Von Geistern, Zombies und Unsterblichen. Эдгар Аллан По

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Von Geistern, Zombies und Unsterblichen - Эдгар Аллан По

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am Tore trafen, strahlte übers ganze Gesicht mit einem öligen, hin und her zuckenden Lächeln. Er geleitete sie mit einer Art prahlerischer Unterwürfigkeit bis zu ihrer Loge, bewegte die fetten, juwelenglänzenden Hände eifrig hin und her und sprach in seinen höchsten Tönen. Dorian Gray empfand mehr als je Widerwillen gegen ihn. Er hatte das Gefühl, als sei er gekommen, Miranda zu besuchen, und sei von Kaliban in Empfang genommen worden. Lord Henry anderseits gefiel er beinahe. Wenigstens erklärte er, er gefalle ihm, bestand darauf, ihm die Hand zu schütteln, und versicherte ihn, er sei stolz darauf, einen Mann kennen zu lernen, der ein wahrhaftes Genie entdeckt habe und über einem Dichter bankrott geworden sei. Hallward amüsierte sich damit, die Gestalten auf dem Stehplatz zu betrachten. Es war eine drückende Hitze, und der riesige Sonnenbrenner flammte wie eine ungeheure Dabhe mit Blättern aus gelbem Feuer. Die jungen Leute auf der Galerie hatten ihre Röcke und Westen ausgezogen und über die Brüstung gehängt. Sie riefen einander über den Zuschauerraum weg zu und regalierten die aufgeputzten Mädchen, die neben ihnen saßen, mit Orangen. Ein paar Weiber auf dem Stehplatz lachten. Ihre Stimmen waren schrecklich schrill und misstönend. Vom Schanktische her hörte man Pfropfen knallen.

      »An einem solchen Ort soll einer seine Göttin finden!«, sagte Lord Henry.

      »Ja!«, antwortete Dorian Gray. »Hier habe ich sie gefunden, und sie ist göttlicher als alles Lebendige, das ich kenne. Wenn sie spricht, wirst du alles vergessen. Die gemeinen, rohen Menschen mit ihren plumpen Gesichtern und brutalen Bewegungen werden ganz anders, wenn sie auf der Bühne ist. Sie sitzen stumm da und blicken auf sie. Sie lachen und weinen, wie sie es begehrt. Sie stimmt sie, wie man eine Geige stimmt. Sie vergeistigt sie, und man fühlt, dass sie vom selben Fleisch und Blut sind, wie man selbst.«

      »Vom selben Fleisch und Blut, wie man selbst? Oh, ich hoffe nicht«, rief Lord Henry, der die Insassen der Galerie durch sein Opernglas studierte.

      »Kümmere dich nicht um ihn, Dorian«, sagte der Maler. »Ich verstehe, was du meinst, und ich glaube an das Mädchen. Ein Mensch, den du liebst, muss wunderbar sein, und jedes Mädchen, das die Wirkung ausübt, die du schilderst, muss erlesen und edel sein. Seine Zeitgenossen vergeistigen – das zu tun, lohnt der Mühe. Wenn dieses Mädchen Menschen, die ohne Seele gelebt haben, beseelen kann, wenn sie in Menschen, deren Leben schmutzig und hässlich gewesen ist, den Sinn für Schönheit erwecken kann, wenn sie sie aus ihrer Selbstsucht herausziehen kann und ihnen Trinen um Schmerzen entpressen kann, die nicht ihre eigenen sind, dann verdient sie deine Verehrung, dann verdient sie die Verehrung der Welt. Diese Ehe ist ganz das Rechte. Ich dachte erst nicht so, aber ich sehe es jetzt ein. Die Götter haben Sibyl Vane für dich geschaffen. Ohne sie wärst du nicht vollständig gewesen.«

      »Danke, Basil«, antwortete Dorian Gray und drückte ihm die Hand. »Ich wusste, du würdest mich verstehn. Harry ist so zynisch, er erschreckt mich. – Da haben wir das Orchester. Es ist fürchterlich, aber es dauert nur etwa fünf Minuten. Dann geht der Vorhang auf, und du siehst das Mädchen, dem ich all mein Leben geben will, dem ich alles gegeben habe, was gut in mir ist.«

