Von Geistern, Zombies und Unsterblichen. Эдгар Аллан По

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Von Geistern, Zombies und Unsterblichen - Эдгар Аллан По

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nie darum gewusst, wenn du mich nicht geküsst hättest – wenn wir uns nicht geküsst hätten. Küsse mich, Geliebter! Geh nicht von mir! Ich könnte es nicht aushalten. Oh, geh nicht von mir! Mein Bruder … nein, nichts davon. Er sprach nicht im Ernst. Er scherzte … Aber du, oh! Kannst du mir das von heute Abend nicht verzeihen? Ich will so sehr arbeiten und besser zu werden suchen. Sei nicht grausam zu mir, weil ich dich mehr liebe als alles in der Welt. Schließlich, ich habe dir ein einziges Mal nicht gefallen. Aber du hast schon recht, Dorian. Ich hätte mehr von einer Künstlerin in mir haben sollen. Es war närrisch von mir; und doch konnte ich nicht anders. Oh, verlass mich nicht, verlass mich nicht!« Krampfhaftes Schluchzen erstickte ihre Stimme. Sie duckte sich wie ein wundes Tier zu Boden, und Dorian Gray sah mit seinen schönen Augen auf sie herunter, und seine scharf geschnittenen Lippen kräuselten sich in höchster Verachtung. Die Gefühle und Erregungen der Menschen, die man nicht mehr liebt, haben immer etwas Lächerliches an sich. Sibyl Vane schien ihm bis zum Komischen melodramatisch zu sein. Ihre Tränen und Seufzer ermüdeten ihn.

      »Ich gehe«, sagte er schließlich mit seiner hellen, ruhigen Stimme. »Ich möchte nicht unfreundlich sein, aber ich kann dich nicht mehr sehen. Du hast mich enttäuscht.«

      Sie weinte still weiter und gab keine Antwort, sondern kroch näher. Ihre kleinen Hände streckten sich in die Luft und schienen ihn zu suchen. Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer. In wenigen Augenblicken hatte er das Theater hinter sich.

      Wohin er ging, wusste er kaum. Er erinnerte sich, dass er durch schlecht erleuchtete Gassen gegangen, an elenden, in Schwarz getauchten Torwegen und verdächtig aussehenden Häusern vorbeigekommen war. Weiber mit heisern Stimmen und grellem Gelächter hatten ihn angerufen. Betrunkene waren fluchend und mit sich selbst redend wie grässliche Affen an ihm vorbeigetaumelt. Er hatte unglaublich verwahrloste Kinder auf der Schwelle beisammen hocken sehen und hatte aus düstern Höfen Kreischen und Fluchen gehört.

      Als der Morgen graute, befand er sich in der Nähe von Covent Garden. Die Dunkelheit hob sich hinweg, der Himmel färbte sich mit mattem Feuer und wölbte sich zu einer vollendeten Perle. Große Wagen voll nickender Lilien rasselten langsam durch die leere Straße. Die Luft war schwer vom Duft der Blumen, und ihre Schönheit schien seinem Schmerz Linderung zu bringen. Er ging in die Markthalle hinein und sah zu, wie die Männer ihre Wagen ausluden. Ein Fuhrmann in weißem Kittel bot ihm einige Kirschen an. Er dankte ihm, wunderte sich, warum er kein Geld dafür annehmen wollte, und begann sie, ohne recht dabei zu sein, zu essen. Sie waren um Mitternacht gepflückt worden, und die Kühle des Mondes wohnte in ihnen. Burschen, die Körbe mit rotgestreiften Tulpen und gelben und roten Rosen trugen, zogen in langer Reihe an ihm vorbei und wanden sich durch die riesigen, graugrünen Gemüsehaufen durch. In der Vorhalle mit ihren grauen, von der Sonne gebleichten Säulen wartete eine Schar Mädchen, untätig, mit beschmutzten Rocksäumen und ohne Hut, bis die Versteigerung vorüber war. Andere drängten sich um die unaufhörlich auf und zu gehenden Türen des Kaffeehauses an der Piazza. Die schweren Lastpferde strauchelten und stampften auf den holperigen Steinen und schüttelten ihr Geschirr und ihre Glocken. Etliche Fuhrleute lagen schlafend auf einem Haufen Säcke. Mit regenbogenfarbenem Hals und rosigen Füßen liefen die Tauben herum und pickten die Körner auf.

      Nach einer Weile rief er eine Droschke an und fuhr nach Hause. Ein paar Augenblicke zögerte er auf der Schwelle und blickte über den schweigsam daliegenden Platz und auf die Häuser mit den festverschlossenen Fenstern und den grellen Gardinen. Der Himmel war jetzt ein reiner Opal, und die Dächer der Häuser glänzten ihm wie Silber entgegen. Aus einem Schornstein ihm gegenüber ringelte sich dünner Rauch in die Höhe. Er kräuselte sich wie ein violettes Band durch die perlmuttfarbene Luft.

