Aldarúun. Valeria Kardos

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Aldarúun - Valeria Kardos

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      Sie stupst mich an und löffelt meinen Pudding weiter.

      „Nun erzähl schon, was ist am Freitag passiert? Und lass ja nichts aus!“

      Die Wahrheit kann ich wohl kaum erzählen, also erfinde ich eine etwas harmlosere, glaubwürdigere Version von einem aggressiven streunenden Hund. Aber selbst die ist für Ramona schon schlimm genug. Sie hört irgendwann sogar auf zu essen.

      „Oh mein Gott, ich glaube, ich wäre vor lauter Angst gestorben“, flüstert sie kreidebleich und schaut mich wie ein gebanntes Kaninchen an. Würde jetzt jemand hinter ihr die Tür zuschlagen, dann würde sie wohl ohnmächtig vom Stuhl fallen.

      „Heilige Scheiße, wie bist du da nur heil … ähm … halbwegs heil wieder rausgekommen?“ Voller Ehrfurcht schielt sie auf meinen dicken Verband.

      „Ein Mann auf einer Harley hat mich unter Einsatz seines Lebens gerettet.“

      Peng – oje!

      Ich sehe das Funkeln in Ramonas Augen. „Wie sah er aus? Hast du seinen Namen? War er groß? Größer als Kevin?“, beginnt sie mich zu löchern.

      Ich verdrehe die Augen, aber das übersieht sie geflissentlich.

      „Moni, ich war schwer verletzt! Ich hatte in diesem Augenblick wirklich andere Sorgen."

      „Dann beschreibe ihn mir doch wenigstens … bitttteee!“

      Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus, also erzähle ich weiter, verschweige aber die spitzen Ohren und die Zähne an seinem Gürtel. Sie starrt mich mit kreisrunden Augen an und ihre Sommersprossen beginnen regelrecht zu glühen. Das ist ein Ende genau nach Ramonas Geschmack!

      „Und wie heißt er?“

      Ich hebe entschuldigend meine Schultern.

      „Du weißt nicht, wie er heißt? Aber du hast ihm doch deine Telefonnummer gegeben? Ich meine, es könnte ja sein, dass er sich nach dir erkundigen will“, sagt sie und versucht es beiläufig klingen zu lassen. „Hat er dir seine Nummer gegeben?“

      „Nein, hat er nicht und meine hat er auch nicht.“

      „Aahh!“ Sie hebt ihre Hände theatralisch in die Höhe und schaut mich fassungslos an. „Jetzt pass gut auf und lies es mir von den Lippen ab: Wenn ein junger Gott dir das Leben rettet, dann fragst du gefälligst nach seiner Telefonnummer!“

      „Ich habe nie behauptet, dass er wie ein junger Gott aussieht.“

      „Ach, halt die Klappe!“, zischt sie. „Hast du denn gar nichts von mir gelernt?“

      „Hm“, überlege ich laut, „meinst du vielleicht die Lektion, wie ich mich schneller abschleppen lasse? Oder wie ich einen Knutschfleck – den ich übrigens noch nie hatte – am besten abdecke?“

      Ramona stemmt wütend ihre zierlichen Hände in die Taille, als ich sie frech angrinse. „Nun mach mal ’n Punkt!“, fährt sie mich an. „Ich habe dir auch schon sehr viele wertvolle Ratschläge gegeben. Und, Schätzelein, du musst ja wohl zugeben, dass deine Erfahrung in punkto Männer bisher noch sehr unterentwickelt ist.“

      Wo sie recht hat, hat sie recht. Allein die Tatsache, dass ich noch nie einen Knutschfleck hatte, spricht für sich.

      „Ich gelobe Besserung, Meister Yoda“, säusele ich mit Unschuldsmiene. Das verfehlt nie seine Wirkung. Es zuckt bereits um ihre Mundwinkel.

      6

      Zwei Wochen später.

