Aldarúun. Valeria Kardos

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Aldarúun - Valeria Kardos

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verschwindet mit wenigen kraftvollen Sprüngen nach draußen.

      Seit den vergangenen Vorkommnissen reagiere ich sensibilisiert auf ungewöhnliche Veränderungen in meinem Umfeld, also schleiche ich durchs Wohnzimmer und spähe nach draußen. Doch es bietet sich mir nur der übliche friedliche Anblick der Felder und Wiesen, die mir so vertraut sind. Sicherheitshalber schließe ich die Tür. Ein Geräusch im Hintergrund lässt mich erschrocken herumfahren. Liliana steht vor mir und ist so blass wie die Wand.

      „Sie sind wieder da!“, flüstert sie mit erstickter Stimme. „Ich habe sie von meinem Fenster aus gesehen. Sie laufen gerade über die Pferdekoppel der Burkhardts, wir haben also nicht viel Zeit.“

      Ich versuche, die aufkeimende Panik zu unterdrücken, und folge meiner Mutter in die Küche. Wir haben uns in den vergangenen Tagen mit allem Möglichen, das nach einer potenziellen Waffe aussieht, aus dem Baumarkt, wo Liliana arbeitet, eingedeckt. Sogar eine Tackerpistole hat sie besorgt, aber am stolzesten ist sie auf ihre Schrotflinte, die sie auf dem Hochschrank in der Küche versteckt hat. Einer ihrer Kollegen ist Mitglied in einem Schützenverein und ein Waffennarr. Und da er ihr schon lange Avancen macht, stellte er nicht viele Fragen, als sie ihn um einen Gefallen bat.

      Sie holt die geladene Flinte vom Schrank und sagt: „Wir müssen jetzt unbedingt einen kühlen Kopf bewahren. Ich habe drei oder vier gezählt, ich bin mir nicht ganz sicher. Du kommst mit der Axt am besten zurecht, richtig?“

      „Ja, denke schon“, flüstere ich zitternd.

      Liliana runzelt die Stirn, als sie mein kreidebleiches Gesicht sieht, und greift energisch mein Kinn. „Wir schaffen das, hörst du?“

      Ich nicke stumm und gebe mir Mühe, dem Beispiel meiner tapferen Mutter zu folgen. Sie fürchtet sich auch, aber ich habe noch nie jemanden erlebt, der seine Emotionen so im Griff hat wie der kleine General.

      „Gut, dann zieh dir festes Schuhwerk an und schnapp dir eine Axt und die Tackerpistole. Versuche ihnen damit zuerst die Augen auszuschießen“, sagt sie energisch.

      Gerade, als ich loslaufen will, hören wir ein lautes Krachen im Wohnzimmer.

      „Verdammt, sind die schnell! Schließ die Küchentür, los!“

      Mit einem Satz bin ich dort und verschließe sie, da kracht bereits etwas Schweres gegen das Holz und ein lautes Knacken ist zu hören. Ein kleines Stück ist herausgebrochen und gibt einen Spalt frei, durch den uns ein gelbes Auge wütend anstarrt.

      „Weg da!“, schreit Liliana. Ich springe zur Seite, da steckt sie auch schon den Lauf durch den Spalt und drückt ab.

      Das anschließende Jaulen ist ohrenbetäubend und ich will mir die Ohren zuhalten, aber Liliana packt mich am Ärmel und zieht mich auf den Gang hinaus. Von dort aus können wir ins Wohnzimmer blicken und sehen, wie die Bestie röchelnd verendet. Aber einige Meter vor der zerschlagenen Verandatür nähern sich bereits weitere gelbe Augenpaare aus der Dunkelheit. Liliana springt zur Wohnzimmertür und verschließt sie.

      „Wir warten, bis die anderen drin sind, dann verschwinden wir durch den Hinterausgang und laufen ums Haus zu meinem Auto“, flüstert sie. „Ich habe seit jener Nacht immer die Wagenschlüssel stecken lassen.“

      Vor der Hintertür bleiben wir kurz stehen, während im Wohnzimmer unter lautem Poltern und Knurren unser restliches Mobiliar in seine Bestandteile zerlegt wird.

      „Bitte lass nichts dort stehen, bitte lass nichts dort stehen“, bete ich leise. Dann drehe ich den Schlüssel um, schlucke kurz und öffne schwungvoll die Tür.

      Nichts! Nur kühle Nachtluft.

