SchattenSchnee. Nané Lénard

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SchattenSchnee - Nané Lénard

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den Leichnam.

      „Ich geh dann mal los und organisiere eine, entweder aus dem Herminenhof oder dem Palais“, beschloss Detlef. „Irgendwo werde ich schon fündig.“

      Alle anderen warteten gespannt auf die erste Beurteilung der Rechtsmedizinerin.

      Spätfolgen

      Wolf Hetzers Sohn, Oberkommissar Niklas Müller, und seine Kollegin Nadine Michels waren auf der Dienststelle geblieben. Auch wenn Niklas kaum noch etwas von der Organtransplantation spürte, war er doch empfindlich, was die momentane Kälte anging. Niemand hatte nach den letzten milden Wintern schon Ende November mit Schnee und Minusgraden gerechnet. Und er hatte nur noch diese eine Niere, die, wenn man es genau nahm, bis vor Kurzem nicht einmal ihm gehört hatte. Sie war ein Geschenk, das es zu bewahren galt, wenn er noch ein paar Jahre leben wollte.

      Wahrscheinlich wäre Niklas aus reiner Neugier trotzdem mit zum Fundort der Leiche gefahren, aber Nadine hatte ihn nur einmal schräg von der Seite angesehen, um ihn von solchen Gedanken abzubringen. Sie war seine gute Fee. Nachdem er erkannt hatte, dass die Rechtsmedizinerin Anke Seiler keine Frau war, mit der er seine restliche Lebenszeit verbringen wollte, war ihm endlich aufgefallen, dass jemand anders um ihn herum ständig dafür sorgte, dass es ihm gut ging. Tagelang hatte Nadine an seinem Bett gesessen, nachdem man ihn aus der kalten Grube gefischt und mühsam am Leben erhalten hatte. Wenn sie als Spenderin von Niere und Leberteil infrage gekommen wäre, hätte sie sich sofort dazu bereit erklärt, aber sie passte nicht. Zum Glück war Wolf aufgrund seiner engen genetischen Verwandtschaft geeignet gewesen, auch wenn die unvorhersehbaren Folgen ihn schwer gezeichnet hatten. Nadine wusste genau, er hätte es auch in dem Wissen getan, was er würde erleiden müssen. Nichtsdestotrotz: So ein Schlaganfall während der Operation und das anschließende Koma waren nicht leicht zu verkraften.

      Beide freuten sich wie alle hier, dass Wolf überhaupt wieder aufgewacht war. Und das meinten sie nicht nur körperlich. Sein Lebenswille schien ebenso mit neuer Kraft ans Licht zu dringen wie Schneeglöckchen aus dem winterfahlen Boden. Sie hatten direkt schmunzeln müssen, dass ausgerechnet Wolf im Herminenpark auf eine Tote gestoßen war. Es hätte jeden treffen können. Jetzt jedoch würde er sich verantwortlich fühlen, an der Aufklärung mitzuwirken. Und das konnte ihm nur guttun – in jeder Hinsicht!

      Alles sehr merkwürdig!

      Wieder schüttelte die Rechtsmedizinerin Doktor Nadja Serafin den Kopf. So etwas hatte sie in der Tat noch nicht gesehen.

      Die Leiche sah irgendwie komisch aus, und damit meinte sie nicht nur die blutleere Blässe, die dem „Engel“ eine überirdische Ausstrahlung verlieh. Sie wirkte zu wächsern, was den Eindruck des Rauschgoldengels unterstrich, den sie wohl darstellen sollte. Zumindest vermutete Nadja das.

      Es war eine fast schon perfekte Inszenierung dort im Schnee. Jede Falte des Hemdchens, jede Extremität, die Haare – alles war von einem morbiden „Regisseur“ gestaltet worden. Und genau diese Perfektion gruselte Nadja, die sonst hartgesotten war. Hier hatte der Tod etwas Schönes und stand damit in grausamem Widerspruch zu seiner eigentlichen Eigenschaft. Kein Verfallen und Vergehen, keine Autolyse konnte man von der Toten erwarten.

      Die Abwesenheit ihres Geistes und ihrer Seele paarte sich mit der Unvergänglichkeit ihres Körpers. Sie war gleichzeitig da und auch nicht – wie ein dreidimensionales Abbild der Vergangenheit anstatt eines Fotos. Wie lange die zurückliegen mochte, konnte sie nicht sagen. Zu einer möglichen Totenstarre war aufgrund des Frostes rein gar nichts zu sagen. Nadja vermutete aber, dass diese sich nicht erst kürzlich aufgelöst hatte und dass die junge Frau schon viel länger tot, wenn nicht gar tiefgekühlt gewesen war.