      Meine Entlassungspapiere habe ich unterschrieben. Zwar war Dr. Wacek, mein behandelnder Arzt, gar nicht begeistert und versuchte mehrere Male, mir ins Gewissen zu reden. Doch er musste zugeben, dass er noch nie in seiner langjährigen Berufspraxis einen so schnellen Heilungsprozess erlebt hat. Normalerweise müsste ich noch mindestens einen Monat im Krankenhaus bleiben und anschließend zur Reha, aber meine Schulter ist auf dem besten Weg der Genesung.

      Mein Taxi wartet bereits unten.

      Liliana und ich wohnen nicht unmittelbar in Köln, sondern etwas ländlicher, wo das Bergische Land beginnt. Unser kleines Haus liegt am Rand eines Walds und ist nur über einen ungesicherten Feldweg zu erreichen. Wir wohnen so versteckt, dass Besucher, die das erste Mal zu uns kommen, sich häufig hoffnungslos verfahren. Unser kleines Domizil war ursprünglich ein altes Bauernhaus aus dem neunzehnten Jahrhundert, das dann in den Sechzigern aufgestockt und in den Achtzigern von Grund auf saniert wurde. Nur am alten Gewölbekeller kann man noch sein ursprüngliches Alter erkennen.

      Als das Taxi in den Feldweg einbiegt, macht mein Herz einen Sprung. Endlich wieder zu Hause! Liliana sieht mich bereits aus dem Küchenfenster und läuft mir strahlend entgegen. „Angyalom, da bist du ja endlich!“ Sie umarmt mich vorsichtig, um meine Schulter zu schonen. Dann schiebt sie mich etwas von sich weg und betrachtet mich genauer.

      „Du bist dir sicher mit der frühzeitigen Entlassung?“, fragt sie stirnrunzelnd.

      „Absolut sicher! Ich hätte es da keine Minute länger ausgehalten.“

      Lächelnd nimmt sie mir die kleine Reisetasche ab und verschwindet im Haus, während ich das Taxi bezahle.

      Aber ich will noch nicht rein. Zwei Wochen Krankenhaus reichen! Ich schließe meine Augen und sauge tief die klare Waldluft ein. Home, sweet home, denke ich lächelnd.

      Es ist kühl und der Himmel wolkenverhangen. Fröstelnd reibe ich mir die Oberarme und fahre dabei auch vorsichtig über meine Schulter. Es tut nur noch wenig weh, hauptsächlich wenn ich eine ruckartige Bewegung mache. Irgendwo muhen ein paar Kühe. Langsam drehe ich meinen Kopf und betrachte glücklich die Umgebung, die mir so vertraut ist. Die große Wiese von Bauer Rossner, die Felder, die sich in sanften Hügeln über mehrere Kilometer erstrecken. In der Ferne ist die Pferdekoppel von Familie Burkhardt zu erkennen, wo die kleine Natalie oft auf ihrem Pony reitet. Ich blicke zum Wald rüber. Die Laubbäume bekommen langsam wieder ein grünes Kleid.

      Ich beschließe, am nächsten Tag einen ausgedehnten Spaziergang durch den Wald zu machen, da ich aufgrund meiner Verletzung noch nicht joggen darf. Gerade als ich mich umdrehen und Liliana folgen will, sehe ich im dunklen Unterholz etwas, das dort eindeutig nicht hingehört.

      Gelbe Augen!

      Ein spitzer Schrei entfährt mir, ich stolpere rückwärts und falle fast über einen Blumenkübel. Benommen schaue ich wieder zum Wald hinüber, aber dort ist nichts – oder nicht mehr. Nur Bäume, Büsche und Dunkelheit, dort wo der Wald fast zugewachsen ist. Jedes Härchen auf meinem Oberarm hat sich aufgerichtet und ich vergesse fast zu atmen. Etwas berührt meine Hand und ich schreie wieder auf.

      „Meine Güte, ich bin es doch nur“, sagt Liliana kopfschüttelnd.

      „Mama, schau dorthin, siehst du was?“

      Verwundert blickt sie in die Richtung, in die ich deute. „Bäume, Blätter und … oooohhhh.“

      „Was!“, rufe ich fast hysterisch.

      „Ein Eichhörnchen!“ Sie schnalzt mit der Zunge. „Also das ist in der Tat ungewöhnlich.“ Mit einem breiten Grinsen dreht sie sich wieder zu mir.

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