Aldarúun. Valeria Kardos

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Aldarúun - Valeria Kardos

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bin fast gestorben vor Sorge“, sagt sie mit ihrem niedlichen Akzent, wobei sie das R immer so herrlich rollt. „Was ist bloß passiert, Liebes? Die Ärzte haben gesagt, ein Hund hätte dich angefallen, aber die Wunden würden eher nach Spuren eines Kampfes mit einem Bären aussehen.“

      „Es ist auch schön, dich zu sehen, Mama“, sage ich grinsend.

      Liliana entspricht dem typischen Klischee einer Ungarin: wild, temperamentvoll und leidenschaftlich. Gute Laune und eine positive Lebenseinstellung scheint sie dauerhaft gepachtet zu haben. Aber jetzt sehe ich zum ersten Mal tiefe Besorgnis in ihren Augen. Stirnrunzelnd betrachtet sie zuerst meine Schulter und dann – sehr eindringlich – mich.

      Oje, wenn der kleine General so guckt, sollte ich auf der Hut sein! Ich rutsche etwas tiefer unter die Decke. Was soll ich ihr erzählen? Die Wahrheit? Die würde sie mir eh nicht glauben. Niemand würde mir glauben. Soll ich sie anlügen? Sie ist meine Mutter, sie erkennt sofort, wenn ich lüge.

      „Junge Dame“, sagt sie mit hochgezogener Augenbraue, „ich erwarte, dass du mir alles erzählst, und zwar wirklich alles! Die Wahrheit, nicht dieses Märchen, das du den Ärzten aufgetischt hast.“

      Kann diese Frau Gedanken lesen?

      „Mama, ich weiß selbst nicht genau, was ich da eigentlich erlebt habe.“

      „Wie meinst du das, Angyalom?“

      „Die Erinnerung ist zwar da, aber es kommt mir so unwirklich vor – wie ein böser Traum.“

      Dass ich meiner Mutter nichts vormachen kann, ist mir bewusst, aber wie soll ich ihr eine so abstruse Geschichte erklären?

      Ihr Gesichtsausdruck wird ernst und eine kleine Falte bildet sich auf ihrer sonst so makellosen Stirn. „Versuch es doch einfach. Erzähl deiner Mamicska, was passiert ist – und nichts auslassen, verstanden?“ Sie lächelt mir aufmunternd zu und zieht sich einen Stuhl heran.

      Ich beginne vom Abendessen im Restaurant zu berichten. Liliana hört mir geduldig zu und lächelt, als ich Ramonas Namen erwähne. Doch dann komme ich an die Stelle, wo mir eine der Bestien ihre Klaue in meine Schulter rammt. Ihre Augen weiten sich vor Entsetzen und sie murmelt etwas auf Ungarisch. Ich beende meine Geschichte und es tritt eine merkwürdige Stille ein. Sie mustert mich mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck. Überlegt sie, ob sie mich einweisen lassen soll? Oder folgt gleich ein Vortrag darüber, dass Kinder ihre Eltern nicht anflunkern dürfen?

      „Mama, ich weiß, es klingt verrückt, aber genau so ist es passiert“, sage ich nachdrücklich.

      Ihr Gesichtsausdruck verändert sich nicht, da beugt sie sich vor und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

      „Mama?“

      „Dann sollten wir Gott danken, dass du noch am Leben bist, Angyalom.“

      Ihre Stimme ist seltsam belegt und eine kleine Träne bahnt sich ihren Weg über ihr hübsches Gesicht, die sie sich verstohlen wegwischt. Sie weint sonst nie.

      „Du glaubst mir?“, frage ich ungläubig. „Einfach so?“

      „Du bist meine Tochter und ich vertraue dir.“ Ihr Blick ist unergründlich. Kein Anzeichen von Zweifel. „Anja, die Polizei wird heute noch vorbeikommen und wir sollten uns überlegen, was du sagen wirst. Mit der Wahrheit sollten wir vorsichtig sein.“

      „Polizei … die habe ich ganz vergessen“, flüstere ich und atme geräuschvoll aus.