      Eine Viertelstunde nachher betrat unter einem Sturm des Beifalls Sibyl Vane die Bühne. Ja, sie sah allerdings entzückend aus – eines der schönsten Menschenkinder, dachte Lord Henry, die er je gesehen. Ihre scheue Lieblichkeit und ihre erstaunten Augen konnten einen an ein junges Reh gemahnen. Ein schwaches Erröten, wie das Bild einer Rose in einem silbernen Spiegel, stieg in ihre Wangen, als sie das überfüllte, begeisterte Haus sah. Sie trat ein paar Schritte zurück, und ihre Lippen schienen zu zittern. Basil Hallward sprang auf und klatschte in die Hände. Regungslos, wie ein Mensch, der tief vom Traum umfangen ist, saß Dorian Gray da und sah auf sie. Lord Henry brachte das Glas nicht von den Augen und rief leise: »Reizend! Reizend!«

      Die Szene war der Saal in Capulets Hause, und Romeo war in seinem Pilgergewand mit Mercutio und seinen andern Freunden eingetreten. Die Musik spielte jämmerlich genug ein paar Takte, und dann fing der Tanz an. In der Schar der plumpen, schäbig gekleideten Schauspieler bewegte sich Sibyl Vane wie ein Wesen aus einer schöneren Welt. Ihr Körper neigte sich beim Tanzen wie eine Pflanze im Wasser. Die Linie ihres Halses war wie die einer weißen Lilie. Ihre Hände schienen aus kühlem Elfenbein geschaffen.

      Aber sie machte einen seltsam abwesenden Eindruck. Sie zeigte keinerlei Freude, als ihr Auge auf Romeo ruhte. Die wenigen Worte, die sie zu sprechen hatte:

      Nein, Pilger, lege nichts der Hand zuschulden

      Für ihren sittsam-andachtsvollen Gruß;

      Der Heil’gen Rechte darf Berührung dulden,

      Und Hand in Hand ist frommer Waller Kuss

      – mit dem kurzen Dialog, der folgt, sagte sie in einem völlig gemachten Tone. Die Stimme war wundervoll, aber der Ton war gänzlich verfehlt. Er traf die Farbe nicht. Er nahm dem Vers alles Leben. Er machte die Sprache der Leidenschaft unwahr.

      Dorian Gray erblasste, als er zuhörte. Er war wie vor den Kopf gestoßen und voller Angst. Seine Freunde wagten kein Wort zu ihm zu sagen. Es schien ihr schlechtweg jedes Talent zu fehlen. Sie waren schrecklich enttäuscht.

      Indessen wussten sie, der wahre Prüfstein für jede Julia war die Balkonszene des zweiten Aktes. Darauf warteten sie. Wenn sie die verfehlte, war nichts an ihr.

      Sie sah reizend aus, als sie im Mondlicht heraustrat. Das war nicht zu leugnen. Aber ihr theatralisches Spiel war unerträglich und wurde im Verlauf der Szene immer schlimmer. Ihre Gesten wurden immer gemachter, und es war fast zum Lachen. Sie sprach alles, was sie zu sagen hatte, mit übertriebenem Pathos. Die schöne Stelle

      Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht,

      Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen

      Um das, was du vorhin mich sagen hörtest

      wurde mit der qualvollen Genauigkeit eines Schulmädchens deklamiert, dem ein Sprachlehrer den schönen Vortrag beigebracht hat. Als sie sich über den Balkon bog und zu den wundervollen Versen kam

      Obwohl ich dein mich freue,

      Freu ich mich nicht des Bundes dieser Nacht:

      Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu plötzlich,

      Gleicht allzusehr dem Blitz, der schon vorbei,

      Noch eh man sagen kann: Es blitzt. – Schlaf süß!

      Die Liebesknospe mag der Sommerhauch,

      Bis wir uns wiedersehn, zur Blum’ entfalten

      sprach sie die Worte, als ob sie keinen Sinn für sie hätten.

      Es war nicht Befangenheit. Sie schien durchaus nicht befangen, sondern völlig ruhig. Es war einfach schlechte Kunst, es war ein völliges Fiasko.

      Selbst die gewöhnlichen, ungebildeten Zuhörer auf der Galerie und dem Stehplatz verloren ihr Interesse an dem Stück. Sie wurden unruhig und fingen an, laut zu sprechen und zu pfeifen. Der jüdische Direktor, der im Hintergrund des ersten Ranges stand, stampfte wütend mit dem Fuß auf und fluchte. Einzig und allein unbewegt war das Mädchen selbst.

      Als der zweite Akt vorüber war, wurde heftig gezischt und Lord Henry stand auf und zog seinen Überrock an.

      »Sie ist sehr schön«, sagte er, »aber sie ist keine Schauspielerin. Wir wollen gehen.«

      »Ich will das Stück zu Ende hören«, antwortete der Jüngling mit harter, bitterer Stimme. »Es tut mir furchtbar leid, dass du durch meine Schuld einen Abend vergeudet

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