Aldarúun. Valeria Kardos

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Aldarúun - Valeria Kardos

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jetzt ins Lala-Land?

      Seine Frage holt mich wieder zurück.

      „Was wollten sie? Haben sie zu dir gesprochen?“

      Er schaut mir mit einer Intensität in die Augen, dass ich einen trockenen Mund bekomme.

      „Haben sie etwa dich gejagt?“, fragt er stirnrunzelnd, und obwohl seine Stimme ruhig bleibt, ist das Misstrauen klar herauszuhören.

      Hatten sie mich gejagt? Offensichtlich! Mein Verstand versucht immer noch die jüngsten Ereignisse zu sortieren und zu verarbeiten.

      „Wenn ja, wüsste ich nicht, warum“, antworte ich leise.

      „Sie greifen normalerweise keine Erden-Menschen an, das ist ungewöhnlich“, sagt er nachdenklich. „Haben sie etwas zu dir gesagt?“

      „Nur unverständliche Worte“, antworte ich wahrheitsgemäß und spüre, wie meine verletzte Schulter zu pochen beginnt. Langsam werde ich der Schmerzen bewusst. Außerdem sitze ich auf dem eiskalten Boden, und vor Kälte sind meine Gelenke schon ganz steif.

      „Wie lauteten die Worte?“ Seine Stimme ist nicht laut, aber bedrohlich. Da packt er mich an den Schultern und sagt mit Nachdruck: „Versuche, dich an die Worte zu erinnern!“

      „Aaauuu“, schreie ich, als ich den bohrenden Schmerz spüre. Erschrocken lässt er mich los und blickt irritiert auf meine Verletzung. Er stößt geräuschvoll die Luft aus.

      „Ich dachte, es wären nur oberflächliche Verletzungen. Bitte vergib mir meine Ignoranz.“

      Die Wut und Anspannung, die ich die ganze Zeit in seinen Augen gesehen habe, weichen Mitgefühl und Wärme. Er überlegt kurz, dann zieht er plötzlich ein Messer aus seinem Stiefel und zerschneidet meine Strickjacke in breite Streifen. Ich bin versucht zu protestieren, aber im Grunde weiß ich, was er vorhat.

      „Du hast viel Blut verloren“, sagt er in einem milden Tonfall, da packt er den rechten Ärmel meiner Bluse und reißt ihn mit einem Ruck runter.

      „Was –“, setze ich an, aber bevor ich weitersprechen kann, höre ich ein weiteres Ratsch, und der andere Ärmel ist ebenfalls abgerissen. Mit ein paar geschickten Handgriffen legt er mir aus den Stofffetzen einen Notverband an. „Du musst dringend in ein Koraláss!“, murmelt er leise.

      „Ein was?“

      „Ein – wie heißt das in deiner Sprache? Der Ort, wo Menschen Heilung erfahren?“

      „Ein Krankenhaus?“

      „Ja, ein Krankenhaus“, sagt der Fremde und schaut mich entschuldigend an. „Die Wunde muss gereinigt und genäht werden. Meinst du, dass du fahren kannst?“

      Ich nicke benommen. Autofahren – sitzen – ja, das werde ich hinbekommen.

      „Kannst du aufstehen?“, fragt er und zum ersten Mal sehe ich so etwas wie echte Besorgnis in seinen Augen.

      „Ich denke schon“, antworte ich und will meine Beine anwinkeln, aber sie gehorchen mir nicht. Sie sind in den letzten Minuten eingeschlafen.

      „Ich brauche einen Augenblick, meine Beine wollen nicht“, sage ich und versuche, so etwas wie ein entschuldigendes Lächeln hinzubekommen, bringe aber nur eine Grimasse zustande.