      „Sind die Haare echt?“, riss Peter seine Frau aus den Gedanken. „Die wirken irgendwie künstlich.“

      Nadja zuckte mit den Schultern. „Das kann ich erst nach einer Analyse genau sagen. Beneidenswert auf jeden Fall, wenn das Naturhaar ist“, sagte sie und dachte an ihr wirres Gestrüpp auf dem Kopf, von dem Peter immer behauptete, sie müsse eher im Frühling eine Mütze tragen als im Winter, sonst würden die Vögel darin nisten wollen. Sie überlegte. „Komisch auch die Haut, möchte ich sagen. Theoretisch sieht die Frau aus, als sei sie eingefroren gewesen, aber dann wäre die Haut nicht so glatt. Ich kann auch nirgendwo Gefrierbrand entdecken.“

      Jetzt war Hauptkommissar Wolf Hetzer hellhörig geworden. „Zu schön?“, fragte er. „Zu perfekt und so?“

      „Ja, so könnte man es nennen“, gab Nadja zu. „Eigentlich eher wie mumifiziert, aber da ist das äußere Erscheinungsbild trotzdem ein ganz anders. Ehrlich gesagt bin ich etwas ratlos, aber ich finde das richtig klasse, denn so ist es total spannend.“

      „Mir wäre wohler, wenn einfach mal einer dem anderen was über die Omme haut und gut is“, stöhnte Peter. „So eine schöne, klassische Schädelfraktur, wo man gleich weiß, woran man ist.“

      „Und ich fände es besser, wenn überhaupt keiner umgebracht würde“, wandte Wolf aus dem Rollstuhl heraus ein.

      „Du wirst alt“, konterte Peter, „aber wer weiß es besser als du, dass wir nicht auf einem Ponyhof leben. Hättest eben nicht hier so herumrollen sollen.“

      „Du Depp“, schimpfte Wolf, „dann wäre sie doch trotzdem tot.“

      „Schon“, erwiderte Peter, „aber du würdest davon nichts mitgekriegt haben, und deine Welt wäre noch in Ordnung.“ Er biss sich auf die Lippen, nachdem er das gesagt hatte. Nichts in Wolfs Welt war derzeit in Ordnung – bis auf seine Beziehung zu Moni und Niklas.

      Glücklicherweise kam Detlef wieder und rettete die Situation. Über seiner Schulter trug er eine große Trittleiter aus Aluminium.

      „Ja los, schwing dich hoch“, schlug Peter seinem Kollegen vor.

      Detlef schüttelte den Kopf. Er war schwer höhenkrank und konnte nicht mal auf einen Stuhl steigen.

      „Der kleine Zwockel?“, lachte Nadja und handelte sich von Detlef einen strengen Blick ein. „Wohl kaum! Das wirst du schön selbst machen. Du siehst mit deinen zwei Metern viel mehr oder soll ich etwa?“ Sie war nur rund fünf Zentimeter kleiner als er.

      „Untersteh dich“, drohte Peter und nahm die erste Stufe.

      „Kindsköppe“, sagte Detlef kopfschüttelnd zu Wolf, doch der reagierte nicht. Sein Fokus war ganz auf den Fundort ausgerichtet. Er war gespannt, ob jemand wirklich etwas mit Blut in den Schnee geschrieben hatte.

      Seppi konnte bestätigen, dass es sich tatsächlich um Blut handelte. Er hatte bereits von einer Stelle am Rand eine Probe genommen.

      Diffuses Knistern lag in der Luft, und das hatte nichts mit Weihnachtsstimmung oder -vorfreude zu tun. Selbst Wolf, der das nie zugegeben hätte, spürte es: Der Jagdinstinkt des Teams war erwacht.

      Mittlerweile war Peter oben angekommen, lehnte sich auf der Leiter nach vorne wie über eine Balkonbrüstung und kniff die Augen zusammen.

      „Ja, da steht tatsächlich was“, sagte er. „Ist irgendwie Schrift, aber man kann nix damit anfangen.“

      „Also, was denn nun?“, wollte Detlef wissen. „Steht da was geschrieben oder nicht?“

      „Buchstaben schon, nur ohne Sinn. Ich glaube, der Kerl ist nicht fertig geworden“, überlegte Peter laut.

      „Könntest

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