      „Bleib bei der Geschichte mit den Hunden, alles andere wäre zu … fantastisch.“

      „Du weißt, ich kann nicht gut lügen. Die werden mir kein Wort glauben, Mama.“

      „Das könnte passieren, aber was sollen sie machen? Du bist das Opfer! Selbst wenn sie deine Geschichte anzweifeln, müssen sie deine Aussage so hinnehmen.“

      „Du hast wohl recht“, antworte ich leise.

      „Natürlich, mein Schatz, Mamas haben immer recht!“ Sie streicht liebevoll über meine Wange. „Ich fahre jetzt kurz nach Hause, bin aber heute Nachmittag wieder da. Ich werde ein paar Zeitungen mitbringen und dann schauen wir mal, ob über den Angriff oder über sonstige seltsame Vorkommnisse etwas berichtet wurde.“

      Nachdem sie gegangen ist, komme ich ins Grübeln. Irgendetwas sehr Seltsames geht hier vor. Liliana ist eine bodenständige Frau, die nicht viel von Fantastereien hält. Es wundert mich daher, wie schnell sie mir glaubte. Sie hat meine Geschichte noch nicht mal für eine Sekunde angezweifelt oder hinterfragt, beinahe so, als ob sie etwas Derartiges schon erwartet hätte.

      Es wird immer merkwürdiger.

      Es ist Nachmittag und Liliana hat die Zeitungen mitgebracht. Der Überfall wird nicht mit einer Silbe erwähnt, auch sonst steht nichts Außergewöhnliches drin. Keine Berichte über seltsame Sichtungen, noch nicht einmal in der Boulevardpresse. Es ist unheimlich, als hätte es diese Bestien nie gegeben und dieser Vorfall niemals stattgefunden. Nur der stechende Schmerz in meiner Schulter ist Beweis dafür, dass ich es mir nicht eingebildet habe.

      Kurz nach ihrem Eintreffen erscheinen auch zwei Polizisten. Sie sind sehr höflich und rücksichtsvoll, aber man sieht ihnen an, dass sie meinen stotternden Ausführungen keinen Glauben schenken. Hilfesuchend schiele ich zu Liliana, die im Hintergrund steht, aber auch sie zieht nur ratlos die Schultern hoch. Als die beiden Beamten endlich weg sind, fühle ich mich noch elender.

      5

      Dienstag.

      Ramona besucht mich. Sie hat einen Blumenstrauß und einen überdimensionalen Teddybären auf dem Arm.

      „Süße, was um alles in der Welt ist nur passiert?“, fragt sie mit kreisrunden Augen und setzt sich neben mein Bett. „Liliana erwähnte etwas von einem Hundeangriff? Mir ist vor Schreck fast der Telefonhörer aus der Hand gefallen.“

      „Ja, möchte man nicht glauben, gell? Und das mitten in der Innenstadt“, antworte ich und betrachte belustigt ihren entsetzten Gesichtsausdruck.

      „Das ist wirklich passiert, nachdem wir uns verabschiedet hatten?“, fragt sie und umklammert den Stoffbären.

      „Ja, nur zwanzig Minuten später.“

      „Himmel, du musst mir alles erzählen, jede Einzelheit! … Isst du das noch?“, fragt sie unvermittelt und deutet auf den Pudding, der von meinem Mittagessen übrig ist. Grinsend schiebe ich ihr den Becher zu.

      „Wenn ich nervös bin, muss ich was Süßes essen“, murmelt sie entschuldigend.

      „Schon klar“, erwidere ich, so ernst es mir in diesem Augenblick möglich ist, und betrachte meine beste Freundin etwas genauer. Sie trägt einen kurzen lila Minirock und einen knatschgelben bauchnabelfreien Rolli. Ihre schlanken Beine stecken in hohen Overknee-Stiefeln mit Absätzen, in denen ich gewiss nicht laufen könnte. Meine sonst so stilsichere Freundin hat sich wohl etwas im Schrank vergriffen.

      „Hast du deine Pläne geändert? Willst du dein Glück neuerdings an der Stange versuchen?“, frage ich und werfe schmunzelnd einen Blick auf ihr neuestes Outfit.

      „Noch so’n Spruch – Kieferbruch!“,

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