Die Kunst Einwanderer zu sein. Andrzej Olkiewicz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Kunst Einwanderer zu sein - Andrzej Olkiewicz страница 3

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Die Kunst Einwanderer zu sein - Andrzej Olkiewicz

Скачать книгу

      Auf www.immigrant.nu sind einige der Bewertungen und Interviews ersichtlich.

       Ja, ich muss mich lostrennen von meiner Vaterstadt, für mich ist das zu eng, leb wohl, du Stadt, ich kehre vielleicht wieder zurück zu dir, aber erst, wenn mich die weite Welt zum zweiten Mal zur Welt gebracht hat.

      Witold Gombrowicz1

       FREMD IN EINEM NEUEN LAND

      Als Fremde in einem neuen Land begegnen wir Menschen, die umgänglich sind und auch solchen, die uns gegenüber häufig negativ oder gleichgültig eingestellt sind. Selbstverständlich werden wir von der Einstellung der Umgebung stark beeinflusst.

      In diesem Buch will ich dennoch vor allem die eigenen Reaktionen der Einwanderer auf die lebenswichtigen Umstellungen beleuchten, die eine Emigration mit sich bringen kann. Ich möchte darauf fokussieren, was wir Einwanderer als Individuen selbst tun können, um so schmerzfrei wie möglich und unter Aufrechterhaltung unseres Selbstbewusstseins und unserer eigenen Identität ein Teil der neuen Gesellschaft werden zu können. Ich versuche auch zu erklären, weshalb wir so reagieren, wie wir es tun und wie wir uns verhalten können, um die unvermeidlichen Frustrationen abzumildern, die die Begegnung und Auseinandersetzung mit dem neuen Land mit sich bringt.

      Je mehr wir über uns selbst wissen, desto besser verstehen wir unsere Reaktionen auf all das Neue und umso mehr Möglichkeiten haben wir, in konstruktiver Weise mit den entstehenden Konfliktsituationen umzugehen. Es gibt Einwanderer, die behaupten, es sei unmöglich sich anzupassen. Nach vielen Jahren in dem neuen Land sind sie der Ansicht, dass sie nirgendwo richtig zuhause sind.

      Ein Flüchtling sagt dazu in einem Zeitungsinterview: Der Exilzustand ist das Vakuum, aus dem man nie mehr herauskommt, man ist zwischen zwei verschiedenen Welten.2

      Ich stimme dem nicht zu. Ich glaube, dass es durchaus einen Weg aus jenem Vakuum gibt und das ist jener Weg, den ich in meinem Buch beschreiben will. Es handelt davon, wie es gelingen kann, die vergangene Wirklichkeit des Einwanderers mit der neuen zu vereinen. Im Zusammentreffen dieser beiden kann die alte Erfahrung neue Horizonte eröffnen, was es uns ermöglicht, zu beiden Ländern zu gehören, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise.

      Das Buch basiert auf meinen eigenen Erfahrungen als Einwanderer sowie auf Erlebtem, das andere mir mitgeteilt haben. Meine Erfahrungen habe ich in verschiedenen Ländern gemacht und mit Menschen aus aller Welt. Ich habe auch Schriftsteller mit Einwanderererfahrungen zitiert und aus Zeitungsartikeln einige Zitate aus Interviews mit Menschen zusammengetragen, die über Ländergrenzen hinweg umgezogen sind.

      Ich hoffe, dass dieses Buch für all jene zur Selbsterkenntnis beiträgt, die ins Ausland gezogen sind, vielleicht Ausländer geheiratet haben oder die Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen unterschiedlicher Nationalität haben. Ebenso für Kinder, die in einem anderen Land aufwachsen, als ihre Eltern. Sicher kann dieses Buch auch für Menschen interessant sein, die planen, sich im Ausland niederzulassen, die diesen Schritt aber noch nicht vollzogen haben.

      Und schließlich bekommen hoffentlich jene Menschen einige Antworten auf ihre Fragen, was sie auf dem spannenden und mühsamen Weg von der Auswanderung zur Einwanderung und Integration alles erwarten kann.

