Aldarúun. Valeria Kardos
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„Kann ich dich wirklich so fahren lassen?“, fragt er mit gerunzelter Stirn, als er mir die Schlüssel hinhält.
„Ja, ich schaffe das“, antworte ich und bekomme sogar irgendwie ein krampfhaftes Lächeln zustande.
Er bedenkt mich mit einem seltsamen langen Blick, bevor er mir zunickt und leise weiterspricht: „Ich würde dich gerne selbst in ein Koraláss bringen, aber aus … nun ja, gewissen Gründen ist es besser, wenn ich mit den hiesigen Behörden nicht in Kontakt komme.“
Ich nicke nur stumm.
„Gut! Bitte fahr vorsichtig“, sagt er mit einem so fürsorglichen Lächeln, dass ich erröte. Mit einem leisen Seufzer dreht er sich um und läuft zu seiner Harley. Er schwingt sein Bein darüber und dreht sich noch mal zu mir um. Sein Blick ist eindringlich und auch in seinen Augen stehen Fragen, aber dann gibt er nur noch wortlos Gas und verschwindet innerhalb von Sekunden aus meinem Blickfeld.
Ich blicke auf die Stelle, an der er gerade noch gestanden hat, dann schließe ich meine Augen und lehne mich in meinem Auto zurück.
Alles beginnt sich zu drehen.
Die Fahrertür meines Fiats steht noch offen – ich lehne mich raus und übergebe mich.
4
Die Sonne blendet, als ich meine bleischweren Augenlider öffne. Mein Schädel brummt wie nach einer durchzechten Nacht. Ich reibe mir die schmerzenden Schläfen und versuche mich zu orientieren. Es ist ein heller Raum, mit weißen Gardinen und einem Monet-Druck an der Wand. Ich erkenne einen Infusionsschlauch, der irgendwo in meinem Handgelenk endet. Ich will mich aufrichten, aber ein stechender Schmerz schießt durch meine Schulter und ich sacke zurück ins Kissen. Mein Hals ist trocken und ich habe einen bitteren Geschmack im Mund. Vorsichtig drehe ich meinen Kopf und blicke mich in meinem Krankenzimmer um. Links von mir steht ein leeres Bett, rechts, auf einem Nachttisch, eine Flasche Wasser und frische Blumen. Unter nicht unerheblichen Schmerzen gieße ich mir ein Glas ein und betrachte stirnrunzelnd die Blumen. Wie lange ich wohl schon hier bin?
Meine Gedanken beginnen zu kreisen und die Erinnerung kommt stückweise zurück.
Ich erinnere mich an das ältere Pärchen, das mich im Wagen fand und den Notdienst alarmierte. Keine zwanzig Minuten später lag ich bereits auf einem dieser fahrbaren Betten und wurde in einen OP geschoben. Ich faselte noch etwas von einem Hundeangriff, da verpasste mir bereits jemand eine Spritze und ich fiel augenblicklich in einen ruhigen und schmerzlosen Schlaf.
Irgendwie versuche ich das Erlebte zu begreifen und lasse alles noch mal Revue passieren. Es begann mit einem harmlosen Essen und endete in einem Albtraum! Grauenvolle Bestien mit gelben Augen haben mich angegriffen – aber solche Tiere gibt es nicht! Im Amazonasgebiet vermutet man noch unentdeckte Tierarten, ebenso in den Tiefen der Ozeane, aber ich lebe in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Wo sind sie so plötzlich hergekommen? Irgendjemandem hätte ihr Auftauchen doch auffallen müssen?
Außerdem löst sich nichts einfach in einem Licht auf. Das widerspricht allen gängigen physikalischen Gesetzen!
Und wer war mein seltsamer Retter? Auf den ersten Blick wirkte er menschlich, aber auf den zweiten Blick konnte er auch sonst was sein. Ich schließe die Augen, um mir sein Gesicht nochmals ins Gedächtnis zu rufen. In meinem Leben habe ich schon einige schöne Männer gesehen, aber ich bin noch nie jemandem begegnet, der eine fast überirdische Ausstrahlung hat.
