Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr.. Boris Dreyer

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Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr. - Boris Dreyer

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des Volkstribuns (Interzession, Einberufungs- und Antragsrecht vor dem concilium plebis und im Senat) konnte sich der Senat von den obersten Magistraten unabhängig machen beziehungsweise diese disziplinieren. Verweigerte sich etwa der Konsul einer „Empfehlung“ (senatus Consultum) oder übermittelte er diesen nicht an den Volkstribun weiter (damit dieser im concilium plebis tätig wurde), konnte der Volkstribun den Senat zusammenrufen, dessen „Empfehlung“ entgegennehmen und mit dieser ein Plebiszit herbeiführen.

      Senat steht im Zentrum

      Da sich also die Magistrate mit dem Senat arrangieren mussten, wurde dieser zum Zentrum der Macht. Es gab nichts (im Zuständigkeitsbereich der Magistrate), was außerhalb seiner Kompetenz lag. Nach Mommsen (StR III 1034) gehörte dazu: Bestätigung und Vorberatung des Volksbeschlusses, Sakralwesen, Rechtssprechung, Kriegswesen, Finanzen, Außenpolitik, Verwaltung des römischen Gebiets und das Notstandsrecht (senatus Consultum ultimum).

      Weil der Senat Garant einer kontinuierlichen Politik und Versammlungsort der Magistrate war, die mit ihren Handlungen im Ausland vor dem Senat zu berichten hatten, gingen dort Gesandte aus und ein, eingeführt durch einflussreiche Mitglieder des Senates, die sich zu Vertretern der Interessen der Staaten machten. Von dort kamen auch Senatoren als Gesandte und handelten „vor Ort“ mit umfangreichen Kompetenzen, als wenn der gesamte Senat mitgereist wäre.

      Disziplinierung der Mitglieder

      Die Disziplinierung der Mitglieder – mag ihre Kompetenz nach der Auftragserteilung und außerhalb Roms auch mit derjenigen von Königen vergleichbar gewesen sein – gelang insbesondere durch zwei Mittel: Erstens durch die Kompetenz des Senates, die Aufgaben beziehungsweise Aufgabenbereiche (provinciae) für die Imperiumsträger beziehungsweise anderen Beauftragten aus ihrer Mitte zu „empfehlen“, de facto aber zu bestimmen.

      Zweitens gelang eine Disziplinierung durch die Koppelung des cursus honorum, das heißt der Ämterlaufbahn, an die Hierarchiestufen im Senat. Ein Magistrat hatte beim Eintritt in den Senat über die Quaestur mit 30 Jahren dreizehn Jahre Zeit – dann hatte er das (zumindest später gesetzlich normierte) Eingangsalter für das höchste Amt, das Konsulat, erreicht – sich an die Verfahrensweisen und -regeln im Senat zu gewöhnen. Dies musste er, wenn er ehrgeizig war und die nächsten Stufen erreichen wollte.

      Darüber hinaus hatte jeder vom Senat Beauftragte nach der Erfüllung seiner Aufgabe in den Kreis der Standesgenossen im Senat zurückzukehren und sich dann für seine Taten zu rechtfertigen. Weiter konnte der Senat den Magistraten durch den Einzug des Nachschubs und der Kriegsgelder in seiner Bewegungsfreiheit stark hemmen.

      Strebte der zurückgekehrte Senator wieder nach einem Amt oder einer anstehenden provincia, in der man sich bewähren konnte, so musste er sich die Senatsmehrheit oder eine maßgebliche Gruppe im Senat gewogen halten – auch wenn (später) dem Konsul die provincia durch ein Los zugesprochen wurde. Wie das Los ausfiel, scheint nämlich immer häufiger vorbestimmbar gewesen zu sein. Nach 133 ordnete man daher auf der Basis der lex Sempronia die provinciae den Konsulstellen vor der Konsulwahl zu.

      Leistungsaristokratie

      virtus/dignitas/auctoritas

      Neben der adligen Geburt (nobili genere natus), die noch vor dem Ende der Ständekämpfe bei den Patriziern als Kriterium der Zugehörigkeit allein maßgeblich war, wurde für den „neuen Adel“ die Bewährung, die virtus/Tatkraft, demnach das Leistungsprinzip entscheidend, um zu Ämtern und der damit verbunden Achtung zu kommen (gravitas, auctoritas), die auch die soziale Bedeutung hob, da sie die Zahl der Klienten (siehe unten) vermehrte.