       „Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir‘s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen“. Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und floh nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes …“

      Matthäusevangelium 2, 13-14

       WER SIND WIR?

      Einwanderer – die gibt es überall, es gab sie immer und wird es immer geben. Wir haben unterschiedliche Hintergründe und sind auf unterschiedlichen Wegen in ein neues Land gekommen.

      Manche kommen aus reichen Ländern, andere aus armen oder aus gut situierten Familien, andere aus notleidenden. Manche sind gut ausgebildet, andere sind Analphabeten. Was uns in Bewegung versetzt, kann Krieg sein, Hunger, Naturkatastrophen, eine schlechte Wirtschaftslage, politische oder religiöse Verfolgung, aber ebenso Familienkonflikte, Gewinnstreben, eine innere Unruhe oder Abenteuerlust.

      Auf dem Weg in das neue Land riskieren vielleicht einige von uns, in Containern eingeschlossen zu leiden, auf einem verschneiten Bergpass zu erfrieren, mit verrotteten Booten zu sinken oder beschossen zu werden, wenn sie Flüsse durchschwimmen. Aber wir können auch in einem bequemen Zug – oder einem Flugzeugsessel reisen. Einige von uns passieren die Grenze mit einem ängstlich pochenden Herzen, während andere ruhig und gelassen ihren Pass vorzeigen.

      Wir können begleitet werden von Verständnis oder Misstrauen. Möglicherweise werden wir benutzt als Spielfiguren in einem politischen Spiel. Manche betreten ein neues Land ohne einen Pfennig in der Tasche und ohne zu wissen, was sie erwartet – andere werden willkommen geheißen, bekommen eine Wohnung und guten Lohn. Viele wissen nicht, ob sie jemals ihre Heimat wiedersehen, während andere ihre Lieben bereits zum nächsten größeren Festtag wieder besuchen. Alle hoffen auf eine bessere Zukunft – und doch werden alle zunächst Fremdlinge.

      Die meisten kommen mit leeren Händen. Wir sind geprägt von der Vergangenheit und haben sowohl Gutes als auch Schlechtes mitgenommen. Der Edelmutige hat seinen Edelmut behalten, der Gemeine seine Gemeinheit. Das Gleiche gilt für Ehrlichkeit und Falschheit, Toleranz und Vorurteil. Aufbruch, Reise und Ankunft haben unser Lebensgepäck etwas schwerer gemacht. Manche hoffen, dass sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen können.

      Das Einzige, was uns vereint ist, dass wir fremd sind – im Übrigen sind wir aber völlig unterschiedlich.

      Nun, wer sind wir? Was bewegt uns? Und wie wird es uns ergehen in dem neuen Land? Welche Kräfte werden wir entfalten? Werden wir Erfolg oder Misserfolg haben, werden wir uns in bessere oder schlechtere Menschen verwandeln? Das alles lässt sich nicht voraussagen. Und wie wird das mit unserem persönlichen Herodes werden, wird er irgendwann einmal sterben? Und wenn das geschehen sollte, werden wir dann zurückkehren? Sicher ist, dass wir uns dann längst verändert haben und niemals zurückkehren können zu dem, was einmal war.

       Ein weißes Segel weit vom Strande

       In blauen Meeres Einsamkeit …

       Was sucht es in dem fernen Lande?

       Und warum fliehst die Heimat weit?

      Michail Lermontov3

       MEIN EIGENER ANFANG

      Im Speisesaal der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm fiel meine Aufmerksamkeit auf eine Gruppe französischer Studenten, die stets zusammensaßen und lautstarke Diskussionen führten.

      Einmal ergab es sich, dass ich in der Warteschlange an der Essenausgabe neben ihnen stand. Ich fragte sie, was sie vom Studieren an der KTH hielten. „Das ist schon okay. Schade nur, dass es so hoffnungslos schwer ist, mit den schwedischen Studienkameraden in Kontakt zu kommen“,

Скачать книгу