer gelegt hatte, erloschen war.
Da nahm sie erneut das Beste aller ihrer Lieblingswesen, doch nun fügte sie das Fruchtreiche der Erde selbst hinzu. Und jenen Wesen schenkte sie erneut einen winzigen Teil ihrer Göttinlichkeit und schloss ihn ein in das Fruchtbare, auf dass er nie verglimmen möge. Und so kamen die Frauen zu den Männern, um sie vor dem Zorn der Göttin zu erretten.
Die Männer waren in der Zwischenzeit längst wild geworden, außer sich in ihrer hilflosen Raserei aufeinander, denn sie hatten keine Aufgabe und waren ohne Lebenssinn.
Die Frauen, mit deren Körpern ein Teil der göttlichen Macht erblühte, huldigten der Göttin, aber nicht nur mit süßen Worten, sondern auch mit ihren Taten. Sie lebten in Einklang mit den anderen Geschöpfen, errichteten Heime und Kunst, in der sie die Wunderhaftigkeit der Göttin priesen und ehrten.
Die Große Göttin war sehr glücklich über die Frauen und beschloss, die Männer wieder von der Erde fortzunehmen. Doch die Frauen wiederum hatten die Männer mittlerweile lieb gewonnen. Als sie vom Vorhaben der Göttin erfuhren, baten sie um Gnade. Sie boten der Göttin an, fortan für die Männer verantwortlich zu sein, ihnen beizubringen, im Einklang mit der Schöpfung zu leben und ein Heim zu schaffen, mit ihrer Körperkraft für einander zu sorgen, Feuer zu machen und Bilder, Statuen und Musik zu Ehren der Göttin zu erschaffen. Als Zeichen dieses ewigen Bundes zwischen Frau und Mann nahmen sie einen winzigen Teil ihrer göttinlichen Macht und legten sie in den Schoß der Männer, so dass sie fortan nur noch mit ihnen gemeinsam neues Leben zeugen konnten.
Die Große Göttin zeigte Gnade, blieb aber argwöhnisch und verkündete den Frauen, ein Zeichen zu senden, das die Männer ermahnen möge: Wann immer ein Regenbogen am Himmel erscheint, sollen sich die Männer daran erinnern, alle Schöpfung, gleich welcher Form, Größe oder Farbe, zu achten und zu schützen und der Frau untertan zu sein. Sonst würde der Zorn der Göttin erneut über sie kommen und sie würde sie von der Erde nehmen bis in alle Ewigkeit.
Und so retteten die Frauen die Männer und gaben dafür einen Teil ihrer Göttinlichkeit her.
Teil II: 7 Wochen
Kapitel 12
Es ist ein seltsames Gefühl, nach Annaburg zu reisen. Adrian hat sogar extra Pferde für uns aufgetrieben. Mit einem Mal kann es ihm gar nicht schnell genug gehen. Als hätte ihn Saschas Bericht darauf hingewiesen, dass ihm die Zeit davonlief.
Was zweifellos der Fall ist: Marzena hat jetzt nur noch zwei Monate vor sich, bis das Baby kommt. Das ist so klassisch Mann – als ob nicht jeder wüsste, wie lange eine Schwangerschaft dauert! Aber nein, es ist ja noch so viel Zeit. Bis es eben nicht mehr so ist.
Wir reisen langsam und mit Bedacht. Wir tragen Freibriefe mit uns, unterzeichnet von der Silbernen Frau Anita de Candela de Luci von Bilvao. Sie bezeugen uns freies Geleit. Weil mir das im Gegensatz zu den anderen nicht ausgereicht hat, tragen die Briefe außerdem Siegel und Unterschrift der Zweiten der Goldenen Garde, Heidrun von Borgentreich. Die Silberne Frau steht über ihr,