DiGA VADEMECUM. Jörg F. Debatin

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DiGA VADEMECUM - Jörg F. Debatin

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gehört durch ihre Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse zu den Pionieren der digitalen Therapie. Die Softwarelösung – wenn auch kein Medizinprodukt – ermöglicht Sprachtherapie vom heimischen PC aus (Institut der Kasseler Stottertherapie 2018). 2015 ermöglichte die Techniker Krankenkasse ihren Versicherten die Nutzung eines digitalen Medizinprodukts, der Tinnitus-Therapie-App Tinnitracks. 2016 folgte die Barmer Krankenversicherung mit den Apps von Mimi Hearing Technologies zur Hörprävention und -Testung (Barmer 2018). Dies sind nur einzelne Beispiele. Seitdem haben viele Krankenkassen über Selektivverträge oder Präventionsbudgets digitale Medizinprodukte für ihre Versicherten angeboten. Die Verträge mit den Herstellern waren oft exklusiv und zeitlich begrenzt. Dennoch hat kein anderer Akteur seit 2015 so mutig digitale Medizinprodukte ausprobiert und Erfahrungen gesammelt wie die gesetzlichen Krankenkassen.

      Durch den DiGA-Fast-Track verändert sich die Situation für die Krankenkassen. Mit der Fast-Track-Zulassung erhalten DiGA-Hersteller nun direkt Zugang zum gesamten deutschen GKV-Markt. Einzelne Krankenkassen können aber weiterhin über Selektivverträge z. B. Zusatzangebote zu DiGA, wie ein begleitendes Coaching zu einer Mental-Health-DiGA anbieten oder die DiGA in ein komplexeres Versorgungskonzept einbinden, sodass weitere Teile der Patient Journey abgebildet werden. Es eröffnen sich dadurch insgesamt mehr Möglichkeiten für Krankenkassen, die Versorgung ihrer Versicherten durch (digitale) Innovationen zu verbessern. Dazu gehören auch Neuerungen des Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG), die den Krankenkassen bislang nicht vorhandene Möglichkeiten verschaffen:

      1. Krankenkassen können sich gemäß § 68b SGB V nun auch aktiv an der Entwicklung digitaler Innovationen z. B. in Form von digitalen Medizinprodukten oder telemedizinischen Versorgungskonzepten beteiligen. Indem Krankenkassen an der Entwicklung von Angeboten für ihre Versicherten teilnehmen, nehmen Sie eine noch aktivere Rolle im Management der Gesundheit ihrer Versicherten ein.

      2. Krankenkassen können dank des DVG erstmalig ihren Versicherten DiGA auch direkt empfehlen und gemäß § 33a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 genehmigen – soweit der Kasse eine entsprechende ärztliche Diagnose des individuellen Patienten vorliegt. So könnte eine Krankenkasse z. B. all ihren bereits diagnostizierten Mitgliedern mit Rückenschmerzen eine spezifische DiGA oder ein ganzes Portfolio passender DiGA empfehlen. Interessierte Mitglieder müssen dann nicht extra zu ÄrztInnen oder PsychotherapeutInnen gehen, sondern erhalten den Rezept-Code direkt von ihrer Kasse, z. B. über die Krankenkassen-App.

      Krankenkassen werden auch in Zukunft digitale Medizinprodukte nutzen um sich im Markt gegenüber dem Wettbewerb als besonders innovativ und alltagsrelevant zu positionieren. Durch das DVG haben sie zusätzliche Möglichkeiten, stärker mit ihren Mitgliedern zu interagieren und DiGA zu empfehlen und bei entsprechender Diagnose zu genehmigen.

       ÄrztInnen

      Die große Mehrheit der ÄrztInnen hat durch die Corona-Pandemie andere Prioritäten, als sich intensiv mit DiGA auseinander zu setzen. Sie haben zudem eher die zum 01.01.2021 einzuführende ePA auf dem Radar und ggfs. das eRezept. DiGA werden von vielen bisher eher als „Spielerei“ wahrgenommen. ÄrztInnen richten sich stark an Einschätzungen und Vorgaben ihrer wissenschaftlichen Fachgesellschaften aus, wenn es um den Einsatz neuer Diagnose- oder Therapiemöglichkeiten geht (s. Kap. 6.1 Einbindung von Versorgungsexpertise – Fragen Sie einen Arzt oder ...). In den letzten Jahrzehnten ist der Einsatz digitaler Technologien im Praxisalltag insgesamt eher problembehaftet gewesen. Der Alltag ambulanter Leistungserbringer ist gekennzeichnet von häufigen IT-Problemen und -Ausfällen, seien es nicht funktionierende Konnektoren oder Probleme mit dem Praxisverwaltungssystem (PVS). Digitale Technologien konnten in den vergangenen Jahrzehnten selten die hohen Erwartungen der Ärzteschaft erfüllen, zumeist waren die neuen Lösungen nicht interoperabel mit der bestehenden Infrastruktur (und vice versa), erforderten hohen manuellen Pflegeaufwand und waren zudem oftmals nicht an bestehenden Prozessen und Routinen der ÄrztInnen ausgerichtet.