In meinem Kopf sprudeln die Fragen fast über, und keine Antworten zu erhalten, ist sehr frustrierend.
Die Tür geht auf und eine rundliche Schwester, um die fünfzig, kommt herein. Überrascht schaut sie mich über ihren Brillenrand hinweg an. „Guten Morgen, Frau Horvath“, sagt sie freundlich und tritt an mein Bett.
„Guten Morgen“, antworte ich heiser und will mich aufsetzen. Vorsichtig, aber bestimmt drückt sie mich wieder ins Kissen zurück. „Sie haben schwere Verletzungen erlitten, also bleiben Sie bitte liegen. Dr. Wacek, Ihr behandelnder Arzt, wird im Laufe des Vormittags noch nach Ihnen sehen. Ich bin übrigens Schwester Claudia“, sagt sie lächelnd und schiebt meinen Ärmel hoch, um meinen Blutdruck zu messen.
„Wie lange liege ich hier schon, Schwester Claudia?“
Sie schiebt mir den Ärmel wieder herunter. „Heute ist Montag, also seit drei Tagen. Sie haben ziemlich starke Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht bekommen, somit werden Sie in den nächsten Tagen auch noch viel schlafen.“
„Verstehe“, murmele ich. „Von wem sind die Blumen?“
„Von Ihrer Mutter.“
„Meiner Mutter? Wie hat sie davon erfahren?“
„Wir haben Ihren Ausweis in Ihrer Handtasche gefunden und die Polizei informiert. Die wiederum hat sie dann benachrichtigt.“
Polizei? Verdammt! Das ist nicht gut. Keine Ahnung, was ich denen erzählen soll!
Am liebsten würde ich mir die Decke über den Kopf ziehen.
Schwester Claudia wechselt die Infusionsflasche aus. „Das ist Kochsalzlösung“, erklärt sie mir, als sie meinen fragenden Blick sieht. „Sie haben viel Blut verloren. Durch einen so hohen Flüssigkeitsverlust kann der Kreislauf versagen. Wir wollten Ihnen Blutkonserven verabreichen, konnten aber die Gruppe nicht bestimmen?!“ Sie schaut mich fragend an. „Sie haben sehr ungewöhnliches Blut, junge Dame!“
„Ach ja?“ Ich zucke nur mit den Achseln.
Stirnrunzelnd beendet sie ihre Arbeit. „Die Beamten werden noch einmal im Laufe des Tages vorbeikommen, um Sie zu diesem Hundeangriff zu befragen“, sagt sie. „Ruhen Sie sich schön aus. Wenn Sie etwas benötigen, klingeln Sie einfach. Der Knopf befindet sich links neben Ihrem Bett.“ Sie nickt mir zu und verlässt geschäftig mein Zimmer.
Nun, da ich wieder alleine bin, muss ich an Liliana, meine Mutter, denken. Als ich geboren wurde, war sie selbst noch fast ein Kind; so kommt es, dass ich eine junge Mutter von gerade mal siebenunddreißig Jahren habe. Von meinem Vater weiß ich bis auf seinen Namen – Hakon – nichts. Er war noch vor meiner Geburt gestorben.
Das energische Klackern von spitzen Absätzen ist auf dem Gang zu hören.
Der kleine General ist unterwegs, denke ich grinsend.
Diesen Titel hat sie Ramona zu verdanken, die es immer sehr amüsant findet, wenn meine Mutter mich in einem manchmal höchst militärischen Tonfall durch die Gegend scheucht.
Die Tür wird schwungvoll geöffnet und ein apartes, schlankes Persönchen mit kurzen blonden Haaren stürmt herein. Sie trägt ein schickes Twin-Set aus altrosafarbener Seide mit dazu passenden hochhackigen Pumps. Sie sieht einfach hinreißend aus. Im Gegensatz zu mir legt Liliana stets großen Wert auf schicke Garderobe. Von uns beiden ist eindeutig sie das Modepüppchen.
Den Pappbecher in der Hand, bleibt sie für einen Augenblick wie angewurzelt im Türrahmen stehen, stöckelt dann aber mit kleinen Trippelschritten zu meinem Bett rüber.
„Angyalom“,