      Er fährt sich nachdenklich durch die Haare, dann streckt er seine Arme nach mir aus. „Halte dich an mir fest.“ Ich umklammere mit meinem gesunden Arm seinen Hals, während er seine Hände um meine Taille legt und mich vorsichtig hochzieht. Es fühlt sich an wie tausend kleine Nadelstiche, als das Blut wieder in meinen Beinen zu zirkulieren beginnt, aber aus eigener Kraft stehen funktioniert nicht, da sie sofort wieder wegknicken. Sein Griff um meine Taille wird sofort fester und ich werde gegen seine Brust gepresst. Die Schmerzen, die in diesem Augenblick durch meine Schulter jagen, sind so höllisch, dass ich laut aufschreie. Ich spüre deutlich, wie warmes Blut langsam meine Bluse tränkt. Habe ich wirklich gesagt, ich könne fahren? Welcher Teufel hat mich da nur geritten?

      Verkrampft halte ich mich an diesem seltsamen Mann fest und kämpfe gegen die Tränen, die sich langsam einen Weg in meine Augen bahnen. Aber ich will aus irgendeinem Grund vor ihm nicht ganz so jämmerlich wirken und beiße die Zähne zusammen.

      „Ich nehme an, das dort ist dein Gefährt?“, sagt er plötzlich und deutet auf etwas hinter mir.

      „J-ja, das ist meiner“, stammele ich unbeholfen und blicke zu dem kleinen Auto, das einsam und verlassen auf diesem Parkdeck auf mich wartet. Da verliere ich plötzlich den Boden unter den Füßen. Er hat mich auf die Arme gehoben und trägt mich zu meinem Wagen. Behutsam stellt er mich wieder auf die Beine und schaut besorgt an mir herunter. „Kannst du stehen?“, fragt er stirnrunzelnd, als er langsam meine Taille loslässt. Sehr langsam, falls ich doch wieder umkippen sollte. Aber ich bleibe wacklig stehen.

      „Danke“, flüstere ich und lehne mich an meinen Wagen. Das Pochen in der Schulter wird immer schlimmer.

      „Es wäre vielleicht besser, wir rufen nach einem … Krankenwagen. Du kannst dieses Gefährt in deinem Zustand nicht mehr fahren. Hast du eines dieser mobilen Telefone?“, fragt er und blickt besorgt auf meine Schulter.

      „Ja, habe ich, aber ich will keinen Krankenwagen!“, sage ich entschlossen.

      Er schaut mich fragend an und ich deute mit meinem Kopf auf die toten Körper.

      „Ich habe keine Ahnung, wie ich das erklären soll.“

      „Um die musst du dich nicht sorgen, sie werden gleich verschwinden.“

      „Was meinst du damit, sie verschwinden?“

      „Sie werden wieder zurückgeholt – warte, es geht gleich los, dann wirst du verstehen.“

      Er lehnt sich neben mir gegen den Wagen und wir starren eine Weile auf die Leichen, aber es passiert gar nichts.

      „Also, ich weiß nicht …“, sage ich skeptisch, da flimmert plötzlich die Luft wie an heißen Sommertagen. Ein mattes Leuchten erscheint aus dem Inneren der Körper und beginnt sie komplett zu umhüllen. Ein Rauschen ist zu hören, das in einem leisen Plopp endet – wie ein Vakuum, das wieder mit Luft gefüllt wird. Dann tritt Stille ein.

      Völlig perplex starre ich auf die Stelle, wo die Leiber gerade noch gelegen haben, aber da ist nichts mehr – nicht mal mehr ein Blutfleck ist zu sehen.

      „Das ist ja unheimlich! Wo sind sie hin?“, frage ich ungläubig.

      „Sie sind zurückgeholt worden“, antwortet der Fremde.

      „Wohin zurückgeholt? Wo sind sie denn überhaupt hergekommen? Und wer bist du?“

      Er dreht sich zu mir und schaut mich mit einem sonderbaren Blick an. „Du solltest über all das hier mit niemandem sprechen. Was deine Wunde angeht … sag, du bist von einem Hund angefallen worden.“

      „Von einem Hund? Ich sehe eher aus …“

      Plötzlich hören wir Stimmen auf einem der oberen Parkdecks und mein Retter blickt sich nervös um. „Es wird Zeit für mich zu gehen. Wo sind die Schlüssel deines Gefährts?“

      Verwirrt

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