      Es gibt eine technikaffine und sehr aufgeschlossene Minderheit der ÄrztInnen, die auch schon vor dem Fast-Track digitale Medizinprodukte in der ambulanten Behandlung eingesetzt haben. Diese Minderheit dürfte in den nächsten Monaten als Early Adopter für DiGA stark umworben werden. Die große Mehrheit wird folgen, wenn es Best-Practice-Beispiele gibt, Key Opinion Leader auf ärztlichen Fachkongressen von erfolgreichen Einsätzen der DiGA berichten und mehr Evidenz vorliegt. Für eine ausführliche Analyse dieser wichtigen Zielgruppe siehe Kapitel 6.1 Einbindung von Versorgungsexpertise – Fragen Sie einen Arzt oder ...

       PsychotherapeutInnen

      Neben ÄrztInnen sind PsychotherapeutInnen maßgebliche Akteure im Umfeld der DiGA. Sie können ihren PatientInnen DiGA ebenso verordnen. Anbieter von Mental-Health-Lösungen werden sich entsprechend auf diese Gruppe fokussieren. PsychotherapeutInnen haben im Zuge der Pandemie beispielsweise gezeigt, dass sie gegenüber digitalisierter Medizin, insbesondere in Form von Videosprechstunden, durchaus aufgeschlossen sind (hih 2020a). Trotzdem bleibt in der Mehrheit eine Grundskepsis bestehen.

      Neben ÄrztInnen sind PsychotherapeutInnen eine relevante Zielgruppe für DiGA, die grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber digitalen Angeboten ist. Auch hier gilt es, Early Adopter durch den nachgewiesenen Nutzen der DiGA für PatientInnen zu überzeugen.

       Krankenhäuser

      ÄrztInnen in Krankenhäusern können laut DVG nur im Rahmen des Entlassmanagements DiGA verordnen. Die große Mehrheit der deutschen Krankenhäuser ist IT-technisch eher bescheiden aufgestellt, mitunter wird noch überwiegend papierbasiert gearbeitet. Leuchttürme wie die Universitätskliniken in Heidelberg oder Hamburg-Eppendorf sowie einige Kliniken in privater Trägerschaft ausgenommen, steht das Gros der deutschen Krankenhäuser ganz am Anfang der Digitalisierung – sowohl innerhalb der Häuser, als auch im Hinblick auf die Kommunikation mit anderen Sektoren.

      Es wird einige DiGA geben, die zum Zeitpunkt der Entlassung verordnet werden können. Diese werden sich schon in Kürze auf den stationären Markt, dort vor allem auf die Universitätsklinika und Leuchttürme fokussieren. Der große Rest der Krankenhäuser ist mit sehr substanziellen Herausforderungen beschäftigt, und wird sich DiGA wohl erst im Laufe der nächsten Jahre widmen können. Für Details siehe Kapitel 6.3 Krankenhäuser – digitale (Gesundheits-)Tools.

       PatientInnen

      Die hohe Akzeptanz der Corona-Warn-App mit > 12 Mio. Downloads in der ersten Woche (erfolgreicherer Launch als Pokémon Go [statista 2016]) deutet darauf hin, dass der öffentliche Diskurs und die gelebte Realität stark auseinanderdriften. Während in den Medien Sorge um Datenschutz und -sicherheit gegen eine rasche Adaption von DiGA ins Feld geführt wird und älteren Menschen die Usability Skills für DiGA oft abgesprochen wird, sind wir davon überzeugt, dass eine Mehrheit der gesetzlich Krankenversicherten gegenüber DiGA grundsätzlich aufgeschlossen ist. Diese These bestätigen Befragungen (siehe z. B. bitkom 2020). Für viele PatientInnen scheinen dabei zwei Dinge besonders wichtig zu sein: Digitale Angebote müssen

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