      Wie auf Kommando rennen wir los. Im Haus ist ein lautes Kreischen zu hören und wie Holz zersplittert. Sie folgen uns und unser Vorsprung ist mickrig. Als wir den Vorhof erreichen, bleiben wir stehen und Liliana späht um die Ecke. „Da ist keiner, lauf!“

      Wir rennen weiter und haben ihren kleinen Golf mit wenigen Schritten erreicht. Ich reiße die Beifahrertür auf und sitze zwei Sekunden später bereits im Wagen, aber als Liliana gerade nach dem Türgriff greifen will, wird sie von etwas aus der Dunkelheit angesprungen. Sie stürzt und die Flinte entgleitet ihr und landet mit einem lauten Rums auf der Motorhaube. Stöhnend reibt sie sich ihren verletzten Arm, während die graue Bestie sich knurrend umdreht und wieder zum Angriff übergeht. Ich reiße die Beifahrertür auf und springe hinaus. Im Vorbeilaufen schnappe ich mir die Flinte von der Motorhaube und setze an, komme aber nicht zum Schuss, da mittlerweile zwei weitere Bestien um die Ecke hechten und eine Warnung zischen. Die Bestie, die Liliana bedroht, dreht sich um und schlägt mir die Waffe so blitzschnell aus der Hand, dass ich nur eine kurze Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnehme. Eine Sekunde später spüre ich auch schon den Schmerz in meinem Handgelenk und schreie laut auf. Die Flinte hat sich in den weichen Erdboden gebohrt und bleibt dort stecken.

      Eine große Klaue packt mich am Hals und drückt mich zu Boden. Die Bestie blickt mich hasserfüllt an. „Súrrr“, zischt sie wieder dieses Wort voller Abscheu und ich klammere mich an ihrem Arm fest. Die lederne Haut fühlt sich ungewöhnlich an.

      Trotz der Angst ist mein Verstand in diesem Augenblick erstaunlich klar und ich registriere sogar Kleinigkeiten. Ein spitzer Stein bohrt sich in meinen Rücken und durch einen leichten Windstoß wird feiner Staub aufgewirbelt. Zum ersten Mal sehe ich mir diese Abscheulichkeit genauer an und mir fällt auf, dass sie keine Ohren hat, nur kleine Löcher an den Stellen, wo die Ohrmuscheln eigentlich sitzen sollten. Sie hat zwar menschliche Züge, aber sie ähnelt eher einem großen, nackten Gorilla. Und sie spricht wieder. Diese zischenden Laute hallen in meinem Kopf wider. Kündigt sie etwa meinen baldigen Tod an? Warum?

      Mir wird schlagartig bewusst, dass sie nicht einfach blind töten. Es ist eine Hinrichtung und sie wollen diesen Akt genießen.

      Doch plötzlich reißen alle drei ihre hässlichen Köpfe hoch und schnüffeln. In diesem Augenblick ist wieder dieses geheimnisvolle Brüllen zu hören, wie wir es beim Angriff vor ein paar Tagen vernommen haben. Die Bestien weichen fauchend zurück. Mein Angreifer lässt meinen Hals los, das gibt mir Gelegenheit, mich schnell wegzurollen.

      Ab da geht alles sehr schnell.

      Ein riesiger schwarzer Körper springt geschmeidig aus der Dunkelheit und stößt meinen Angreifer gegen die Hollywoodschaukel, die sofort in ihre Einzelteile zerbricht.

      Es ist eine Raubkatze mit glänzendem schwarzem Fell und sie ist riesig. Größer als ein Königstiger. Ihre wallende silberfarbene Mähne schimmert im Mondlicht. Und obwohl sie einen muskulösen Körper hat, wirkt sie schlank und geschmeidig. Sie hebt ihren Kopf und zwei funkelnde, bernsteinfarbene Augen blicken mir unmittelbar entgegen. Trotz der Angst, die mich in diesem Augenblick regelrecht lähmt, bin ich fasziniert von der Schönheit und der Eleganz dieses majestätischen Geschöpfes. Es öffnet sein Maul und lässt eine Reihe messerscharfer Zähne aufblitzen, wobei die Eckzähne wesentlich länger sind als bei normalen Raubkatzen; eher wie bei einem Säbelzahntiger. Außerdem hat es lange Ohren, die nach oben zu kleinen Büscheln zusammenlaufen – wie bei Luchsen.

      Die Bestie rappelt sich auf und attackiert das schöne Geschöpf, doch dieses haut mit seiner riesigen Pranke nach seinem Gegner, der sich wiederum flink wegduckt. Die Bestie fackelt nicht lange und schlägt nun ihrerseits mit ihrer Klaue zu, trifft aber nur die Mähne. Beide Kontrahenten stellen sich auf ihre Hinterläufe und sind in dieser Position weit über zwei Meter hoch. Unser Haus im Hintergrund wirkt winzig, beinahe wie ein Puppenhaus.

      Ich suche Liliana. Sie liegt auf dem Boden und beobachtet angsterfüllt die anderen zwei Bestien,

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