      Legitimationsdruck

      Die Begriffe sind erkennbar untereinander (Hölkeskamp 2004, S. 54) in einem Werte- und Orientierungssystem vernetzt. Legitimationsinstanz, die dem erfolgreichen Adligen seine durch die Begriffe bezeichneten Tugenden zertifizierte, waren die Volksversammlungen. Damit war die Unmittelbarkeit des Kontaktes zwischen dem Adligen, der in immer härterer Konkurrenz zu seinen Standesgenossen stand, zum Volk auf den verschiedensten Ebenen gefordert. In kriegerischen Leistungen für den Staat, politischem Schutz für die Klienten, Statuen, die die eigene Person in ihrer Wirkung für den Staat in einer langen Familientradition zeigten, aber auch in wohltätigen Spielen, Stiftungen von Gebäuden und vieles mehr mussten die Adligen fortwährend ihr „symbolisches Kapital“, das ihre nur zum Teil vererbbaren Privilegien untermauerte, legitimieren. Die Wahl durch das Volk garantierte die „prekäre“ Zugehörigkeit eines nobilis zur Standesorganisation. Diese Legitimation musste immer wieder erneuert werden (Hölkeskamp 2004, S. 61; 72–78; 97).

      Präponderanz des Senats

      So erklärt sich die Präponderanz des Senats – im Vergleich zu den anderen Institutionen – und die Bedeutung des senatus consultum, das mit der konzentrierten Autorität aller bewährten Mitglieder des Senats, das heißt ex auctoritate senatus, erging.

      g) Das soziale Gefüge

      Der zweite Aspekt, der die „Verfassung“ neben dem rein institutionellen Gefüge entscheidend bestimmte, war der gesellschaftliche und soziale Faktor, der den Mitgliedern des Adels im Senat eine zentrale Stellung zuwies beziehungsweise diese abstützte.

      Neue politische Elite

      Mit der Einigung am Ende des Zeitalters der Ständekämpfe war eine neue politische Elite im Zeitraum von etwa zwei Generationen (das heißt zwischen 366 und 300 v. Chr.) entstanden, indem bedeutende plebejische Familien in den Senatsadel vorstießen und gemeinsam mit den Patriziern die Nobilität bildeten (F. Goldmann 2002, S. 47).

      Bewährung

      Die prinzipielle Offenheit des Senats für tatkräftige junge Adlige war immer gegeben. Tatsächlich sind in der Phase nach 367 und bis 307 v. Chr. 20 plebejische Familien bis zum Konsulat gelangt. Damit hatte das Patriziat klug ein Ventil für den Druck aus den Ständekämpfen geöffnet. Die neue adlige Gruppe konnte sich – nach großen Anlaufschwierigkeiten – langfristig in der Phase 264 bis 167 v. Chr. auf dem Weg zur Erringung der „Weltherrschaft“ bewähren und war im Ansehen der Bevölkerung spätestens im zweiten Jahrhundert v. Chr. unangefochten (vgl. H. Beck 2005; B. Dreyer 2006).

      Abschottung

      Gerade aber der Erfolg hatte zur Konsequenz, dass sich die Nobilität ab 200 v. Chr. zunehmend nach unten hin abschottete und einmal errungene Privilegien zu perpetuieren trachtete. Diese Entwicklung ging einher mit der Einengung des Nobilitätsverständnisses, soweit sich das aus den kontextabhängigen Quellen der Kaiserzeit und des ersten (nur selten auch des zweiten) vorchristlichen Jahrhunderts ablesen lässt. Wurde das 3. Jahrhundert hindurch unter der keineswegs in der Stellung gesicherten und homogenen Nobilität der Amtsadel als ein Statuskriterium verstanden, waren nach dem Hannibalkrieg die nobiles eine fest umrissene Gruppe von Mitgliedern des Senates, deren Familienmitglieder es zum Konsulat gebracht hatten. Dieses Kriterium war erst mit der formalen, das heißt gesetzmäßigen Festsetzung des cursus honorum (siehe detailliert unten) von Relevanz. Denn noch vor 200 v. Chr. war die hierarchische Abfolge von Aedilität, Prätur und Konsulat nicht notwendig.

      Entwicklung des Nobilitätsbegriffs

      Schon vor der Verengung des Nobilitätsbegriffes im zweiten vorchristlichen Jahrhundert allerdings ist gewohnheitsrechtlich der Nobilitätsbegriff zu einem Gruppenbegriff geronnen, da das ius imaginis prodendae, das Recht, seine imago (Ahnenbild) der Nachwelt zu überliefern, auch nach der Verengung des Nobilitätsbegriffes und nach der Tendenz zur Abschottung gegen den Zugang neuer Elemente immer noch allen curulischen Ämtern

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