      In der großen, vergoldeten venezianischen Laterne, die aus der Barke eines Dogen stammte und die von der Decke des großen eichengetäfelten Vorraums herabhing, brannten noch drei flackernde Gasflaschen: dünne blaue Flammenblüten schienen sie, von weißem Feuer umsäumt. Er drehte sie aus, warf Hut und Mantel auf den Tisch und ging durch das Bücherzimmer auf die Tür seines Schlafzimmers zu. Das war ein großes, achteckiges Gemach im Erdgeschoss, das er in seinem neuerwachten Gefühl für Üppigkeit vor Kurzem sich selbst eingerichtet und mit einigen alten Renaissanceteppichen behangen hatte, die in einer nicht mehr benutzten Dachkammer in Selby gelagert hatten und jetzt zum Vorschein gekommen waren. Als er nach der Klinke griff, fiel sein Auge auf das Porträt, das Basil Hallward von ihm gemalt hatte. Er trat betreten zurück. Dann ging er in sein Schlafzimmer. Er sah nachdenklich aus, als ob ihm etwas im Kopfe herumginge. Er nahm die Blume aus seinem Knopfloch und schien dann zu zögern. Schließlich ging er zurück, trat vor das Bild und schaute es prüfend an. In dem schwachen, verhaltenen Licht, das durch die hellgelben Seidenvorhänge drang, erschien ihm das Gesicht etwas anders als sonst. Es war ein anderer Ausdruck. Man hätte sagen mögen, um den Mund liege ein Zug von Grausamkeit. Es war seltsam.

      Er drehte sich um, ging zum Fenster und zog den Vorhang hoch. Der helle Tag flutete in das Zimmer und fegte die gespenstischen Schatten in düstere Ecken, wo sie zitternd liegen blieben. Aber der seltsame Ausdruck, den er im Gesicht des Bildes bemerkt hatte, schien dableiben zu wollen, schien sogar noch verstärkt zu sein. Das vibrierende, strahlende Sonnenlicht zeigte ihm die Linien der Grausamkeit um den Mund so deutlich, als ob er, nachdem er etwas Furchtbares getan, in den Spiegel gesehen hätte.

      Er fuhr zusammen; dann nahm er einen ovalen Spiegel vom Tisch, den elfenbeinerne Liebesgötter umrahmten – eins der vielen Geschenke, die Lord Henry ihm gemacht hatte – und blickte eilig in seine glänzenden Tiefen. Keine Linie der Art verzerrte seine roten Lippen. Was bedeutete das?

      Er rieb sich die Augen und trat ganz nahe an das Bild, um es noch einmal genau zu betrachten. Es waren keine Spuren irgendeiner Änderung zu bemerken, wenn er das Technische des Bildes ins Auge fasste, und doch war kein Zweifel daran, dass der ganze Ausdruck anders geworden war. Es war keine bloße Einbildung von ihm. Die Sache war schrecklich deutlich.

      Er warf sich in einen Stuhl und fing an nachzudenken. Plötzlich fielen ihm wie ein Blitz die Worte ein, die er am Tage, wo das Bild fertig geworden war, in Basil Hallwards Atelier gesagt hatte. Ja, er erinnerte sich genau. Er hatte den wahnsinnigen Wunsch geäußert, er selbst möchte jung bleiben und das Bild alt werden; seine eigene Schönheit sollte nie befleckt werden und das Gesicht auf der Leinwand die Last seiner Leidenschaften und seiner Sünden tragen; das gemalte Bild sollte von den Linien des Leidens und des Denkens verrunzelt werden, und er selbst wollte allen zarten Schmelz und alle Anmut seiner Jugend bewahren, deren er sich eben damals bewusst geworden war. Sein Wunsch war doch nicht in Erfüllung gegangen? Solche Dinge waren unmöglich. Es schien ungeheuerlich, auch nur daran zu denken. Und doch, da stand das Bild vor ihm und hatte den Zug der Grausamkeit um den Mund.

      Grausamkeit! War er grausam gewesen? Es war die Schuld des Mädchens, nicht seine. Er hatte von ihr als einer großen Künstlerin geträumt, hatte ihr seine Liebe geschenkt, weil er sie groß geglaubt hatte. Dann hatte sie ihn enttäuscht. Sie war seicht und erbärmlich gewesen. Und doch kam ein Gefühl unendlichen Bedauerns über ihn, wenn er daran dachte, wie sie zu seinen Füßen gelegen und wie ein kleines Kind geschluchzt hatte. Er erinnerte sich, mit welcher Gefühllosigkeit er auf sie geblickt hatte. Warum war er so geschaffen worden? Warum war ihm so eine Seele gegeben worden? Aber er hatte auch gelitten. Während der drei schrecklichen Stunden, die das Stück gedauert hatte, hatte er Jahrhunderte des Schmerzes gelebt, unendliche Zeiten der Qualen. Sein Leben war so viel wert wie ihres. Sie hatte ihn für einen Augenblick vernichtet, wenn er sie für immer verwundet hatte. Überdies waren Frauen besser geeignet, Leiden zu ertragen, als Männer. Sie lebten in ihren Empfindungen, sie dachten nur an ihre Empfindungen. Wenn sie einen Geliebten hatten, so sei es nur, um einen Menschen zu haben, mit dem sie Szenen aufführen könnten. Lord Henry hatte ihm das gesagt, und Lord Henry wusste, was an den Frauen war. Warum sollte er sich wegen Sibyl Vane beunruhigen? Sie war ihm jetzt nichts mehr.

      Aber das Bild? Was sollte er dazu sagen? Es barg das Geheimnis seines Lebens und erzählte seine Geschichte. Es hatte ihn gelehrt, seine eigene Schönheit zu lieben. Sollte es ihn lehren, sich

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